• Vor 16 Jahren

    Das trifft es ganz gut. Ich feier das Album nach wie vor. Und immer noch so gut wie jeden Track. Nur "Wenn ich Reich bin" gefällt mir inzwischen nicht mehr.

  • Vor 16 Jahren

    Greckoe – „Typisch Griechisch“

    Zu gern würde man Greckoe in eine Schublade stecken. Erstens ist sein gesamtes Umfeld eher durch fragwürdige Inszenierungen als durch derbe Raps bekannt. Zweitens ließen die Single und der Albumtitel vermuten, man würde es mit dem nächsten Ethno-Rapper zu tun bekommen. Selbst nach einem ersten Durchlauf könnte man auf die Idee kommen, der Hobby-Grieche würde auf den Zug der deutschen Eminem-Klone aufspringen. Wer sich aber von diesen Punkten abschrecken lässt, verpasst fahrlässig eines der ungewöhnlichsten Debüt-Alben der letzten Deutschrap-Jahre.

    Während die gesamte Szene mitten in einer Identitätskrise irgendwo zwischen alter Realness (http://www.youtube.com/watch?v=y9iYqpdUoM0), Phrasendrescherei (http://www.youtube.com/watch?v=h8nA_uOcEnc), neu erlangter Pseudoweisheit (http://www.youtube.com/watch?v=52emOs0WOAA) und schlichtweg totalem Ausverkauf (http://www.youtube.com/watch?v=r3fsi5aFhSU) vor sich hinvegetiert, traut sich Greckoe ein Album zu droppen, das abseits aller Ghetto-, Drogen- und Gewaltphantasien stattfindet. Im Gegensatz zu seinem mehr als soliden Mixtape „Ein Level Weiter“ aus dem letzten Jahr verzichtet er beinahe komplett auf Battle-Lyrics und setzt stattdessen thematisch auf eine gesunde Mischung aus Alltagsgeschichten, Problemen zwischen Männern und Frauen und Liebesbekundungen an den Hip-Hop. Die sich sonst bei fast jedem Newcomer automatisch stellende Frage über Authentizität oder Realness erübrigt sich bei Greckoe sofort. Statt mit Übertreibungen punkten zu wollen, stellt er die Sympathie und seinen jugendlichen Charme in den Vordergrund. So kauft man ihm sowohl die meist eher witzig gehaltenen Representer („Wenn ich reich bin“, „Greckoe“) als auch die Seitenhiebe an den mittlerweile zu Recht in Verruf geratenen Image-Rap („Der Wendepunkt“, „Ein bisschen mehr“) ohne weiteres ab. In „Arm und Reich“ zusammen mit Homie Butch (der den einzigen erwähnenswerten Feature-Part beisteuert) gelingt diese Genre-Kritik sogar auf witzige Weise als Gegenüberstellung der für Gansta-Rapper üblichen Klischees eines ständig hungernden Menschen aus der Unterschicht gegen das Bling-Bling-Gehabe.

    In technischer Hinsicht grenzt sich der Berliner klar von dem aktuellen Wahnsinn des mehrsilbigen Reimgemetzels samt hoher Punchlinedichte ab und punktet vor allem durch Stimm- und Flowvariationen sowie eine Lockerheit, von der sich jeder der heute kommerziell erfolgreichen Rapper eine dicke Scheibe abschneiden sollte. Egal welches Thema er anfasst, egal welche Stimmung er vermittelt, er hat immer die passende Vortragsart parat und wirkt nie unmotiviert. Egal, wie schlecht ein Beat ist, Greckoe schafft es stets eine Präsenz aufzubauen, bei der die musikalische Untermalung fast vollkommen in den Hintergrund gerät.

    Bei all der Begeisterung hat die Scheibe jedoch objektiv betrachtet einige unübersehbare Schwächen, die in dieser Form allerdings keinen überraschen sollten. Dass der Hausproduzent Diego nicht zu der Liga der Top-Beatbastler unseres Landes zählt, dürfte jedem interessierten Rap-Hörer ebenso geläufig sein wie der Fakt, dass Greckoes Labelkollegen, die selbstverständlich den größten Teil der Features ausmachen, nicht in der Champions League der deutschen Rapper mitspielen. Manch einer würde außerdem den hohen Anteil an Liedern über das andere Geschlecht oder den für Sektenmuzik üblichen Quotentrack zum Thema Schulkritik („Sie vestehen’s nicht“) als pubertär oder gar „zielgruppengerecht“ abstempeln. Starke Geschmackssache ist wohl auch der schwer nachvollziehbare Trend zu eigens gesungenen Hooklines, den Greckoe leider ohne Skrupel weiterverfolgt.

    Den Hauptkritikpunkt bildet aber die teilweise (zum Glück spärlich verteilte) Fokussierung auf das Klischee eines ewig feiernden, gut gelaunten Griechen. Die überzeugten Rucksackträger werden als erste aufschreien, dass ein guter Rapper eine Selbstdarstellung dieser Art eigentlich nicht nötig hätte. Allerdings sind sie dann wohl auch die ersten, die ihm diesen Aufhänger verzeihen, sollte das Album tatsächlich „Der Wendepunkt“ für die kommerzielle Szene werden. Für die Zukunft bitte mehr Persönlichkeit, weniger Inszenierung und niemals anfangen mit Verkaufszahlen anzugeben. Dann hat sido wenigstens als Labelboss auch im heutigen Game seine Existenzberechtigung. Vorausgesetzt er lässt Greckoe mehr Freiheiten als er selbst bei Aggro hatte…

    Wertung: 3/5

    PS: Nein, ich hab nicht vor, einen Blog zu eröffnen. Die Review ist ne einmalige Sache und wird nicht außerhalb der .Bar veröffentlicht. Wollte nur schon immer mal eine schreiben. Feedback trotzdem willkommen. Thx @Scarface 4 "Ethno-Rapper" (Copyright und so)

  • Vor 16 Jahren

    Schöne Review. ;)

    Ich feier die Platte wohl trotz der Kritikpunkte (und es sind genau die gleichen, die du genannt hast, obwohl ich Fuhrmann auf diesem Album sogar gut finde) und auch wenn das Klischee des Griechen natürlich andauernd aufgegriffen wird, ist es doch gerade das, was Greckoe für mich so sympathisch macht.

    Andere Rapper reiten auch andauernd auf ihrer Herkunft rum, reden von Ehre und Respekt und ziehen gerade diese Werte im nächsten Track gnadenlos durch den Dreck.

    Greckoe hingegen greift auf positive Werte zurück, die auch für mich als Deutschen (das mag vielleicht komisch klingen, aber wenn z.B. Massiv oder ähnliche über das Kanacken-Dasein reden, dann ist das für mich einfach nicht nachvollziehbar, nicht, weil ich es nicht kenne, sondern weil es meine Einstellung nicht trifft) sehr sympathisch und auch nachvollziehbar wirken. Teilweise trifft er sogar genau meine Meinung. Der Track über das Schulsystem ist so ein Fall. Natürlich greift er dabei eigentlich nur etwas auf, dass schon tausende vor ihm gesagt haben (so wie Tareec mit seinem Rotz-Track), aber er macht es auf eine frische und unverbrauchte Art.

    Und genau diese Art macht für mich das Album so gut. Sogar zum zweitbesten Album des Jahres. Es gibt sicherlich tausende Rapper, die ähnliche Aussagen haben, aber für mich schafft Greckoe den Spagat zwischen dem lockeren Backpacker-Hip-Hop und dem ernsten und aggressiven Gangster-Rap ohne irgendein Klischee von beiden Fraktionen aufzugreifen. Natürlich kommen seine Label-Kollegen nie aus diesem Battle-Rap-Kreis, aber wenn man vergleicht, wie Greckoe mit ihnen auf dem zweiten Sampler zusammengerappt hat, ist das, was er auf seinem Album macht, doch deutlich stärker und auch seine Leute sind besser.

    Besonders starke Feature-Gäste sind ja Bobby und Sido.

    Deswegen bleib ich bei meiner Wertung: 4.5/5

    Damit ist es genauso gut für mich wie SBM, aber SBM pumpe ich einfach öfter.

  • Vor 16 Jahren

    Danke :o
    Würde "subjektiv" wohl 4/5 geben, wollte es mal aus einer anderen Perspektive schreiben. Der Griechen-Scheiß stört mich auch überhaupt nicht, wäre aber "objektiv betrachtet" ein Kritikpunkt. "Ein Bisschen Mehr" gefällt mir als Track auch gut, die Feature-Parts sind trotzdem nichts herausragendes, da hat mich dieser Butch deutlich mehr geflasht

  • Vor 16 Jahren

    Nicht schlecht. Objektive Wertung liegt den wenigsten, ich behaupte einfach mal, dass selbst einige laut-Redakteure das nicht beherrschen. Besonders bei einer Sache wie Musik. Völlig frei ist man von Subjektivität sicher nie, aber trotzdem so zu unterscheiden...

    Aber gut, ich weiß auch, was an dem Album schlecht ist. Ich kann mir auch gut vorstellen, dass es sicher Leute gibt, denen das Album gerade wegen den Kritikpunkten nicht gefallen könnte (und ich habe sogar jemanden gefunden, der es wegen den Beats und dem Inhalt nicht feiert (dafür aber HMP)).

    Ich hab ja schon gesagt, dass ich "Wenn ich Reich bin" nicht mehr gut finde. Welche Tracks ich aber wirklich feier, noch nicht.

    Typisch Griechisch
    Die Verstehen's Nich
    Ein Bisschen Mehr (ft. A.i.d.S.)
    Erinner Dich
    Kein Wort
    Platz Da (ft. Freddy Cool & Fuhrmann)

    Die restlichen Tracks find ich wohl auch stark, aber gerade diese 6 sind wirklich dermaßen gut, dass sich das Album absolut von der Masse hervorhebt.