8. November 2000

"Auf einmal kamen die Cops auf Pferden ..."

Interview geführt von

Zu Beginn des Interviews sitzt mir Neuzugang Toni gegenüber, der seit "The World Is Ours" bei den Farmern für den Bass zuständig ist. Nicht unbedingt der ideale Gesprächspartner, um mir etwas über die Vergangenheit der Band zu erzählen. Außerdem waren nach dem Gig natürlich alle ziemlich ausgepowert und somit hielt sich die Freude über 'ne weitere Nase mit Taperecorder und Fragen natürlich in Grenzen. Trotzdem machten alle das Beste daraus. Here we go ...

LAUT: Toni, du bist für Ralph Botzenhart in die Band gekommen, hast ihn aber schon einmal vertreten und bist mit den anderen wohl bestens klar gekommen. Trotzdem ist dies hier die erste Tour für dich, nicht wahr? Wie war's?

Toni: Stimmt, mit den Farmern ist das meine erste Tour. Hat auch super viel Spaß gemacht, wir haben uns mit den anderen Bands und der Crew klasse verstanden, wie während des Konzerts wohl unschwer zu erkennen war (siehe auch Live-Review). Die Fans waren wohl auch zufrieden. Was Zuschauerzahlen angeht, haben wir eigentlich auch keinen Grund zur Klage. Heute waren's knapp 500 Zahlende und auch ansonsten waren die Resonanzen größtenteils positiv. Meine allererste Tour war das aber nicht, da ich vor den Farmer Boys schon in jeder Menge anderer Bands gespielt habe. "Letter X" könnte dem ein oder anderen vielleicht noch ein Begriff sein. Damit waren wir auch schon in Japan auf Tour, zusammen mit Metal Church, war recht witzig.

LAUT: Zur Amerika-Tour kann ich dir ja dann wohl keine Fragen stellen, da du ja noch nicht in der Band warst.

Toni: Nee, aber die ganzen Geschichten kenn ich trotzdem, die wurden mir ja erzählt.

LAUT: Ja? Lass mal hören!

Toni: Nee, besser nich, nächste Frage. (lacht)

LAUT: Zu der Vans Warped Tour hätte ich schon noch gern das ein oder andere erfahren. Vielleicht kann uns Dennis da ja weiter helfen, der gerade zu Tür herein kommt. Wie waren die Erfahrungen mit Fans, Management, den USA im allgemeinen?

Dennis: Wir waren ja zum ersten mal auf US-Tour und was uns wirklich beeindruckt hat, waren die Nightliner. Das sind nicht einfach Busse, darin kann man eigentlich bequem wohnen. Auch díe Reaktionen der Fans waren sehr beeindruckend. In Amerika geht man auf Konzerten ganz anders ab, als hier. Die Fans sind unbefangener und emotionaler, die hauen sich fast in die Fresse und manchmal nicht nur fast. Seltsam fand ich auch, dass die immer wieder im Uhrzeigersinn im Kreis gerannt sind. Ich weiß bis heute nicht, welche Drogen da im Spiel waren. Während eines Gigs ist sogar mal eine Massenschlägerei ausgebrochen, in die die Cops dann mit ihren Pferden eingreifen mussten. Alles sehr interessant.

LAUT: Was ich auch mal gerne wissen würde, ist, ob Schorsch, der Typ wegen dem ihr anscheinend Farmer Boys heißt, real ist, oder nur 'ne nette Geschichte für Pressefuzzies.

Dennis: Nönönö, der ist real. Der ist sogar sehr real (verdreht die Augen). Frag mich aber nicht, was der jetzt macht. Würde mich auch wirklich interressieren, ob er das mitbekommt, was mit uns so abgeht. Vielleicht sollten wir uns mit ihm mal treffen.

LAUT: Ja, oder als Cover für 'ne Single, oder zumindest mal Liner-Notes auf den CD's, oder ....

Dennis: Ja, is ja gut. Das letzte, was ich von ihm mitbekommen habe, war, dass er eine Bankausbildung gemacht hat. Ist aber schon sehr lange her.

LAUT: Mal was anderes, warum habt ihr mit den Aufnahmen zum neuen Album so lange gebraucht?

Dennis: Sehr viel Zeit wurde während der Produktion verschwendet. Auch davor hat sich die Trennung von unserer alten Plattenfirma doch länger hingezogen als erwartet. Eine Zeit lang wussten wir gar nicht so recht wie's weitergeht, da wir ohne Deal da standen. Wir haben dann Demos eingespielt und uns wie jede andere Band auch bei den Labels beworben. Motor haben dann letztendlich zugeschlagen. Anschließend sind wir ja auch noch lange getourt, mussten Songs schreiben, so geht die Zeit halt um. Auf der faulen Haut lagen wir definitiv nicht.

LAUT: Wer kam auf die Idee, in den Studios von Phillip Boa auf Malta aufzunehmnen?

Toni: Der Vorschlag kam von der Plattenfirma und da wir auch so etwas wie Hintergedanken an Ferien hatten, waren wir natürlich einverstanden. Andere Inspirationen, das Urlaubsfeeling ... Das waren halt mal ein paar andere Einflüsse.

LAUT: Habt ihr eigentlich schon mal daran gedacht, ähnlich wie Atrocity, ein Album mit Coverversionen der 80er aufzunehmen? Schließlich legt ihr ja großen Wert auf eure Wurzeln

Dennis: Nein, definitiv nicht, wir wollen nämlich niemanden kopieren. Wir haben auf unserer ersten Scheibe 'nen Song von Depeche Mode und wollten auch für die Tour noch 'ne Coverversion einproben, das hat aber nicht mehr hingehauen und jetzt wird es wegen dem Video zur neuen Single zu knapp dafür. Wenn, dann ist sowas als Präsent für die Fans gedacht, nicht für kommerzielle Zwecke.

Toni: Wir covern schon Songs im Proberaum, aber dann sind das nicht unbedingt Songs aus den 80ern sondern auch mal was von Pantera oder ähnlichem.

LAUT: Du hast von einer neuen Single gesprochen. Welcher Song wird das sein und wann kommt er raus?

Dennis: Der Song heißt "If You Ever Leave Me Standing" und steht ab dem 30.10. in den Läden. Zwei Wochen früher wird das Video dazu auf Rotation bei VIVA und MTV sein. Die Arbeiten am Video starten jetzt am Wochenende bei Wuppertal zusammen mit Nick Lion, der schon "Here Comes The Pain" und alle anderen Videos mit uns gedreht hat. Wenn es so umgesetzt wird, wie es geplant ist, dürfte es sehr interressant werden. Wir hatten auf jeden Fall die letzte Entscheidung. Hey, da kommt Till (dr) aus der Dusche.

LAUT: "While God Was Sleeping" kommt sehr pastoral rüber. Da ich selbst eine dunkle Vergangenheit als Ministrant habe, drängt sich mir die Frage auf, ob das beabsichtigt war und ob da vielleicht sogar ein ähnlicher Background vorliegt?

Dennis: Klar war das beabsichtigt, der Grund für die Melodie könnte aber auch darin liegen, dass der Song während der Weihnachtszeit entstand und wir in weihnachtlicher Stimmung waren (Glühwein lässt grüßen, Anm.d.Verf.). Es klingt sehr fröhlich und melancholisch, ähh, ein metallisches Weihnachtslied eben.

Till: Hätte Jesus in 'ner Metal-Band gespielt, wäre sowas dabei rausgekommen.

LAUT: Genau, und hätte Petrus schneller gerudert, wäre Jesus über den See Genesaret Wasserski gefahren. Aber ich will euch nicht länger nerven. Nur noch eins, was war die letzte CD die ihr euch gekauft habt?

Toni: Ich habe mir gerade heute morgen die Roots gekauft, ist 'ne ziemlich geile Hip Hop-Band und die letzte Air-Scheibe. Davor kam aber "Dead Heart In A Dead World" von Nevermore. Als alter Metalhead braucht man sowas.

Dennis: Ich habe mir die neuste Titan gekauft, das sind so Elektrolurchies aus Mexiko, ziemlich strange.

Till: Die letzte neue CD war "Stiff Upper Lip" von AC/DC und noch'n paar Klassiker, die ich schon auf Vinyl hatte.
"Scream Bloody Gore" von Death zum Beispiel.

Toni: Ich brauch' übrigens die alten Cannibal Corpse-Scheiben auf CD, die "Eaten Back To Life" und "Butchered At Birth", kannst du mir die besorgen?

LAUT: Ähh, hab' ich nur auf Vinyl, sorry.

Toni: Ach, Mist.

Till: Hey, die hab ich auch noch auf Vinyl, mit Originalcover.

Alle: Wooooooooaahhh!

Toni: Ja, und die alte Death Angel, "Act Three" und "As Darkness Descends" von Dark Angel, hab ich mir letzthin auch geholt.

Die Farmer Boys spielen am 18. November im Rahmen der Verleihung der German Alternative Music Awards in der Hamburger Markthalle. Zwei Wochen später sind sie auf den "Jack Daniels Rock Nights" gemeinsam mit Dog Eat Dog und Sub7even noch in fünf deutschen Städten live zu sehen.

Das Interview führte Michael Edele.

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