laut.de-Kritik
"What are you yelling, for we are only men" leuchtete zum Schluss auf der Bühne.
Review von Sandra GundelachSchon auf dem Trottoir vor der Roten Fabrik tummelten sich die Leute in der Hoffnung, doch noch ein Ticket für das restlos ausverkaufte Konzert von Calexico zu ergattern. Diejenigen, die sich geschlagen gegeben hatten, genossen den frischen Frühlingsabend im angrenzenden Biergarten am Zürichsee, während in der Halle die gedrängten Fans wohltuende Wärme ausströmten.
Calexicos Auftritt begann mit den letzen beiden Stücken der Vorband Mascha Qrella. Joey Burns, John Convertino und Jacob Valenzuela begleiteten die junge Berliner Künstlerin zu ihren selbsternannten Vorzeigeliedern auf Gitarre, Schlagzeug und Xylophon. Nach kurzer Umbauphase betrat die auf sechs Musiker angewachsene Combo aus Tucson endgültig die schlicht gestaltete Bühne. Den Mittelpunkt bildeten Bandgründer Burns und Convertino, auf der linken Seite standen das Trompeterduo Jacob Valenzuela und Martin Wenk, rechts Kontrabassist Volker Zanders und Paul Niehaus mit der Pedal Steel.
Mit einfühlsam-melancholischen Liedern überzeugten sie in der ersten Hälfte das Publikum, das diese Stimmung mit den entsprechenden Kräutern noch eindringlicher erlebte. Für einen Bruch der relaxten Wohnzimmer-Atmosphäre sorgten vor allem die Trompetensoli des charmanten Valenzuela, dem bald die Schweißperlen auf der Stirn standen.
Ein noch größeres Klatschen und Pfeifen ging durch die Menge, als die neu zur Gruppe gekommene Violinistin mit leidenschaftlich gespielten Einsätzen sicherlich nicht nur mir eine Gänsehaut wachsen ließ. Ihre bescheidene Art und ihr offensichtliches Lampenfieber versprühten knisternde Spannung im Saal.
Nach etwa eineinhalb Stunden endete der offizielle Part, und erst jetzt tauten Band und Fans richtig auf. Das Publikum begann kräftiger mitzuwippen, die latinobegeisterten brachten ihre Salsatanzkünste zum Einsatz, Wenk und Valenzuela schwangen immer deutlicher mit den Hüften, Burns stampfte kräftiger mit dem Fuß zum Rhythmus und Niehaus biss sich noch enthusiastischer auf die Unterlippe. Und so ließen die sechs es sich nicht nehmen, eine fast einstündige fantastische Zugabe zu spielen. Dabei bewiesen sie mit einem improvisierten letzten Stück, dass ihr Repertoire noch lange nicht ausgeschöpft war.
"What are you yelling, for we are only men" leuchtete auf der Bühnenleinwand zum Schluss auf. Für das Publikum waren sie jedoch die Helden des Abends.