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Meinungen gewürfelt

Und hier kommen wir dann an den Punkt, der mich so verwirrt: Wenn eine Fandom-Dynamik dazu führt, dass ständig unterschwellig und snarky die Validität der eigenen Favoriten in Frage gestellt wird, dann wird der Wille groß, sie zu verteidigen. Nicht nur künstlerisch, sondern auch, weil die Leute das Gefühl bekommen, die Validität und der Erfolg ihrer Favs ist akut an einen wichtigen sozialen Raum ihres Lebens gekoppelt.

Das ist dann, was passiert, wenn Leute sich eher als der verlängerte Arm eines Managements als wie wirkliche Fans der Musik verstehen. Das habe ich nie so drängend erlebt, wie als BTS "Butter" veröffentlicht haben. Ich habe viele Räume konsultiert und fast kein Gespräch über den Song und ob er taugt gelesen. Es ging nur darum, wie stolz man auf welche Errungenschaften ist und welche noch kommen könnten. Ähnliches lässt sich bei vielen Gruppen finden. Die Liste an Verkaufsargumenten kommt immer vor dem eigenen Hörgenuss - und die Suche nach potentiellen Point-Scores überschattet das wirkliche Hören der Musik. Dann sind wir wieder bei:

Es geht dann eher darum, Argumente für dein Team und Argumente gegen dein Gegnerteam zu sammeln, statt sich wirklich damit zu beschäftigen, was man wirklich hören will. Und das habe ich bei der einen Gruppe, der ich mich jemals wie ein Stan gefühlt hab, genau so erlebt. LOONA war am Anfang eigentlich diese etwas abseitige Gruppe, so etwas wie der K-Pop mit der Indie-Kid-Cred. Sie waren ätherisch und atmosphärisch und musikalisch für jedes Experiment bereit.

Die LOONA-Community, auch wenn ich selbst nie so richtig online mit Leuten vernetzt war, war superstark. Und dann ging Jaden Jeong und der erste USP der Gruppe mit ihm. Post-"So What"-LOONA war plötzlich eine ... relativ konventionelle Girl Crush-Gruppe. Und plötzlich wechselten sich die Argumente für sie quasi klammheimlich über Nacht aus: Jetzt war das Ding an LOONA, dass sie diese millimetergenauen Choreos draufhaben und übertrieben fierce sind.

Horizontale Fandom-Strukturen sorgen dafür, dass man sich leicht und schnell in eine sehr lebendige Fan-Community mit viel eigenen Memes und eigenem Content einleben kann. Aber damit einher gehen sehr komische Pointscoring-Angriffs-und-Verteidigungs-Prozesse. Irgendwann steht das Mögen der Gruppe a priori vor dem Mögen der Musik. Und dann fangen Leute an, sich Argumente einfach aus den Fingern zu ziehen oder nachzureden, die gerade in die richtige Diskursrichtung weisen. Und wenn man das als neutraler Beobachter liest, sieht es aus wie solche Meinungen:

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1 Kommentar mit einer Antwort

  • Vor einem Jahr

    Gibt's in Südkorea auch Künstler, die nicht durch diese geldgetriebenen Kaderschmieden müssen und irgendwas persönliches, mitteilenswertes mit ihrer Musik aussagen wollen?

    Wann werden uns die vorgestellt?

    • Vor einem Jahr

      Natürlich gibt es auch Künstler die keine Trainees waren. Khiphop artists oder viele der Künstler die im Soundtrack von koreanischen Filmen oder Serien dabei sind. Lässt sich mit ein bisschen Zeit ganz einfach herausfinden. Bewhy oder ash island zum Beispiel