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Falls ihr jetzt dachtet, schlechter werde es wohl kaum noch: Falsch gedacht! Guckt mal, welcher alte Bekannte sich hier wieder hat blicken lassen:
Ich habe neulich ein bisschen an JuliensBlog denken müssen. Den versuchen zwar alle rational denkenden Menschen aus meiner Generation vermutlich seit spätestens 2011 zu vergessen, aber ich finde es faszinierend, dass dieser Typ um 2010 Deutschrap tatsächlich gar nicht so unbedeutend mitgeprägt hat. Natürlich zum Schlechteren, zum Beispiel, weil sein Kollegah-Gesimpe und (rückblickend ziemlich unverhohlen rassistisches) Haftbefehl-Haten kulturell so krass auf der falschen Seite der Geschichte stand, aber man doch häufiger als ab und zu Leute getroffen hat, die Jahre später echt noch genau diese Meinung reproduziert haben.
Mehr aber interessant finde ich einfach, wie Julien symbolisiert, wie viel sich in der Szene seit damals verändert hat. Klar, er war schon immer mehr oder weniger eine Witzfigur, aber als ich 2010 stabile dreizehn Jahre alt war und auf dem Zenit der Empfänglichkeit für alles, das ich auf YouTube gesehen habe, schien es relativ normal zu sein, dass es Videos wie "Tutorial: Frauen schlagen" oder "Hurensohn Holocaust" gab. Im Grunde ist Julien ja so etwas wie die logische Konsequenz von Schock-Humor-Kultur im Rap-Kontext, aus der Zeit im Internet, als noch viele Leute den grenzübertretenden Witz von South Park oder Family Guy oder so für den Gipfel der Komik gehalten haben.
Umso faszinierender ist für mich deswegen, dass dieser Typ nie richtig weggegangen ist. Er hat sich kein bisschen verändert. Selbst das VBT hat ja irgendwann trotz deutlich weniger Wackness eingesehen, dass seine Zeit vorbei war. Aber Julien ist immer noch da, rappt Spits wie 2008 und versucht, eine Rap-Persona zwischen Bushido und Kollegah zu kultivieren. Das ist in seiner Hängengebliebenheit fast schon bewundernswert. Also nicht gerade respektabel, aber immerhin fesselnd. Wie eine Zeitkapsel, die einen ganzen Rattenschwanz seltsam mutierter Bakterienkulturen aus einer lange vergangenen Ära mitbringt.
2 Kommentare mit 7 Antworten
Die Video-Performance gibt mir ziemlich heftige "Ich box' Michael Jackson"-Vibes und Julien scheint es ja auch nicht mehr so gut zu gehen.
Und bei Kollegah haben so ziemlich alle in den Hip-Hop-Foren gelutscht, da kann ich mich noch gut dran erinnern. Teilweise waren Texte, die nicht 6-silbige Reime hatten für einige Leute gleichbedeutend mit Poetry Slams und die Massen an inhaltslosem Müll und unmusikalischen Jenemys konnte man kaum ertragen.
Ähnlich schlimm war auch das jahrelang haltende Gelutsche an JAW und Hollywood Hank, auch Musik, die seinerzeit vielleicht innovativ und eine gute Alternative zum Mainstream war, aber mittlerweile ziemlich schlecht gealtert ist.
Ich box michael jackson hatte noch einen gewissen charme. Bei julien ist es halt nur dreck
Ich box Michael Jackson ist ein gottverdammtes Meisterwerk
Und wieder will jemand seine Christusbrezel vernichten
Falls ich ihn mal auf der Straße treffe gibt es MC HOOBEE x FAVORITE. Das ist mir der Zwanni wert.
Meisterwerk ohne zweifel, vielleicht sein bester song
@cooler Typ: Menschenfeind soll schlecht gealtert sein? Liegt es vielleicht daran, dass du dich und die laut "Community" darin wieder erkennst?
Es liegt einfach daran, dass sich Musik in den letzten 15 Jahren weiterentwickelt hat. Anders als die Leute, die diese Musik immer noch feiern und unironisch für den Gipfel der Lyrik halten.
Unterschreib ich alles, aber lass South Park aus dem Spiel