laut.de-Biographie
Pouya
Der Untergrund war immer schon eine traditionell heilige Stätte in der Hip Hop-Hemisphäre. Doch in kaum einer Periode fächerte sich das Genre so weitläufig aus wie in den ausgehenden 2010er Jahren.
Bekommt man beim Party-Smalltalk anno 2017 zu hören, ein Fan höre Untergrund-Rap, könnten damit verschiedenste Dinge gemeint sein. Mancher spricht vielleicht von der anspruchsvollen Lyricist-Ecke um Ka, Open Mic Eagle oder Aesop Rock, der nächste von Hardcore-Rappern wie den Swollen Members, Jedi Mind Tricks oder Army of the Pharaohs. Es könnte sogar in experimentelle Avantgarde-Gefilde von den Death Grips, Danny Brown, Clipping oder Ho99o9 tendieren.
Popularitätstechnisch ist es aber wohl am wahrscheinlichsten, dass "Untergrund" zu dieser Zeit den Soundcloud-Abgrund bezeichnet, ein Fuchsbau, der irgendwo zwischen den Stühlen der Stilkonventionen entstand. Mit seinem Pluralismus, Sparten in der Sparte und Unmengen an Artists reicht der tiefer, als man es je wissen wollte. Und auch wenn immer wieder ein XXXTentacion oder Lil Pump den Weg ans Tageslicht der Aufmerksamkeit findet, wimmelt es in diesem Territorium nur so vor abwegigen Obskuritäten, von den $uicideboy$, Ghostemane und Bones bis hin zu Coin Locker Kid, Aristophanes oder Yung Gleesh.
Pouya trifft den Nerv dieses musikalischen Kontinuums zentraler als die meisten seiner Zeitgenossen. Statt eines dominanten Gimmicks bringt er eher die Breite des Stils zur Geltung. Schroffe, abweisende Trap-Beats mit Samples wie straight aus einem Resident Evil-Spiel kombiniert er mit emotionalen, verwundeten und depressiven Rapparts. Die Stimme bricht dabei selten mit der reservierten, unterkühlten Delivery.
Titel wie "Suicidal Thoughts In The Back Of A Cadillac", "Terminal Sex" oder "1000 Rounds" zelebrieren den Lebensstil der verlorenen Künstler: absurd, aggressiv und selbstzerstörerisch, in einem Kosmos aus Drogen und bedeutungslosem Sex. Nein, Pouya zählt nicht zu den Rappern, die sich um irgendjemandes Seelenfrieden scheren.
Besonders interessant dabei wirkt seine etwas authentischere und ordinärere Selbstinszenierung, die Einflüsse auf den Soundcloud-Abgrund offenlegt. Er ist eben ein schmächtiger, weißer, edgy Typ. Vermutlich konnte seine Sparte nur im von der Three 6 Mafia hinterlassenen Vakuum blühen und gedeihen. Dazu ein Hauch von Outkast und modernen Trendrappern wie Kanye oder Kendrick und vielleicht sogar der ein oder andere Berührungspunkt mit dem roheren Hardcore-Untergrund in New York City. Zumindest lassen sich Acts wie Necro oder Ill Bill durchaus in der ein oder anderen Pointe wiedererkennen.
Insgesamt gilt für Pouya - wie für viele seiner Zeitgenossen und Weggefährten: Er bleibt ein Fall für sich. Man muss die Mischung aus depressiver Veranlagung, hemmungsloser Edginess und Affinität für stupide, aber morbide Trap-Banger mitbringen, um in seinen Sog zu geraten. Die inflationären Views und die passionierte Fanbase beweisen jedoch: Liebäugelt man einmal mit dieser Kultur, bleibt man leicht darauf hängen.
43 Kommentare mit einer Antwort, davon 42 auf Unterseiten
Ich bin so stolz auf mein Cousin
Mütterlicher oder väterlicherseits?