Die Kraft der Präsenz
Um den Magen wieder zu beruhigen, empfiehlt sich eine kleine Meditation - wobei die unter der sachkundigen Anleitung von Absztrakkt weniger entspannend, eher schon bewusstseinssprengend ausfällt. Aus "Bodhiguard", seinem gemeinsamen Album mit den Snowgoons, demonstriert er nun "Präsenzkraft":
1 Kommentar mit 20 Antworten
Der Bodhisattwa des Bemühten. In der dritten Strophe beginnt er stark, ansonsten schießt er mit "saftiges Filet der Erkenntnis" und Mutter Erde als alleinerziehender Sozialfall, eine grauenhaft banale Idee, übers angepeilte Ziel hinaus.
Noch etwas zu seinem "das Gefäß ist vergänglich, der Inhalt hochkonzentriert": Nach Laozi macht die Leere eines Gefäßes es zu seinem Zweck potentiell geeignet, das Sein erlaubt es ihm, aus seinem Zweck Nutzen zu schaffen; das Ergebnis dieser beiden ist, dass es Inhalt aufnehmen kann. Legt man Nagarjunas Urteilsvierkant an, ist das Verhältnis von Gefäß zu Inhalt, obwohl nicht irreführend, gleichzeitig kein Ausdruck für die größere Bedeutung des einen oder des anderen, und durch die Leere wirken sie aufeinander zurück. Denn der Inhalt passt sich formell der Leere des Gefäßes an; das Gefäß definiert sich seinerseits über seinen Inhalt neu, wobei es das Potential seiner Leere verliert, was wiederum nach Laozi den Verlust des natürlichen Weges bedeutet.
Danke für die Info! Habs notiert.
Alfa gibt heute den vierwertigen Abulafia.
Ich fürchte, den musst du mir erklären, Abû l-Abbâs.
Abulafia ist Belbos Computer im Pendel, bezogen auf deine Kühnheit, eine vierwertige Logik (unter anderem) auf einen Satz des Begründers des dualistisch geprägten Taoismus anzuwenden.
Wenn das ein Fehlschluss meinerseits ist, erhelle mich.
Nagarjunas vier logische Werte sind "A", "Nicht-A", "sowohl A als auch Nicht-A" (positive Inkonsistenz) sowie "weder A noch Nicht-A" (negative Inkonsistenz). Dieses parakonsistente System ermöglicht dank seiner vier Wahrheitswerte und der revolutionären Klingenschärfe die methodische Weiterentwicklung jedes reinen Dualismus: Eine positive Inkonsistenz bedeutet, dass das dualistische Begriffspaar zu ungenau definiert ist. Eine negative Inkonsistenz bedeutet, dass die Frage zu ungenau gestellt ist.
Nun zum Problemfall: Das "Gefäß" setzt sich nach Laozis Definition zusammen aus seinem "Sein" und seiner "Leere". Definierte man "Leere" als "Nicht-Sein" und damit im Geiste Spinozas (Hilfe, ein Geist!) dualistisch als sämtliche Eigenschaften, die die Umwelt vom Gefäß kontradiktorisch unterscheiden, dann wäre die gesamte Umwelt im Gefäß, da jenes sämtliche Eigenschaften seiner selbst sowie sämtliche Nicht-Eigenschaften seiner selbst in sich vereinte, vollständig enthalten.
Könnte man aber von jedem Sein innerhalb eines Systems kategorisch und vollständig auf dessen Nicht-Sein schließen, wäre der Begriff "Gefäß" nach Laozi tautologisch definiert, da er anhand der Definition von keinem anderen "Sein" innerhalb des Systems zu unterscheiden wäre.
Daraus ergibt sich, dass Laozi entweder jedes "Sein" als potentielles "Gefäß" versteht, oder aber mit "Leere" einerseits etwas anderes meint als "Sein", aber auch etwas anderes als das rein gegenteilige "Nicht-Sein" und seine dualistische Logik daher zumindest nicht auf dem Prinzip des ausgeschlossenen Dritten beruht.
Das war der angewandte Urteilsvierkant mit einer Prise Synkretizismus (darin steckt vielleicht auch ein Kretin).
Für mehr reichen bei mir Kapazität und Ehrfahrung auf diesem Gebiet jedenfalls wirklich nicht. Auch das Foucaultsche Pendel verstaubt seit Ewigkeiten bei mir im Regal und im Gedächtnis.
Ich lese gerade Bioy Casares, "Fluchtplan"; wem "Shutter Island" von der Idee her durchaus gefallen hat, den könnte das interessieren. Zumindest spielt DiCaprio schon mal nicht mit. Sehr erfreulich!
Schlaflos über Aussagenlogik, das passiert wohl auch nicht jedem. Aber ich will meine Argumentation gegen eine streng dualistische Interpretation des Daoismus unbedingt noch einmal ganz stringent aufstellen.
I. Jedes "Gefäß" setzt sich zusammen aus "Sein" und "Leere." (Prämisse bei Laozi.)
II. Jedem "Sein" entspricht genau ein Nicht-"Sein" von genau gegenteiligem Wert. (Prämisse des den Dritten ausschließenden Dualismus aller Phänomene.)
III. Leere ist Nicht-"Sein" (folgt zwingend aus I + II, da "Leere" sonst von "Sein" nicht zu unterscheiden wäre oder einen dritten Wert, den II ausschließt, annähme).
IV. Alles Nicht-"Sein" ist seinerseits ein "Sein" mit dazugehörigem Nicht-"Sein" (folgt zwingend aus II).
V. Von jedem "Sein" ausgehend lässt sich der Wert seines Nicht-"Seins" vollständig und eindeutig bestimmen (folgt zwingend aus II).
VI. Jedes "Sein" enthält in seinen Teileigenschaften neben seinem "Sein" auch sein Nicht-"Sein" (folgt zwingend aus V, da es keine Teileigenschaft des "Seins" gibt, deren Wert sich unabhängig vom Nicht-"Sein" bestimmen ließe - sonst könnte man vom "Sein" nicht vollständig auf das Nicht-"Sein" schließen).
VII. Jedes "Sein" ist ein "Gefäß" (folgt zwingend aus VI, I und III).
VIII. Jedes Nicht-"Sein" ist, da es selbst ein "Sein" ist, ein "Gefäß" (folgt zwingend aus VII und IV).
IX. Jedes "Sein" ist Nicht-"Sein", e.f.q.
Daher ist die Phänomenologie im Daoismus nicht streng dualistisch. Phänomenal. Jetzt können wir endlich alle wieder ruhig schlafen.
Als Sandmännchen wäre ich nicht besonders gut geeignet. Außer im Hoffmannschen Sinn vielleicht.
1)
2) Müssen wir uns um deinen Schlafrhythmus Sorgen machen?
3) zu VIII: Wäre Nicht-"Sein" nicht per Definition kein "Sein"?
Nein, keine Sorge. Ich musste heute erst um halb elf aus dem Haus und sechs Stunden gehen zur Not auch klar.
Dafür bin ich gerade nicht in der Lage, mir zu erklären, was ich mir bei VIII gedacht habe. Vielleicht Folgendes:
Wenn jedes Phänomen ("Sein") in einem System nicht bestimmt werden kann, ohne dass man gleichzeitig festlegt, was es von anderen Phänomenen des Systems unterscheidet (Nicht-"Sein"), so ist stets ein anderes Phänomen denkbar, das alle Eigenschaften des Nicht-"Seins" des ersten Phänomens als sein eigenes "Sein" besitzt.
Ob das aus dem Schwurbelkatalog da oben allerdings wirklich logisch schlüssig hervorgeht, weiß ich nicht.
Einleuchtend. Die Frage ist nur, ob das Werkzeug stimmt und ob die Schlussregeln hier gelten. Ich habe keine Ahnung, welche Logiksysteme überhaupt mit dem Daoismus in Verbindung gebracht werden.
Meiner Interpretation nach betont Laozi genau diese (im wörtlichen Sinne) Undenkbarkeit. Man muss also trennen zwischen dem erfassbaren, aber unreinen "Dualismus des Erscheinens" und dem verborgenen, reinen "Dualismus des Seins/Nicht-Seins". Was du in der Ableitung in IX. logisch verwirfst, enthält ins Positive gedeutet im Daoismus das vordergründig kontradiktorische Geheimnis des Dao.
Da habe ich noch eine Idee gefunden, die auf Hegels Rezeption von Spinoza zurückgeht:
Wenn "Sein" und "Nicht-Sein" nämlich nicht kontradiktorische Gegensätze sind, sondern absolute Begriffe, deren Opposition zueinander durch die Erweiterung des kategorischen Blickwinkels aufgehoben werden kann - dann wird der Dualismus zur Dialektik. http://www.thur.de/philo/hegel/hegel8.htm
Und wie erwähnt, der Urteilsvierkant begrüßt die Inkonsistenz "sowohl "Sein" als auch "Nicht-Sein"" und zeigt auf, dass der Fehler in Wirklichkeit in der Betrachtungsweise liegt. Verwirft man die Prämisse des ausgeschlossenen Dritten in II, dann ist mein System nämlich auf jeden Fall nicht mehr konsistent. Und dann wird es spannend.
Wird noch lustiger, wenn man annimmt, dass zwar das Sein und das Nicht-Sein zusammen eine Identität bilden, das Nicht-Sein allerdings keine Negation kennt. Das führt dazu, dass das Nicht-Sein nicht unterscheidbar ist von einem anderen Nicht-Sein. Das Nicht-Sein ist also ein großes Ganzes (oder Nichts). Die Repräsentation des Nicht-Seins eines Phänomens ist dessen Zweck, den wir im Sein (in dem wir uns bewegen) durch Nutzen dieses Phänomens erfahren. Damit wären wir wieder beim Gefäß und mein armes Gestammel hat ein Ende.
Kommt noch besser: Wenn ich ihn richtig verstanden habe, hält Nagarjuna die "Leere" für das verbindende Element aller Phänomene eines Systems - und zwar definiert als die Menge aller Eigenschaften dieser Phänomene, die sich mit den Begriffen des Systems nicht widerspruchsfrei beschreiben lassen.
Dr. Gödel bitte zum Diktat nach Indien.
@alfalfa: interessanter link in deinem vorletzten post. hegel spielt keine untergeordnete rolle in einer arbeit, die ich gerad schreiben muss. hab nur vage ideen bzgl seiner inhalte und seiner einflüsse auf die menschen des 19. jhds.. steh bei ihm ehrlich gesagt ziemlich aufm schlauch. würdest du die website empfehlen für einen verständlichen überblick?
Du hast zwar Alfalfa gefragt, aber ich kann ja auch mal antworten: Ich würde sie zumindest nicht uneingeschränkt empfehlen. Für einen verständlichen Überblick würde ich dir eher Hegels eigene "Enzyklopädie" nahelegen. Eigentlich ist es zwar die sinnvollste Vorgehensweise, erst die "Phänomenologie des Geistes" und dann die "Wissenschaft der Logik" zu lesen, aber das wäre ja schon kein Überblick mehr. Kommt halt alles darauf an, wie viel Zeit du noch für deine Arbeit hast.
"Erm... you guys been out dating someone lately? Cause it seems and sounds to me that you didn't have any kind of sexual intercourse during the past decade..."
Würde ja gerne mitdiskutieren, aber ist zu lange her.
Stay classy, souli. Es ändert sich nicht der Sex, es ändern sich die Frauen
Aber gegen einen ordentlichen Musikfaden hätte ich wirklich nichts.
post-rocker, pointiert ausgedrückt ist Marx Hegels Auswirkung aufs "wahre Leben". Und so doof es klingt, die philosophischen Wikipediaartikel sind (je nach Vorwissen) besser als ihr Ruf.
Statt eines Wortspiels mit "Dialektik" oder eines Knittelverses wie "Von Monica Vitti bis Katja Riemann, niemand widersteht meinem Urteilsvierkant":
http://www.youtube.com/watch?v=FAs2duUJpAk
http://www.youtube.com/watch?v=csWzB94_ULk
@santiago: danke dir. leider kann ich mir hegels eigentliche werke nicht reinziehen, keine zeit. ist auch keine philosophische arbeit. und gewisse ideen, ein gewisses halbwissen hab ich ja. aber dieses entwicklungsprinzip von wirklichkeit in diesen dreischritten ist mir viel zu spekulativ und er wendet ihn ja permanent an, weil sich die wirklichkeit angeblich so entwickle und weil der mensch so erkenne. einige zivlisatorische fortschritte, die er erkennt, kann ich ja nachvollziehen. dass hegel sich sich z.b. zur synthese von these: vor-kritischer zustand des menschen (der mensch betrachtet nur die welt und setzt seine erkenntnisse absolut), antithese: kritischer zustand seit kant bzw kopernikanische wende (der mensch betrachtet sich selbst und die einschränkenden bedingungen seiner wahrnehmung und sieht ein, dass er keine absoluten erkenntnisse gewinnen kann und nur erscheinungen des dings an sich wahrnimmt), synthese: hegels idealismus. warum ist hegel jetzt plötzlich die synthese aus der absolutsetzung von menschlicher erkenntnis, die laut kant falsch ist, und dem kritizismus von kant, warum kann aus einem unauflösbaren widerspruch (das sind dann wohl die kantischen antinomien, oder?) generell plötzlich eine synthese entstehen? und woher nimmt sich hegel gewissermaßen plötzlich die "frechheit", zu behaupten, er könne erkennen, er habe erkannt, nachdem kant dies doch für unmöglich erklärt hat?
@ tinco: ja, du meinst vermutlich die linkshegelianer? die glauben an hegels dialektik, kritisieren aber sein prinzip vom "weltgeist", oder? also dass sich die wirklichkeit dialektisch entwickle gemäß einem vernünftigen prinzip (gott?), bei dem ich mich dann frage, ob das nicht eine schicksalgläubigkeit ist, die zwar optimistisch ist, aber den menschen dennoch zur passivität verdammt. und diese schicksalsgläubigkeit passt ja auch nicht zu marx' materialismus. ich schätze, das ist wohl auch der hauptkritikpunkt der linkshegelianer in bezug auf ihren lehrmeister. ok super, das tippen allein hilft mir allein schon und ich sollte mich beziehen auf den übergang vom idealsmus hegels zum linkshegelianismus, der vor dem hintergrund der wirren der zeit, die im widerspruch zu diesem angeblich vernünftigen "weltgeist" stehen, ja auch sinn macht.
danke!