28. März 2002
"Ich wurde von 40 hysterischen Schulmädchen verfolgt"
Interview geführt von Vicky ButscherAndreas: Hallo wie geht's, das Wetter hier in München ist blendend, nicht so neblig wie in Stockholm, wo ich heute morgen losgeflogen bin...
Du bist heute also nur für die Premiere von "666 – Trau keinem mit dem du schläfst" nach Deutschland gekommen ...
Ich hab den Film noch nicht gesehen, aber ich werde morgen eine Review darüber schreiben
Oh, kann ich die dann lesen? Wie kam es überhaupt, dass "Shine" als Titelsong für den Film gewählt wurde?
Da hatte irgendwer in der Plattenfirma Connections und so hat man meinen Song gewählt. Ich bin da sehr glücklich drüber.
Dein neues Album ist gerade in Deutschland erschienen. War das Schreiben der Songs sehr anders als beim Vorgänger, nachdem sich "Liebling" so gut verkauft hat und du mit "Glorious" in ganz Europa großen Erfolg hattest?
Das Ding ist, dass alle Songs auf Tour geschrieben wurden. Wir waren ungefähr Zwei Jahre auf Tour. Als die Tour dann zu Ende war, waren fast alle Songs schon geschrieben. So hatte ich einfach keine Zeit, viel darüber nachzudenken, wie ich das Nachfolgealbum jetzt zustande bringen soll. Alles war schon da und ich musste nur dem Instinkt folgen, dass es genau das war, was ich machen wollte – das, was ich schon auf Tape aufgenommen hatte. Was ich mit den Songs festhalten wollte war, dass das alles auf Tour entstanden ist und dass wir als Band zusammen gearbeitet haben. Diese Energie wollte ich mit ins Studio nehmen. Also, nein, ich habe mir keine Gedanken über das Nachfolgealbum gemacht...
Hast du oder die Plattenfirma dich nicht unter Druck gesetzt, wieder den selben Erfolg zu haben?
Nein, die haben sehr viel Vertrauen in mich und Peter, meinen Producer, gesetzt. Sie haben uns unser Zeug machen lassen. Und als wir ihnen die Musik dann vorgespielt haben, waren sie sehr froh über das Ergebnis. Es gab keinen Druck, keiner hat gesagt: "Du musst wieder so eine Hitsingle schreiben oder irgend so was." Man muss einfach seinen Emotionen und seinem Instinkt folgen und nicht versuchen sich zu wiederholen. Man muss etwas machen, das für einen selber einen Sinn ergibt und hoffen, dass das für andere Leute dann auch einen Sinn ergibt.
Was war denn die Inspiration für das neue Album? Die Tour?
Nein. Das wäre das Langweiligste auf der Welt über das Leben auf Tour zu schreiben. Es basiert auf dem Thema Beziehungen. Wie kommt man in eine Beziehung? Wie läuft eine Beziehung ab? Wie kann man daran festhalten, auch wenn es nicht so gut läuft? Wenn man weiß: Das ist nicht das Beste für mich, aber das Einzige, das ich gerade habe. Alles geht darum: Versuchen das, was man hat zu behalten. Es ist ja nicht alles Rock'n'Roll-Lifestyle! Es geht also um Beziehungen.
Stimmt, alle Stücke auf dem neuen Album sind Lovesongs.
Wenn man Songs schreiben will, dann schreibt man über etwas zu dem man sich identifizieren kann. Ich kann nur etwas ausdrücken, das mir auch was bedeutet. Man hat sehr viel in seinem Hinterkopf, man könnte dazu auch "Bank" sagen. Sachen passieren in deiner Beziehung, in meinem Fall erlebt man dann noch Sachen mit den fünf Leuten, mit denen ich jetzt so lange auf Tour war. Und ich beobachte, was mit deren Beziehungen passiert und wie sie damit umgehen. Außerdem bewegt mich, was in meiner Familie passiert. Das ist manchmal eine sehr traurige, aber großartige Quelle. Ich gehe neugierig und offen durchs Leben und dann kommen einfach Ideen für meine Songs.
Du hast in Berlin und New York gewohnt. In Interviews erzählst du oft, dass diese Städte dich inspiriert haben. Was genau hat dich in diesen Städten angeregt?
Ich liebe große Städte und die Kontraste, die man dort sehen kann. Das Wichtigste sind aber doch die Leute, die du triffst und mit denen du dann rumhängst. Da muss ja gar nicht in New York oder Berlin sein. Für mich waren das halt nur Orte, wo ich bestimmte Personen getroffen habe. Als ich das "Liebling"-Album geschrieben habe war ich in Berlin und in Madrid. Und das hat mich dazu animiert, Songs zu schreiben. Ich muss einfach in Stimmung sein, um Songs zu schreiben. Außerdem bin ich in so vielen Städten, weil ich einfach sehr ruhelos bin.
Ich kann dich ja leider gerade nicht sehen, aber wenn ich mir die Fotos von dir ansehe, muss ich sagen: Du siehst sehr gut aus. Versuchen manche Leute, dich darauf zu reduzieren?
Naja, wenn du schöne Augen, Ohren und Nase und dazu noch ne Hitsingle hast, dann versuchen sie dich als "sexy guy" oder "pretty face" zu verkaufen. Aber das stört mich nicht wirklich, denn ich denke, mein Album hat sich ganz gut verkauft und das hat viel mit der Musik und wenig mit meinem Aussehen zu tun. Ich werde auch mal alt, müde und fett werden. Also versuche ich jetzt einfach, Spaß zu haben und das Beste aus jedem Tag machen. Am Ende wird die Musik doch für sich selbst sprechen.
Niemand hat dir je einen Job als Model angeboten?
Nein, ich wäre ein schreckliches Model. Ich bin viel zu klein. Und ich bin daran auch nicht interessiert. Ich bin ein Songwriter, das ist, was ich machen will. Allerdings würde ich wahrscheinlich einen Haufen mehr Geld verdienen.
Erkennen dich die Leute auf der Straße? Wie fühlst du dich dann?
Andreas: Ja, das tun sie. Normalerweise sind die Leute sehr nett zu mir. Das kommt natürlich auch immer ganz drauf an, in welchem Land ich gerade bin. Wenn ich in Schweden bin, werden die Leute schon aufmerksam, aber sie machen keine große Sache daraus. Aber wenn man in die "Latin"-Länder in Europa kommt, fangen die Leute an zu kreischen. Aber ich kann damit umgehen. Ich bin ja nicht Michael Jackson, das hält sich ja alles noch in Grenzen. Ich würde auch nie an so einen Punkt kommen wollen. Ich kann ja immer noch ganz normal die Straße lang gehen.
Hattest du schon irgendwelche lustigen Erlebnisse, wenn du deine Fans getroffen hast?
Ja, schon viele lustige und merkwürdige Situationen. Ich wurde im Flughafen vom Barcelona von 40 italienischen Schulmädchen verfolgt, die alle sehr hysterisch waren. Aber normalerweise sind die Leute sehr nett. Was mich am glücklichsten macht ist, wenn sie zu mir kommen und mir erzählen, was ein Song oder Lyrics ihnen bedeuten, wie es sie bewegt hat oder ihre Sichtweise auf Dinge verändert hat. Das ist das Brillanteste und Tollste an meinem Job. Autogramme zu geben finde ich ein bisschen komisch. Ich meine, es macht mir nichts aus. Es würde mein Leben auch viel anstrengender machen, wenn ich die Sachen zu ernst nehmen würde. Ich mache in erster Linie meine Musik und wenn man damit Erfolg hat kommt da halt noch einiges hinterher. Leute wollen mein Gesicht verkaufen und so was. Aber wenn man das Business und seine Auswüchse akzeptiert und alles mit einem Lächeln betrachtet, dann kann man ein bisschen Kontrolle über die Maschine haben. Sie wird dich zumindest nicht so einnehmen. Wenn man seine Musik an den Mann bringen seinen Lebensunterhalt damit verdienen will, dann muss man einfach mit dem Business mitspielen.
Aber manchmal wird das doch schon ganz schön hart, oder?
Ja manchmal wird alles sehr merkwürdig. Vor allem, wenn alles plötzlich sehr schnell geht und du gar nicht mehr alles bewerten und kontrollieren kannst, was um dich herum passiert. Aber man wird darin auch von Tag zu Tag besser.
Du hast in einem Interview gesagt, dass du von Menschen fasziniert bist, die in ihrem Leben ihren ganz eigenen Weg gehen. Wie würde dieser Weg in deinem Leben verlaufen?
Meine Straße? Die ist ein bisschen schwankend. Ich denke, ich habe viel getan um dahin zu kommen, wo ich jetzt bin. Aber ich bin sowieso viel mehr an anderen Leuten interessiert als an mir selber. Es ist sehr wichtig, neugierig und aufgeschlossen zu sein und die Dinge einfach geschehen zu lassen. Man sollte nicht versuchen sein Leben zu sehr zu lenken. Ich denke, das ist mein Weg. Klar gibt es Leute in meinem Leben, die mir sagen, was ich zu tun habe, ich würde jetzt auch lieber auf der Bühne stehen, als Interviews zu geben. Aber ohne die Interviews wäre ich jetzt auch nicht da, wo ich bin. Wenn ich selbst das Beste aus dem ziehe, was ich hier mache, dann wird mein Leben viel einfacher.
OK, vielen Dank, ich wünsch dir noch einen schönen Abend in München.
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