Porträt

laut.de-Biographie

Nina Simone

Früh übt sich. Anstatt schiefe Bauklötzchentürme zu errichten, trainiert Eunice Waymon ihre Feinmotorik schon mit vier Jahren am Klavier. Als sechstes Kind einer armen Familie erscheinen die Aussichten auf eine große Zukunft als Profi für die 1933 geborene musikbegeisterte Göre allerdings eher mau.

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Ihr Musiklehrer wendet das Blatt: Überzeugt von dem außerordentlichen Talent seiner Schülerin, ruft er den "Eunice Waymon Fund" ins Leben. Dieser ermöglicht dem Mädchen aus North Carolina schließlich ein Studium an der Julliard School of Music in New York. Aufgrund mangelnder Spenden muss Eunice die Hochschule jedoch schon vor ihrem Abschluss als Konzertpianistin wieder verlassen.

Ihre Unabhängigkeit sichert sie sich daraufhin mit einem Job in New Jersey. Dort sitzt Eunice am Klavier und versorgt die Gäste eines Irish Pubs regelmäßig mit Jazz und Blues. Die Tatsache, dass sie ihre Stücke nun nicht nur spielen, sondern auch gesanglich begleiten muss, öffnet der ehemaligen Studentin die Türen zum Showbiz.

Von nun an tritt Eunice Waymon mit einem Künstlernamen auf: Seit 1954 nennt sie sich Nina Simone - wobei "Nina" im Spanischen soviel wie "kleines Mädchen" bedeutet und "Simone" von der französischen Schauspielerin Simone Signoret stammt.

In den späten Fünfzigern nimmt Nina Simone ihre ersten Songs auf. Für das Label Bethlehem covert sie "I Loves You, Porgy" aus George Gershwins Oper "Porgy And Bess" und steigt damit kurze Zeit später in die Top 40 der amerikanischen Charts ein. Mit dem Klassiker "Nina Simone At Town Hall" wird Nina Simone über Nacht zum Star.

Schon in dieser frühen Phase ihrer Karriere setzt sie sich für die Bürgerrechte ein. Nachdem sie selbst in jungen Jahren schlechte Erfahrungen machen musste (zum Beispiel wurden Ninas Eltern bei einem Schulkonzert wegen ihrer Hautfarbe gezwungen, sich in die hinteren Reihen zu setzen), engagiert sich die Künstlerin mit ihrer Musik für die Gleichberechtigung.

Als im Jahr 1963 vier schwarze Kinder bei einem Bombenattentat in Alabama sterben, geht Simone mit dem wütenden "Mississippi Goddam" an die Öffentlichkeit. Der Song erscheint auf ihrem ersten Album beim Label Philips.

Doch nicht immer verstehen die Leute ihre direkte Art, Gefühle musikalisch umzusetzen und soziale Missstände anzuklagen. Das von ihr geschriebene "Four Women", über vier Frauen unterschiedlicher Hautfarbe und ihren davon abhängigen gesellschaftlichen Rollen, lehnen gleich mehrere Radiosendern ab. Die Begründung: Der Song sei Schwarzen gegenüber beleidigend.

Auf der anderen Seite finden Nina Simones musikalische Vielfalt, ihre soulige Stimme und Coverversionen von "House Of The Rising Sun" oder "I Put A Spell On You", aber auch ihre eigenen Kompositionen großen Anklang. Ihre Fans kennen Nina Simone daher auch unter dem Namen "The High Priestess of Soul".

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Anfang der Siebziger Jahre kehrt die Soulsängerin ihrem Heimatland den Rücken. Wegen Schwierigkeiten mit den Plattenfirmen und der Steuerbehörde, die sich nach Ansicht der Künstlerin auf Rassismus begründen, verlässt Nina Simone Amerika.

In den kommenden Jahren lebt sie zeitweise in Afrika, der Karibik und schließlich in Europa. Bevor sie sich endgültig im Süden Frankreichs niederlässt, kehrt sie 1978 noch einmal in die USA zurück - und wird dort prompt wegen Steuerhinterziehung verhaftet. Die Abgaben hatte sie all die Jahre aus Protest gegen den Vietnamkrieg nicht bezahlt.

Auch das nächste Jahrzehnt erweist sich als aufregend für Nina. In Paris nimmt sie 1982 das Album "Fodder On My Wings" auf und verarbeitet darin das selbst gewählte Exil. Außerdem tritt sie regelmäßig in Ronnie Scott's Jazzclub in London auf, wo 1987 auch ein Livealbum entsteht. Zwei Jahre später spielt die Sängerin in Pete Townsends Musical "The Iron Man" die Rolle eines riesigen Drachens.

Ein scheinbar passender Charakter, denn das Temperament der vielbeschäftigten Pianistin schlägt sich nicht nur in ihren Protestsongs nieder: Im Jahr 1995 schießt Nina mit einer Druckluftpistole auf das Nachbarskind und verletzt es leicht. Durch das Lachen des Jugendlichen hatte sich die Pianistin in ihrer Konzentration gestört gefühlt. Mit derselben Waffe feuert sie später auch auf den Geschäftsführer einer Plattenfirma, weil Nina ihn verdächtigt, einen Teil ihrer Lizenzgebühren unterschlagen zu haben.

Ein paar Jahre zuvor war Nina nach Aix-en-Provence in Frankreich gezogen und hatte ihre Biographie "I Put Spell On You" (im Deutschen: "Meine Schwarze Seele") veröffentlicht. Für ihr Lebenswerk erhält sie 1999 in Dublin einen Livetime Achievement Music Award.

Nina Simone gibt bis ins hohe Alter noch Konzerte und tritt auf großen Festivals wie dem Thessalonica Jazz Festival in Griechenland oder dem Guinness Blues Festival in Irland auf. Im Jahr 2003 erliegt der Soulstar im Alter von 70 Jahren einem Krebsleiden. Sie hinterlässt eine Tochter, Lisa Celeste, die unter dem Künstlernamen Simone bei verschiedenen Broadway-Musicals mitspielt.

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