Details

Mit:
Datum: 29. Mai 2006
Location: Live Music Hall
Lichtstraße 30
50825 Köln
Website: Offizielle Homepage des Veranstaltungsorts
Alle Termine ohne Gewähr

Review

laut.de-Kritik

Karen O kehrt die Lungenflügel nach außen: Widerstand zwecklos!

Review von Matthias Manthe

Angst und bange am Stück im Vorfeld des Kölnbesuchs der Yeah Yeah Yeahs. Der Umstand, 2003 im Bürgerhaus Stollwerck dem möglicherweise ausschweifendsten Garagenpunkexzess der erweiterten Jetztzeit beigewohnt zu haben, löst akute Verunsicherung aus: Geht das noch einmal gut? Besteht tatsächlich Raum für eine weitere Steigerung?

Das Zweitwerk "Show Your Bones" tat sicherlich gut daran, mehr Balladeskes vom Schlage "Maps" in den Spucknapf zu werfen. Aber funktioniert die neue Ruhe im Sturm auch vor Tausenden, die mit Verehrung bis zur Selbstaufgabe an Os Lippen hängen? Ständig bereit, den eigenen Körper der fieberzuckenden Menge zu opfern? Die Antwort von Karen O und Anhang sollte an diesem Abend in der Live Music Hall auf sich warten lassen.

Denn vor des Rätsels Lösung kommt die Geduldsprobe in Gestalt zweier Vorgruppen. Black Lips beginnen bereits vor dem offiziellen Startschuss um acht Uhr. Wer zu spät kommt, verpasst aber nicht viel. Dem lieblos zusammengewürfelten Bandnamen entsprechend klingen die Schrammelrock-Revivalisten ersetzbar und wie fünf Minuten später bereits wieder vergessen.

Das Soulcabaret-Punktrio Celebration leistet der Dramaturgie bessere Dienste. Synthieorganist Sean Antanaitis sitzt die gesamten 35 Minuten dem Auditorium abgewandt am Instrument, weil die Stimme von Chanteuse Katrina Ford ohnehin den meisten Raum einnimmt. Im eleganten schwarzen Rock croont sie etwas hüftsteif mit Tamburin in der Hand durch das Celebration-Debüt. Jede Menge Rumba, Rhythmus und Rasseln passieren, dann treten die drei ordentlich akklamiert aus dem Scheinwerferlicht.

Zum allgemeinen Unvergnügen reizen Karen, Nick und Brian das Moment der Vorfreude anschließend bis zum Gehtnichtmehr aus. Im Zuge der Renovierungsarbeiten werden etwa Discokugeln, deren Prisma die Halle mit Lichtstrahlen fluten soll, mit dem Zollstock platziert. Aber alles Jammern hilft nichts und weicht in dem Augenblick, als Gitarrist und Schlagzeuger in Position gehen, tosendem Jubel. 30 Sekunden später: Auftritt Karen O.

Schwarzlicht-Make-Up, Pailettenbody über violetter Hot Pants, Glitzerdecke auf dem Kopf. Von dem Augenblick an, in dem ihre Lippen die ersten Silben von "Turn Into" formen, gibt es kein Halten mehr. Gnadenlose 40 Minuten drehen die New Yorker Trash-Ikonen die Regler auf Anschlag und zwingen das Publikum, die jungen Leiber an- und ineinander zu werfen, schweißtriefendes Fleisch gegen durchgestylte Outfits zu pressen und zu reiben. Widerstand maximal zwecklos.

Trotz leichtem Husten kommandiert "Art Star" Karen martialisch schreiend ihre Lungenflügel nach außen. Mit dämonischem Grinsen nascht sie als "Honeybear" am Honigtopf. Das Mikrofon wird oral eingeführt oder zum Hypnosewerkzeug umfunktioniert, dem sich die Jünger bereitwillig darbieten. Mal storchenähnlich stolzierend, mal in Kindfrau-Pose von Bühnenseite zu Bühnenseite hüpfend, verpulvert O ihre allem Anschein nach unerschöpflichen Energiereserven.

Altes und Neues schießt derart schneidend und druckvoll aus den Boxen, dass manch einer kurzzeitig der Idee verfällt, die Band hätte nie ein ruhigeres Stück geschrieben. Erst zu "The Sweets" steht die Fronterin einige Minuten still. Und auf die Ansage "This is the Yeah Yeah Yeahs love song!" hin tut es ihr die Gefolgschaft gleich. Selbstverständlich ist "Maps" gemeint. Selbstverständlich fährt der Übersong des Debütalbums gleich den nächsten von zahllosen Triumphen ein.

Nach exakt einer Stunde kommen Karen, Nick und Brian zurück, um ihre Audienz mit "Date With The Night" und "Warrior" restlos zu verzücken. Danach fällt endgültig der Vorhang für ein außerordentliches Wunschkonzert, welches das erwähnte böse Orakel einem Adrenalin-Dammbruch gleich hinweggespült hat. Die Yeah Yeah Yeahs, something like a phenomenon. Absolut.

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Artistinfo

LAUT.DE-PORTRÄT Yeah Yeah Yeahs

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