laut.de-Kritik
Crème de Pop mit Cocktailkirsche und Puderzucker oben drauf.
Review von Martin MengeleDas Cover haut um! Eine völlig derangierte Roisin Murphy entsteigt furiengleich in Säuferpose mit zwei Biergläsern in den Händen der Wasserpfütze, in die sie kurz zuvor gefallen zu sein scheint. Die Haare wirr, der Mund zu wütenden Beschimpfungen verkrampft. Fightin' Irish! Zwei Dinge stehen deshalb fest: erstens ist dies jetzt schon das Plattencover des Jahres! Was bitte soll da noch kommen? Und zweitens würde ich diese Frau sofort heiraten!
"Nichts kommt an diese vertrauten Gefühle heran", wenn die Meisterin ihre Stimme zwischen Zuckerpüppchen und Kneipenschlägerschlampe hin- und herbalanciert. Ein Organ, das mindestens so außergewöhnlich ist, wie der Name. Denn nur in dieser Frau steckt die einzige Standesbeamtin, die das ungleiche Paar Poesie und Tanzfläche zu einem sexy-tragischen Brautpaar verheiraten kann.
Dass die Single "Familiar Feeling" auf Platz zehn der UK-Charts eingestiegen ist, wundert deshalb keinen mehr. Dieser Song nimmt mit Leichtigkeit den roten Funk-Faden auf, den "Sing It Back" oder "The Time Is Now" in den Clubs zurückgelassen haben. Im Schatzkästchen "Statues" verbergen sich aber noch weitere Club-Brenner, die es ohne weiteres in die Charts schaffen könnten.
"Forever More" steigert einen magengrubenmassierenden Mörder-Bass in einen groovy Refrain, der ohne Gehirnamputation nicht mehr aus dem Ohrwurmspeicher zu löschen ist. Oder "100%", das mit Bläsern und Latino-Gitarren nur so um sich sprüht und sofortige Hüftzuckungen nach sich zieht. Dazwischen tauchen Stücke wie "Cannot Contain This" mit housig bis minimalelektronischem Fundament auf, die trotzdem nicht in der teils per Orchester mächtig aufgemotzten Songproduktion untergehen.
Es dreht sich aber nicht nur um Tanzen und Spaßgesellschaft, es wird auch das Selbst reflektiert, rebelliert und ruiniert. Es geht um Schmerz, Verlust und Schwäche. Wahrscheinlich kann eine düstere Elegie von so bestürzender Schwermut wie der Titelsong "Statues" nur diese Frauenstimme glaubhaft rüberbringen. Robert Smith'sche Gitarren aus "Seventeen Seconds"-Zeiten tragen hier Roisins zarte Klagen zu Grabe, ein spröder Streicher-Satz und ein ersterbendes Piano tun ihr Übriges. Da kann Profi-Träne "Elsbeth" Gibbons die sieben Sachen packen und bei ihrem Seelenklempner einziehen.
Moloko setzen jedenfalls wieder Maßstäbe in der Clubbeschallung. Was hier auf dem Tisch liegt ist Crème de Pop, mit Cocktailkirsche und Puderzucker oben drauf.
16 Kommentare
Mein erster Eindruck:
Nicht spektakulär, aber schöne Scheibe.
Clubtauglicher, eleganter Pop (oder was auch immer, ist nicht so leicht zu sagen) mit catchy Refrains, die sich sofort angenehm in den Gehörgängen festsetzen, ohne aber zu nerven.
Die zarte Stimme von Roisin Murphy macht aus solchen Songs wie "Familiar Feelings" oder "I Want You" echte 1a-Perlen.
So. Was meint ihr?
Wirklich sehr schöne Platte.
Schön smooth und der Gesang ist mitreißend.
Die Frau hat eine tolle Stimme!
Bin gerade am Überlegen ob ich sie mir holen soll.....
MUSS man die haben? Meisterwerk?
Das Erstaunliche an dem Album ist, daß es zwar einerseits wahrscheinlich Clubmusik ist, aber dennoch nicht aus Tracks sondern aus Songs besteht. Ob es zum tanzen oder entspannen taugt, weiß ich nicht - musikalisch geht es aber sicher weit über diese beiden Aspekte hinaus.
Ich gebe der CD mal
***1/2 sternchen, weil doch auch ein bischen
Unkraut drauf ist.
Jepp - Statue war das wirklich ausgereifteste Album der Band, zumindest ausgereift im Sinne von popular Music.
Madame Rosine hat ja bereits mit Ihrer Solokarriere begonnen, Sprungbrett war die Band und nicht sie alleine.
Das hört man doch deutlich an Ihrem 2. Take der voll mit übelsten Britpop gestopft ist.
Da kommt mehr die "biersaufende Britschlampe" hervor als ihr glaube ich lieb ist.
Aber Knete muss sein, das Label will leben, Mädel komm zurück zu deiner Band und lebe dein Leben - man muss nicht alles ausprobieren was man so im Kopf hat...
Schau dir Underworld an, die erfinden sich auch ständig neu, vom Bauchgefühl her konnte Dir die Band das geben...