laut.de-Kritik
Eine Expedition ins Tierreich mit dem Apfelmann.
Review von Jasmin LützJeder ahnte schon, dass "Der Apfelmann" an diesem Abend für besonders ausgelassene Stimmung sorgen sollte. "So, und jetzt alle in die Hände klatschen. Na los, trink dein Bier aus, dann kannst du auch mitmachen." Jochen Distelmeyer strahlt bis über beide Ohren, als er seine verschiedenen Apfelsorten aufzählt und im Boogie Woogie-Sound locker die Hüfte swingt. Mit seiner neuformierten Band - der zweiten Gitarre (der Mann stand leider immer nur im dunklen Hintergrund) und dem Bassisten Lars Precht - präsentierten Blumfeld ihre "Verbotenen Früchte", in der leider sehr dürftig gefüllten Live Music Hall.
Wie auf dem neuen Album wurde auch an diesem Abend das Konzert mit "Schnee" Pop-poetisch eingeläutet, bevor der lustige Apfelmann die Bühne betrat. Der Funke sprang über, sowohl Publikum als auch Band hatten Spaß an der Ironie. Doch die Stimmung schwankte im Laufe des zweieinhalbstündigen Konzerts. Euphorisch wurden die alten Protest-Hits gefeiert. "Diktatur der Angepassten", "Wir Sind Frei", "So Lebe Ich" und die großartige Lebenshymne der ersten Stunde "Viel Zu Früh Und Immer Wieder, Liebeslieder".
Mit der aktuellen Expedition ins Tierreich wusste dann allerdings so mancher Kopfmensch in nicht mehr so viel anzufangen. In "Schmetterlings Gang" oder "Tier Um Uns" wimmelt es nur so von Lebewesen und für manchen eingefleischten Fan ist hier Schluss mit lustig. Die Unsicherheit machte sich nun auch ein wenig auf der Bühne bemerkbar. Jochen vernachlässigte seine Ansagen. Diesmal gab es auch keine kölschen Töne. Nur ein lautes "Wo seid ihr, Kölner?" Da hatten die Hamburger schon ausgelassenere Zuschauer in der Karnevalsstadt erlebt. Lars Precht musste dann natürlich noch zusätzlich Salz in die Wunde streuen und sagte lässig: "Na, dann kommt morgen mal nach Düsseldorf." So nach dem Motto, da geht es richtig ab Und dieser Satz leitete dann, mit ein paar Pfiffen gekürt, den Endspurt ein.
Die erste Zugabe sorgte für den absoluten Hochgenuss an diesem Abend. "Verstärker" rockte wie in alten Zeiten, und da hatten die meisten auch endlich einige Becher Gerstensaft intus und wurden lockerer. Jetzt stand keiner mehr still. Die Arme in die Höhe und lauthals mitgegrölt. Die Ballade "Der Sich Dachte" beendete schließlich eine wunderbare Zeitreise durch vierzehn Jahre Blumfeld. Maria Callas sorgte schließlich noch aus den Lautsprechern für eine zusätzliche Gänsehaut mit einer atemberaubenden Arie aus Bellinis Norma, die die Band göttlich verabschiedete. Ein rundum schönes Konzerterlebnis. Die Mehrzahl ging zufrieden nach Hause, und bei denen spuckt der Apfelmann mit Sicherheit noch Tages päter fröhlich im Kopf herum.