laut.de-Kritik

Der Kontrollfreak ist jederzeit zu einem Klassiker fähig.

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Wer sich mehr für Moden als für Songwriting interessiert, braucht gar nicht weiter zu lesen. Er sollte lieber Princes neue Platte (oder seine bisherigen) in Ruhe unter musikalischen Gesichtspunkten anhören, um festzustellen, dass der kleine Exzentriker jederzeit fähig ist, einen Klassiker aus dem Hut zu zaubern.

Man mag sich über Zeilen wie "Like a bird flyin' over the hilltops / Love is like the sky ..." im Track "Love" amüsieren - die unterlegten Chords und Duo-Gesangslinien öffnen Granit-Herzen - absolut zeitlos. Dass solcherlei Zaubereien meist in Gestalt von 80er-Keygerüsten, R'n'B-Balladen und Funk-Gitarren daher kommen, gehört zu Prince nun mal dazu wie der Glaube zu den Zeugen Jehovas, sie würden am Ende der Zeit als einzige das Himmelreich betreten.

Als eine Ikone der Achtziger, neben Jacko und Madonna, mag seine Hochzeit vorüber sein. Dennoch lässt Prince sie in den letzten Jahren wieder mit gewisser Regelmäßigkeit auferstehen, nicht zuletzt mit den beiden Vorgänger-Alben "Musicology" und "Rave Un2 The Joy Fantastic". Vielleicht sollte der fast 48-Jährige aber ein wenig mehr auf neue Produktionsstile schielen - der Vocoder der R'n'B-Ballade "Incense And Candles" ist da zu wenig.

Eventuell hätte er, der alle Instrumente - und davon sind eine Menge zu hören - wie üblich selbst einspielt, mal andere Macker zum Zuge kommen lassen sollen. Ausnahmen wie die Kollabos mit Saxofon-Legende Maceo Parker oder Princes neuer Gesangsentdeckung Támar (z. B. "Beautiful, Loved & Blessed") bestätigen die Regel. So erinnert das zuweilen knarzende "Lolita" mit seinem relativen Minimalismus, den trockenen Drums und 80er-Keyboard-Einwürfen an die Produktionsweise von N.E.R.D (wenn überhaupt, stört hier höchstens der glockenhelle Synthie).

Aber was soll die Besserwisserei, wenn der Kontrollfreak eine Funkrock-Nummer wie "Fury" als Plattenfüllmaterial hinterlässt, die die erste Single "Te Amo Corazón", eine Latin-Ballade, mit ein, zwei hingerotzten Griffen neutralisiert. Prince bleibt der sexy motherfucker. Die ersten Takte des angeschrägten Beatgewummeres vom Titeltrack "3121" im Stile eines Hip Hop-Mantras lassen keinen Zweifel aufkommen: Der Groove ist in einem Keller in Beverly Hills zuhause.

"The Word" überzeugt mit der reibungslosen Fusion von Akustik-Gitarre, Black Music-Beat, sphärischen Flächen und Saxophon. Vor allem wenn er Poppiges produziert, wird Prince aber den 80er-Stallgeruch - ähnlich wie Michael Jackson - nicht los ("Black Sweat"). Jenes Kunststück gelang allein Madonna dank exzellenter Produzentenkontakte.

"Musicology" klang zwar mehr nach Live-Sound und vielleicht mehr aus einem Guss produziert. Princes Stilmix aus funky Uptempo-Stücken, sexy R'n'B-Schmachtfetzen und kräftig instrumentierten Dance-Balladen zündet aber nach wie vor. Zusammen mit den Booklet-Bildern aus seinem Beverly Hills-Domizil gibts eine Zeitreise erster Klasse in die funky Märchenwelt der 80er.

Trackliste

  1. 1. 3121
  2. 2. Lolita
  3. 3. Te Amo Corazon
  4. 4. Black Sweat
  5. 5. Incense and Candles
  6. 6. Love
  7. 7. Satisfied
  8. 8. Fury
  9. 9. The Word
  10. 10. Beautiful, Loved & Blessed
  11. 11. The Dance
  12. 12. Get On The Boat

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