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#hetoo

Das Ganze habe ich eigentlich nur ausgebreitet, weil es tatsächlich ein ganz guter Testlauf für das beschworene "#deutschrapmetoo" ist. Hier: Jemand hat etwas absurd Sexistisches, Ekliges und wirklich Peinliches getan. Los. Kritik!

So. Jetzt sind wir an diesem Punkt, an dem die Geschichte für uns tatsächlich relevant wird. Erst einmal: Aufrichtigen Dank an rap.de, die die neue Linie tatsächlich konsequent durchziehen wollen und sich bis auf Weiteres nicht mehr als Promosprachrohr von Hohlbroten wie Jigzaw vor den Karren spannen lassen. Es ist mutig und wird ihre Leserschaft mindestens polarisieren, was in Zeiten, in der jeder um die größtmögliche Allgemeingültigkeit kämpft, ein wirklich respektabler Zug ist.

Deswegen will ich die nächste Frage auch wirklich ohne bösen Unterton oder Zynismus stellen: Ist solche Kritik effektiv? Das Magazin scheint sich mit besagter Polarisierung eher klar von einer Sparte abzugrenzen. Das liegt aber auch ein gutes Stück an der Schreibweise des Artikels. Oliver Marquart, derzeit verbrieft als des Raps gute Seele, schreibt mit der Empörtheit und Brüskiertheit einer grünen Lokalpolitikerin im jetzt.de-Praktikum. Dabei ist die Kritik stichhaltig, sinnvoll formuliert und angemessen. Aber sie klingt so betroffen und nach Zeigefinger, dass in meinem Hinterkopf doch der Verdacht schwelt, dass so mancher Fan von Straßenrap sich vom Unwohlsein dieser Presse eher bestätigt fühlt.

Es ist ja auch andersherum ein wenig abzulesen, dass dieser Artikel eine klare Wir-Identität um das Gefühl herum bildet, zu den Guten zu gehören. Erst die Einleitung, die lange erklärt, wie moralisch integer das Magazin jetzt sei, gefolgt von mehreren Instanzen der Skandalisierung. Ein "krasser Fall von ekelhaftem Sexismus". Klar ist super-widerlich, was Jigzaw da abgezogen hat, und der Typ ist dumm wie Stein. Aber ich werde das Gefühl nicht los, dass dieser Modus der Kritik ihn auf ein Podest der Gefährlichkeit hebt, während er den Befürwortern des Artikels eine Art Freibrief gewährt. Ein "Guck mal, ich habe mich ja davon distanziert".

Es ist eben dem Medium und der Sprache (hier vor allem den Buzzwords) geschuldet, dass ein solcher Text weder Jigzaw noch seine Fans erreichen wird. Dementsprechend ist er allenfalls ein Symbol für die breitere Öffentlichkeit (und als solches äußerst begrüßenswert), aber noch nicht mehr. Deswegen hoffe ich, dass es nicht bei diesem Ablasshandel bleibt, sondern dass gerade Medien wie rap.de ihre neu gefundenes Profil noch weiter schärfen und entwickeln, um vielleicht irgendwann sogar mit Akteuren wie Jigzaw in einen konstruktiven Dialog treten können. Und mit "Dialog" meine ich ein wirkliches Abstrafen, bestenfalls mit Lernfaktor.

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