laut.de-Biographie
Curse
"Was für ein großes Gefühl, was für große Erwartungen, die ich fühl'. Was für große Verantwortung, was für eine große Bürde zu beschreiben, was für mich Freiheit heißt."
In der Tat stellt es keine leichte Aufgabe dar, sich mit dem Thema Freiheit auseinander zu setzen. Mindens Finest meistert diese jedoch mit Bravour. Nicht umsonst etabliert sich Curse über die Jahre als einer der tiefsinnigsten und vielseitigsten MCs des deutschen Sprachraums und verschafft Ostwestfalen einen Eintrag auf der Hip Hop-Landkarte.
"Von Minden Nach Außen", der Titel ist Programm: Michael S. Kurth erblickt das Licht der Welt am 6. September 1978. Wie die meisten seiner Kollegen setzt er zunächst auf englischsprachige Texte: Mit seiner Band Phat Kills (die es sogar zu einer CD-Veröffentlichung, "Straight Outta Broketown", bringt) tritt er Mitte der 90er Jahre in Jugendzentren auf. Erst später entdeckt er die Ausdrucksmöglichkeiten seiner Muttersprache und verlegt sich auf Rap auf Deutsch.
Auf einer Jam trifft er später die Wahlheidelbergerin Cora E, der er ein Demotape vorspielt. Eigenen Angaben zufolge erleidet diese beinahe einen Ohnmachtsanfall. Ob das als Kompliment gewertet werden darf, soll an dieser Stelle offen bleiben.
Seine klaren, flüssigen Reime verschaffen Curse, der seinen Bühnennamen von der englischen Aussprache seines Nachnamens ableitet, eine Handvoll Gastauftritte bei der Prominenz des deutschsprachigen Hip Hop. Curse rappt auf Scheiben von Cora E, den Stieber Twins und dem Bremer DJ Stylewarz (unter anderem Tour-DJ von Ferris MC).
Eine Hand wäscht die andere: Im Gegenzug sind die Stieber Twins und die Arsonists auf Curses Single "Wahre Liebe" zu hören. Ein zweijähriger Studienaufenthalt in den USA verschafft Curse zudem zahlreiche neue Kontakte zu New Yorker Künstlern, darunter Non Phixion und Vertreter aus dem Hause Rawkus.
Die ersten Solo-Veröffentlichungen des Mindeners erscheinen bei Jive Records, die gemeinsam mit dem Rapper gleich auch seinen Produzenten Sascha "Busy" Bühren unter Vertrag nehmen. Busy verdiente sich zuvor erste Lorbeeren als Remixer und Produzent von Xavier Naidoo, Cora E und Moses Pelham.
Der EP "99 Essenz" und etlichen Singles ("Doppeltes Risiko", "Erfolg", "Sonnenwende" und "Wahre Liebe") folgt 2000 das Debüt-Album "Feuerwasser". Ernste, ausgesprochen persönliche Texte prägen bereits hier das Gesamtbild.
2001 legt Curse mit "Von Innen Nach Aussen" nach. Deepe, melancholische Beats und Texte, die einen Einblick in die Gedanken- und (vor allem) Gefühlswelt des Mindeners gestatten, geben auch hier den Ton an. Curse beherrscht allerdings mehr.
Er battlet sich mit King Kool Savas um "Das Gegenmittel", stellt gemeinsam mit Xavier Naidoo ewige Wahrheiten klar ("Rap ist Soulmusik, sie ist da für die, die sie lieben und sie ehren, vergiss das nie") und ruft im Chor mit Azad und Tone die "Cherubim" auf den Plan. Die Juice kürt "Von Innen Nach Aussen" zum besten nationalen Rap-Album des Jahres - vollkommen zu Recht.
"Innere Sicherheit" (2003) fällt, betrachtet man das Curse'sche Gesamtwerk, ein wenig aus dem Rahmen. Deutlich reicher instrumentalisiert, präsentiert sich das nunmehr dritte Studioalbum musikalisch über die Maßen vielseitig. Neben der (bereits auf einer EP ausgekoppelten) naturgegeben reggaelastigen Kollaboration "Widerstand" mit dem Kölner Gentleman stehen extrem ruhige Piano-Balladen ("Und Was Ist Jetzt") sowie die derbe, gemeinsam mit 4Lyns Braz durchgeführte "Schocktherapie". Max Herre unterstützt in "Goldene Zeiten".
Curse featuret darüber hinaus junge Acts wie Stress & Trauma oder Italo Reno & Germany, die auf seiner Künstlerplattform Alles Real Records eine Heimat finden. "Rap" zeigt, was viel zu häufig im Verborgenen blüht: Storytelling, Battlestyles, Liebeslyrik, das Ganze auf Deutsch, auf Englisch oder doubletime - Curse kann alles.
Die DVD "Von Minden Nach Außen" kommt ebenfalls 2003 auf den Markt. Bis zum nächsten Album gehen anschließend allerdings zwei Jahre ins Land. "Sinnflut" erscheint im Dezember 2005. Diesmal sind unter anderem Samy Deluxe, Black Thought von den Roots sowie die Produzenten-Legende Pete Rock als Gäste zu begrüßen.
Einen Überblick über das reichhaltig gewordene Schaffen gestattet 2006 das Mixtape "Einblick Zurück". Von Ausruhen auf den Lorbeeren allerdings keine Spur. Curse bricht seine Zelte in Minden ab und wechselt nach Köln, wo er mit Kollegen Patrice eine fruchtbare Studio-Gemeinschaft eingeht. Ab Oktober 2007 moderiert er im Wechsel mit Clueso, Jan Delay und Max Herre die Radioshow "Plan B" beim WDR-Sender 1LIVE.
Die Beschäftigung mit einem alles beherrschenden Thema macht Curse zum Motiv eines ganzen Longplayers. Wie die Vorab-Single und der Song, der das verwendete Sample liefert, trägt das im September 2008 erscheinende Werk den Titel "Freiheit". "Freiheit kann man nicht eindämmen, Freiheit muss man ausatmen": eine Erkenntnis, die auch Marius Müller-Westernhagen teilt. Er gestattet nicht nur die Verwendung seines Materials, sondern greift auch gleich selbst mit zum Mikrofon.
Zehn Jahre nach seinem Debütalbum "Feuerwasser" hat Curse offensichtlich genug gesagt: Er erklärt seinen Abschied vom Rap und verlässt die Bühne. Zusammen mit seiner Band The Achtung Achtung unternimmt er Ausflüge in Gitarrenmusikgefilde. Da diese Aktivitäten aber keine greifbaren Tonträger hervor bringen, ziehen sie weitgehend unbeachtet an der Öffentlichkeit vorbei.
Curse, so scheint es, hat sich aufs Altenteil zurück gezogen. Er schreibt Texte und Songs für Kollegen und moderiert eine Radioshow bei 1Live, die eigene musikalische Karriere jedoch liegt auf Eis.
... von wegen, sie wächst im Verborgenen: zusammen mit dem schweizerischen Produzenten Claud und den Beatgees schraubt er an neuem Material, das er im Herbst 2014 unter dem Titel "Uns" auf seinem frisch gegründeten Label Indie Neue Welt veröffentlicht. Das Album dreht sich einzig und allein um sein neu gefundenes Glück. Auch Soundbild und Vortragsweise, eine Art Spoken Word-Performance, gestalten sich sehr einheitlich.
Dass er aber in der Lage wäre, viel mehr und vor allem verschiedene Register zu ziehen, hat Curse in der Vergangenheit längst unter Beweis gestellt und tut dies 2018 erneut mit "Die Farbe Von Wasser". Auch die Frage, wer die Definitionsmacht bezüglich der Rap-Gesetze inne hat, sollte inzwischen beantwortet sein.
Sechs lange Jahre ziehen danach ins Land, in denen Curse, inzwischen ausgebildeter systemischer Coach, zwar Podcasts hostet, Seminare gibt und einen Ratgeber veröffentlicht. Musikalisch bleibt es jedoch still um ihn. Böse Zungen munkeln von einem Tod durch Überdosis Tee.
Nö! Pünktlich an seinem Geburtstag, am 6. September 2024, ruft Curse den "Unzerstörbaren Sommer" aus. Sein neues Album schließt gefühlt nicht an seine beiden Vorgänger an, sondern greift weiter zurück, in Zeiten, "bevor der ganze Scheiß passiert ist". Falls noch irgendjemand Zweifel hegt, ob es überhaupt möglich sei, im Deutschrap in Würde zu altern: Hier kommt die Antwort, und sie lautet ja.
Das Wesentliche seiner Kunst fasste Curse schon Jahre vorher so zusammen: "Ich sag' zu ihnen: Ich kann nur sein, was ich bin. Ich kann nur fühlen, was ich fühl', und genau das schreib' ich auch hin." Genau.
3 Kommentare mit 3 Antworten
Da ist sie also, die erste Single vom "Comeback":
http://meinrap.de/2014/09/18/curse-wir-bra…
Ziemlich bekackt.
Klingt wie Marteria, also langweilig
"Freiheit" fand ich ja noch ziemlich gut, aber das ist tatsächlich furchtbar langweilig.
So bekackt wie du?
@nackenoeffner Und du feierst Weezer?
Und hier die zweite:
http://rap.de/legacy/soundandvideo/47066-c…
Noch bekackter.
Curse bei Balcony TV Berlin http://balconytv.com/v/curse-wir-brauchen-…