laut.de-Kritik

Hol die Bluetoothbox, wir gehen raus.

Review von

"Wir lungern auf Straße, aber wir sind keine Gangster". BHZ machen das, was viele machen: Musik, um am Corner zu hängen und dicke Doinks zu rauchen. Dabei sind die Berliner spätestens seit "Hoodparadies" kein Geheimtipp mehr in der Szene. Mit dem Sound zwischen Boombap und Trap schafft sich das siebenköpfige Kollektiv trotzdem seine Nische und ist bestens connected, was viele Solo-Projekte und Kollabos zeigen. Ihr Studioalbum geht entsprechend der schieren Masse an kreativen Köpfen auch in viele Richtungen und folgt keinem roten Faden.

Dabei ist das Album ein - zumindest texlich - reines BHZ-Projekt und verzichtet auf Features. Die Produzentenliste ist dafür umso vielfältiger und nennt erfährt den Crewmembern MotB und Samuel Kalbantner (ehemals Sami) Unterstützung von Themba, Shirama, 5000 und KazOnDaBeat.

Inhaltlich drehen sich die Songs größenteils im Kreis. "Ich baller eine Xan und geh nicht schlafen" eröffnet Dead Dawg auf "Adam & Eva" das Album und setzt damit den Rahmen. Wer also kritische Auseinandersetzungen mit Medikamentenmissbrauch oder einen Abriss über steigende Mieten in Schöneberg erwartet, wird enttäuscht werden.

Stimmungsvoll eine "Flasche Luft" trinken, und dabei ein diffuses Bild einer Generation zwischen endlosen Partys und Selbstzweifel zeichnen, gelingt dabei umso besser. Das Thema klingt irgendwie bekannt? Ist auch nichts Neues. BHZ erfinden sich und Rap mit "Kiezromantik" nicht neu, liefern aber konstanten Vibe ohne Ausfälle.

Mit "Bald Ist Es Vorbei" kommt der Emo-Trap-Song des Albums um die Ecke. Angelehnt an Größen wie Lil Peep autotunen sich Longus Mongus, Monk und Ion Miles durch eine endlose Nacht. Die letzten beiden Songs des Albums "Hellblau" und "Milka" wabern ähnlich wavey und beschwören die Cloud-Rap-typische Melancholie.

Größte Überraschung und großer Hit: "Regen Prasselt". Big Pat und Ion Miles erzählen die Bandgeschichte von Zwanzig-Personen-Shows bis zu großen Hallen. Das Ganze wird mit dem selben Sample unterlegt, zu dem einst Celo & Abdi auf "Besuchstag" vom Leben hinter Gittern berichtet haben. "Butzbach, BHZ, du weißt!

Auch "Sticky Oder L'ers" überzeugt. Das Deutschrap-Adlib-Massaker heizt im Drop Top durch die Nacht und scheißt auf alle. Ziel ist der Konsum, Gefangene werden nicht gemacht. Mit dieser Art von Musik haben BHZ schon öfter geglänzt, hier fühlen sie sich offensichtlich wohl.

Was BHZ von der schier unüberschaubaren Masse an Rappern abhebt ist ihre Vielfalt, die auch aus der Kollektivsituation entsteht. Fünf Rapper haben fünf sehr unterschiedliche Stimmen und Flows, die wiederum individuelle Songs kreieren. Nahezu jeder Track steht für sich alleine, was auch an der durchgehend hochwertigen Produktion liegt. Das wiederum bringt aber auch zwei Probleme mit sich. Zum einen kommt durch den mangelnden Zusammenhalt das Gefühl auf, man habe es hier mit einer Sammlung von Singles oder einem Mixtape zu tun. Zum anderen wiederholen sich die Inhalte einfach immer und immer wieder. Fairerweise versprechen die Jungs aus Schöneberg mit dem Titel nicht viel mehr. Ein oder auch zwei Geschichten abseits der Mühle aus Weed, Alkohol und Studio hätten dem Album aber sehr gut getan.

Somit bleibt ein Werk mit vielen guten Titeln und ohne Totalausfall, das aber auf kompletter Länge gleichförmig wirkt und keinen Spannungsbogen besitzt. Einzelne Tracks bleiben bestimmt im Gedächtnis, die ganzen 45 Minuten am Stück eher nicht.

Trackliste

  1. 1. Adam & Eva
  2. 2. Wedding Cake
  3. 3. Muddy
  4. 4. Flasche Luft
  5. 5. Glück
  6. 6. Bunny Hop
  7. 7. Federer
  8. 8. Regen Prasselt
  9. 9. Bald Ist Es Vorbei
  10. 10. Sticky Oder L'ers
  11. 11. Catch And Shoot
  12. 12. Nelly
  13. 13. Hellblau
  14. 14. Milka

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