laut.de-Kritik
Die drei Ks: Straßensound anno 2017.
Review von Anastasia HartleibEin gutes halbes Jahr nach "Makarov Komplex" kommt Capital Bra mit neuem Output um die Ecke, der auf den schwungvollen Namen "Blyat" hört. Gamern, so heißt es, sei dieser russische Ausdruck bereits ein Begriff. Und das Urban Dictionary weist allerlei interessante Begriffe aus, die alle auf eine Übersetzung hinauslaufen: Hure.
Mit den Entgleisungen von Kurdo & Majoe riecht das schon verdammt nach dem nächsten Rant. Doch wider alle Erwartungen kam es zu keinen weiteren Aufregern, die den geneigten Hörer fast am gesamten Genre zweifeln lassen könnten. Auch Capital Bra kommt nicht ohne abwertendes und klischeebehaftetes Frauenbild aus, das in bestimmten Rap-Kreisen leider immer noch eine mehr als fragwürdige Standard-Projektion darstellt.
Nachdem "Makarov Komplex" einen eher grausigen Eindruck hinterlassen hat, kommt auf "Blyat" ein Gangster zum Vorschein, der Rap in den Knochen hat. Die richtige Entscheidung, weitestgehend auf nervtötende "Brrrrrrrraaa"-Ausrufe und übermäßige Wiederholungen zu verzichten, ermöglicht nicht nur ein entspannteres Hörerlebnis, sondern führt dazu, den Berliner ernster zu nehmen.
Das Album präsentiert sich durchweg düster mit tief rollenden Bässen und nervös-trappigen Snares. Die Produktionen sind hochwertig, ausproduziert und orientieren sich an aktuellen Trends, ohne unbedingt anbiedernd zu klingen. Die einzige Ausnahme stellt der Finisher "Olé Olé" dar. Der Beat dröhnt karibisch durch die Boxen und hat mit RAF Camora als zusätzliche Chart-Garantie auch noch den deutschen Sean Paul mit an Bord. Damit Kumpel Joshi Mizu auch mal wieder ein bisschen Geld verdient, darf er sogar in der Hook ran.
Im Großen und Ganzen entpuppt sich "Blyat" als ein klassisches Straßenrap-Album im modernen Gewand. Capital Bra beweist, dass er nicht nur flowen, sondern ganze Sätze bilden kann. Seine Bilder ergeben Sinn und sind in der Regel recht clever gereimt. "Du sagst, Hip Hop ist Amerika, du scheiß Neider / Kein Problem, dann bin ich deutscher Filialleiter", spittet er beispielsweise auf "Wer Hoch Fliegt Fällt Tief".
Das Album bietet trotz kohärenter Produktionen Abwechslung. Klassische Hood-Life-Erzählungen wie "Ghetto Massari" und "Zweistellige Haftstrafen" folgen auf 'Ich habs geschafft, Mama'-Stücke ("Wie Alles Begann") und vorhersehbare Live-Bretter à la "BMW Alpina". Es schleichen sich sogar zwei regelrechte Hits ein. "Nur Noch Gucci" geht mit brummender Hook direkt ins Ohr und zeigt, wie Capital Bra sich selbst sieht: "Ich verteil das Zeug an alle - Richter, Rapper, Nutten / Scheine drucken, Bratan, ich muss Scheine drucken."
Und dann ist da noch "Paff Paf Weiter 2", dessen etwas sperriger Titel nicht erahnen lässt, was für ein derbes Brett sich dahinter verbirgt. Der Beat rollt langsam im Benz mit heruntergelassenen Fenstern an dir vorbei, während Capital Bra und Gzuz finster nach draußen schauen und eine Line nach der anderen droppen. Businessmäßig ist man allerdings anderweitig unterwegs: "Was für Mercedes /Ich flüchte durchs Ghetto mit Fahrrad."
Die Features bieten neben dem 187er keine wirklichen Offenbarungen, unterstützen jedoch die Vielseitigkeit des Albums. Das obligatorische Ufo361-Feature klingt schon im Titel an ("Na Na Na"). Auch AK Ausserkontrolle ist wieder am Start und liefert auf "Bra Macht Die AK" einen soliden Part. Einzig die Kollabo mit Gringo44 erinnert unangenehm an das vorherige Release ("Kuku SLS").
Warum genau Sido auf "Blyat" vertreten ist, erschließt sich nicht so ganz. Falls hier der Versuch gestartet werden sollte, wieder an Street Credibility zu gewinnen, ist dieser kläglich gescheitert. Seine Zeilen zeugen nicht nur davon, wie weit weg Sido von der Perspektive Capital Bras ist, sondern auch, dass sich Reimskills mit einem höheren Kontostand nicht automatisch verbessern: "Alle sind sie drauf, an den Schauplätzen / Irgendeiner raubt dich aus, da kannste drauf wetten / Vor dem Gesetz kann man sie kaum retten / weil sie sich gegenseitig aufhetzen" ("Richtung Para").
Natürlich erzählt Capital Bra keine Neuheiten. Die Geschichten und Bilder, die er entwirft, hat man vor zehn Jahren genauso gesehen. Auch wirkt das Album an einigen Stellen vorhersehbar und die Message orientiert sich durchgehend an den magischen drei Ks des Straßenraps: krass, kriminell und Kohle. Dennoch bietet der Berliner eine aufgefrischte, zeitgemäße Version der klassischen Bordstein-Geschichten. "Blyat" ist Straßensound anno 2017. Ob du das so haben willst oder nicht.
9 Kommentare mit 4 Antworten
"Gamern, so heißt es, sei dieser russische Ausdruck bereits ein Begriff."
Nicht in den Zusammenhang, nur von Dashcam- Videos und russischen Street Thugs
Ansonsten ein recht überflüssiger Randgruppen-Straßenrapper, finde ich, außer seinen Caps nicht ein einziges Gimmick, was ihn hervorheben würde.
Ich bin einfach zu Mittlere-Mittelklasse für so n Zeug. Wann kommt endlich mal n Rapper, der darüber rappt, wieso der verdammte Nachbar abends um 20 Uhr den Rasen mäht oder die verdammten Nachbarskinder um 21 Uhr noch wach sind? Das sind doch mal Themen!
Ich empfehle Dexter & Fatoni - Dienstag Nacht vom Album Yo, Picasso, da kommst du auf deine Kosten.
1/5
Diesen Müll braucht kein Schwanz.
capital bra wird im dschungel vom panther gefressen
Hartleib und die Feminismuskeule Part Drölfhundert
Dieser Kommentar wurde vor 6 Jahren durch den Autor entfernt.
Hätte jetzt echt gedacht, dass du das feierst.
keine chance. mich langweilt dieser ganze deutschrapbrei zu tode...diesen russki hier finde ich höchstens unfreiwillig komisch
Bisschen schwierig den Zwangskritiker zu miemen, wenn die Beats alles derart niederbrennen