laut.de-Kritik
Jeder Rocker, der was auf sich hält, sollte auf der Matte stehen!
Review von Michael EdeleWann immer People Like You ihr Bad Boys For Life-Päckchen schnüren und auf Tour schicken, sollte eigentlich jeder Rocker, der was auf sich hält, in den Startlöchern stehen. Auch 2006 stehen mit The Bones und Demented Are Go zwei Dauergäste auf dem Tourplan. Doch nicht nur die Heartbreak Engines und Roger Miret & The Disasters waren zusätzlicher Teil des Packages. Auch der Mighty Ski King sorgt Abend für Abend für erstaunte Gesichter und wahre Begeisterungsstürme.
Schon in Berlin, wo People Like You die Heartbreak Engines zusammen mit Deadline und The Bones auf die Bühne geschickt hatten, war der Mann mit den tätowierten Koteletten dabei und überzeugte auf ganzer Linie. In Frankfurt weiß zunächst keiner so genau, was man mit dem Ami eigentlich anfangen soll, der zu Playbackmusik allein auf den Brettern steht. Der gibt auf seine unnachahmliche Art ein paar Songs aus den Fifties und Sixties zum Besten, trägt eine Elvis-Garderobe und croont wie ein ganz Großer. Vereinzelt raffen die ersten schon, dass der Kerl was auf dem Kasten hat, und obwohl noch nicht viel los ist in der Batschkapp, kommt schon Bewegung auf.
Davon profitieren die Heartbreak Engines, die gewohnt mächtig Dampf machen. Anstelle von Dan (der sich daheim auf's Abi vorbereitet) haben sie sich bei den Golden Cockrings einen Tourgitarristen ausgeliehen, der zudem sehr gute Backing Vocals beisteuert. Gemeinsam mit Sänger Lou ist der Kerl eigentlich ständig in Bewegung und auch Basser Grischa steht mit seinem Kontrabass kaum still. Das Publikum lässt sich von den klasse Songs und dem Enthusiasmus der Band mitreißen und macht kräftig Stimmung.
Schließlich kommt sogar der Ski King auf die Bühne, um die Jungs bei "Built My Hate Around You" zu unterstützen. Leadklampfer Syd konzentriert sich derweil meist auf sein Gitarrenspiel und große Posen, während Rocco hinter den Drums in etwa acht Liter Schweiß verliert. In der Form sind die Jungs einfach bestechend gut.
Dann ist wieder Zeit für den Ski King, der sich während des Umbaus im Tigerstreifen-Kostüm präsentiert und ein paar Titel des einzig wahren Kings interpretiert. Dass der Kerl dabei original wie Elvis klingt, versteht sich fast von selbst. Wer sich mit so einer Stimme nur als Pausenclown vorstellt, hat das Understatement gepachtet.
Kaum ist der Ski King von der Bühne, entern Roger Miret & The Disasters dieselbe. Die Hardcore-Legende fühlt sich im Rahmen der Disasters richtig wohl und präsentiert dem Publikum eine Interpretation von Punk- und Folkrock. Irgendwo zwischen Social Distortion und The Business rockt das Quartett vor sich hin, knüpft dabei aber nicht an die Power an, welche die Heartbreak Engines wenige Minuten zuvor versprüht hatten. Dennoch haben sie natürlich genügend Mitsingnummern im Programm, die dem Publikum aber nicht sonderlich bekannt zu sein scheinen. Erst als sie zum Abschluss die Agnostic Front-Hymne "Gotta Go" abfeuern, gehen die anwesenden Zuschauer richtig steil.
Als der Ski King nun in schwarz (ok, mit leichtem Leoparden-Aufsatz) und Cowboyhut die Bühne betritt, ahnen die ersten schon, was los ist. Und tatsächlich: Johnny Cashs Musik tönt aus den Boxen, und der Hüne lässt kein Auge trocken. Muss ich wirklich erst erwähnen, dass der Kerl dabei noch mehr nach dem Man in Black klingt als Joaquim Phoenix im Film? Da stört es nicht, dass das Hemd fällt und die Hose plötzlich auf Halbmast hängt. Der perfekte Vorgeschmack auf Demented Are Go.
Die Splatter-Psychobillys sind wirklich nicht mehr auf diesem Planeten Zu Hause. Durch die entsprechende Schminke sehen zwar alle aus, wie schon gestorben - vor allem Frontzombie Spark. Musikalisch lassen sie auch zu viert nichts anbrennen und Spark allein ist sein Geld wert. Gollums großer Bruder trägt zu Beginn noch eine durchsichtige Plastikhose mit passendem Jackett und Hemd. Die Klamotten fallen aber im Laufe des Gigs, und irgendwann steht der Kerl nur noch in einer rosafarbenen OP-Unterhose da, bei der ihm ständig die Klöten raushängen.
Musikalisch lässt die zum Quartett geschrumpfte Band aber nichts anbrennen und heizt der Meute vor der Bühne ordentlich ein. Vor allem ein paar nette Mädels sind mittlerweile zum Tanzen aufgelegt - lassen sich von der Altmänner-Nudel allerdings weder begeistern noch abschrecken.
Genau wie vergangenes Jahr in Berlin ist es beim Ski King vor The Bones Zeit für heftigen Rock'n'Roll, und so rotzt uns der Mann eine Version von Ace Of Spades hin, bei der sich selbst Lemmy wohl ein Schmunzeln nicht hätte verkneifen können. Immerhin klingt der Kerl bei der Nummer wie sein Zwillingsbruder. Dass er danach noch ein saustarkes Cover von Nine Inch Nails "Hurt" in der Johnny Cash-Version bringt, ist beinahe unglaublich. Auch wenn die Hose inzwischen den Boden erreicht hat. Zum Abschluss darf noch Franky Boys "May Way" dran glauben und weg ist der Ski King.
Vom Band läuft bereits die The Bones-Version des Eine Schrecklich Nette Familie-Klassikers "Psycho Dad", doch Boner stimmt noch in aller Ruhe seine Klampfe. Ein paar weitere Songs muss man sich noch gedulden, ehe die Schweden die Bühne entern und eine Rock'n'Roll-Salve nach der anderen abfeuern. Fotograben is nicht. Entweder man fängt sich eben ein paar ein oder man bekommt keine Bilder. Nachdem meine Nieren herrlich weich geklopft, ein paar Bilder auf der Karte gelandet sind und ich eh schon im Moshpit bin, pack ich die Kamera ein und pog einfach mit. Was soll man zu Knallern wie "Gasoline Business", "Monsters Prefere Blondes" oder "Home Sweet Hell" anderes machen?
Ohne große Ansagen geben The Bones fast das komplette letzte Album "Straight Flush Ghetto" zum Besten und natürlich jede Menge älterer Hits. Da Roger Miret eh mit auf Tour ist und sie mit dem Kerl auf der aktuellen EP "Partners In Crime Vol.1" von den Ramones "I Wanna Be Sedated" gecovert haben, kommt dieser bei der Nummer natürlich auf die Bühne. Leider ist nach etwas mehr als einer Stunde Schluss. Und auch wenn die meisten noch ein paar Songs vertragen hätten: Traurige Gesichter gab's keine!