2. Oktober 2000
"Wenn wir Preise gewollt hätten, wären wir Sportler geworden"
Interview geführt von LAUT-RedaktionThemen des Gesprächs waren das neue Album "Warning", Napster, Grammys und andere Preise sowie die asiatische Mentalität.
Ihr drei habt jetzt alle Kinder. Inwiefern haben sie euch beim Songwriting oder bei den Aufnahmen zu "Warning" beeinflusst oder inspiriert?
Mike: Frag Billy, er hat die meisten Lyrics geschrieben!
Billy Joe: Ich glaube, es gibt mir mehr das Gefühl, das mein Leben einen Zweck hat. Die Tatsache, ein Vater zu sein bringt mich dazu, ein stärkeres Individuum sein zu wollen. Ich versuche, meinen Söhnen ein gutes Beispiel zu sein, dass sie als verantwortungsvolle, feinfühlige junge Männer aufwachsen. Ich denke auch, es hat... Hast du die Scheibe gehört?
Ja!
Billy Joe: Okay. Wir haben einen Song namens "Misery" aufgenommen. Er klingt ein bisschen wie etwas aus einem Walt-Disney-Film. Ich denke, sie hatten mehr Einfluss, als man glauben mag.
Inwiefern war die Atmosphäre bei den Aufnahmen zu "Warning" anders, als bei euren vorigen Alben?
Tré: Wir haben "Warning" in Oakland aufgenommen, wo wir leben. Wir konnten also nachts oder morgens einfach nach Hause gehen. Das war auf jeden Fall ein Vorteil für uns. Auch, dass wir nicht in Los Angeles waren.
Mike: Unser Umfeld war einfach dabei, als wir in den Aufnahmen steckten.
Ihr hattet also eine sehr familiäre Atmosphäre bei den Aufnahmen?
Mike: Nein, nicht wirklich familiär. Klar, wenn man Freunde als Familie betrachtet. Aber das meine ich nicht. Wir hatten unsere Freunde und unsere Stammkneipe in der Nähe. Nach den täglichen Aufnahmen sind wir in unsere Stammkneipe gegangen, haben dort mit unseren Freunden abgehangen, ein paar Bier getrunken. Danach konnten wir mit unseren Familien abhängen. So war es nicht jeden Tag, aber es ist definitiv wichtig, diese Dinge um sich zu wissen, deine Freunde, deine Familie und deine Stammkneipe.
Tré: Alle heimischen Quellen sind für einen da.
Mike: Ja, und alle Quellen für Inspiration sind in deiner Nähe.
Was könnt ihr über die musikalischen Unterschiede zwischen "Nimrod" und "Warning" sagen?
Tré: Es sind mehr akustische Elemente auf "Warning", mehr "mad beats"…
Mike: Es gibt mehr "percussive beats" für die Gitarre…
Tré: Andere Grooves, mehr Variationen…
Mike: …Ich denke, ich habe Sachen für den Bass geschrieben, die meinen 50er-Einflüssen nahekommen.
Tré: Die Texte sind besser! Es ist wie die nächsthöhere Sprosse auf der Leiter, es ist die nächste abgedroschene Phrase, die aus meinem Mund kommt...
Würdet ihr sagen, dass "Warning" euer bestes Album ist?
Tré: Ja, ihr kleinen, verrückten Käufer!
Oder ist es nur anders?
Tré: Es ist unser bestes Album. Wahrscheinlich das beste überhaupt!
Billy Joe: Yeah, ich liebe die Scheibe, ich bin wirklich sehr zufrieden mit ihr. Ich werde nicht versuchen, sie jemandem zu verkaufen. Ich werde nicht versuchen, Werbung dafür zu machen. Ich denke, zu versuchen, die Platte mit mir als Verkäufer zu verkaufen, würde sie herabsetzen.
Mike: Natürlich möchte ich unsere anderen Platten nicht herabsetzen. Ich denke es ist eine andere Platte, aber es ist eine Platte mit Green-Day-Qualität. Wenn man Fan von uns ist, wird man das verstehen. Wenn nicht, leiht sie von euren Freunden aus und hört sie euch an, wenn ihr euch danach fühlt.
Tré: Entscheidet selber.
Was denkt ihr über die solche Leute, die euer neues Album bereits haben und es bei Napster anbieten, bevor es veröffentlicht ist?
Billy Joe: Es ist mir egal.
Ist es das wirklich?
Billy Joe: Ja, das ist es.
Viele Leute benutzen Napster, um Material herunterzuladen, das sie interessiert, und wenn es ihnen gefällt, kaufen sie die Platte. Glaubt ihr, dass es ein Mittel zur Vermarktung sein könnte für euch?
Mike: Ich denke, Napster trifft nur solche Songs wie "Macarena", wo der Rest des Albums wahrscheinlich nur ein Haufen Scheiße ist und nur ein Song sehr, sehr eingängig. Wenn es auf dem Album einen erwähnenswerten Rest gäbe, wäre es wahrscheinlich die großartigste Sache der Welt.
Tré: Man wird die CD kaufen müssen, weil man einfach nicht seinen Computer auf die Schulter nehmen kann und zum Strand gehen kann, um die Musik dort zu hören.
Billy Joe: Unser Hauptziel ist: Wir wollen in erster Linie gehört werden. Und dies ist nur ein weiterer Weg, gehört zu werden. Leute haben illegal kopiert oder Bootlegging betrieben, seit Tonträger veröffentlicht werden, seit man die Möglichkeit hat, Musik zu überspielen. Also, egal wo man die Platte finden kann, ich hab nichts dagegen.
Mike: Es ist doch nur ein Weg, zu teilen. Eines Tages kommen wir bei dir vorbei und teilen einige deiner Sachen!
Seid ihr manchmal im Web unterwegs, um eure Fanpages oder eure offizielle Seite zu besuchen?
Mike: Ich persönlich versuche, diesem Scheiß fern zu bleiben. Wenn wir unseren Fans etwas schreiben wollen, schreiben wir es auf ein Stück Papier oder tippen es Hause und geben es den Leuten bei unserem Label, die unsere Website machen und es da draufsetzen können. Ich möchte mir mit so was echt keinen Kopf machen.
Tré: Wir haben nichts dagegen, hin und wieder Online-Chats zu machen oder Fragen zu beantworten, aber dazu ist nicht viel Zeit vorhanden.
Mike: Ich muss mir dort so viele Bilder von mir selbst anschauen... Offensichtlich denken andere Leute anders darüber! (lacht, sieht zu Billy hinüber)
Ihr habt gerade in Japan gespielt. Was denkt ihr über das Publikum dort? Ist es anders als das in Amerika oder Europa? Moshen oder pogen sie weniger als die Leute in anderen Erdteilen?
Mike: Weißt Du, woraus ihre Ernährung besteht? Aus purem Protein. Pure Kohlehydrate. Länger, schneller, härter als irgend jemand auf dem Planeten.
Billy Joe: Wir hatten dort großartige Auftritte. Es ist unglaublich. Es sind sehr nette Leute dort.
Tré: Die Alltagsgesellschaft in Japan ist sehr unterdrückt und es gibt so viele Regeln dort. Wenn die Leute dort also ausgehen und wild verrückt spielen können, tun sie es sofort. Es gibt dort einen Bedarf nach Befreiung.
Mike: Bevor wir nach Japan gefahren sind, habe ich die Gegebenheiten in den USA als selbstverständlich angesehen. Aber in Asien im allgemeinen ist die einzige Menge an Raum, mit der man geboren wird, sein Eigentum für das ganze Leben: Nämlich der Raum zwischen seinen Ohren (deutet auf seinen Kopf). Das ist alles. Und wenn wir da hineingelangen können, um diesen Raum für diese Leute zu erweitern und wenn wir sie an einen anderen Ort entführen können, als ihr überfülltes Haus oder ihre überfüllte U-Bahn oder was auch immer, dann bedeutet das diesen Leuten eine Menge. Ich habe einen Heidenrespekt vor dem Raum anderer Leute, weißt du. Diese Menschen wissen die Möglichkeit, von ihren Problemen für ein oder zwei Minuten abgelenkt zu werden, wirklich zu schätzen.
Billy Joe: Ich mag die Kultur dort. Sie ist großartig.
Tré: Respekt!
Vor fünf Jahren habt ihr einen Grammy bekommen. Bedeutet er euch etwas?
Billy Joe: Nein!
Mike: Ich hab aus meinem einen Bong gebaut!
Tré: Tatsächlich war das letzte Mal, dass ich daran gedacht habe, als wir ihn bekamen.
Mike: Mein Cousin hat meinen vor kurzem aus einer Kiste gezogen und es war ein Bong!
Tré: Der beste Preis, den wir bekommen können, sind die lächelnden Gesichter unserer Fans ! (würgt)
Mike: Ich würde diesen Preis gern den Kids widmen! (lacht) Wenn wir Preise gewollt hätten, wären wir Sportler geworden. Und wir sind so verdammt gut im Sport, es ist zum Lachen.
Was denkt ihr von solchen Bands ("New Voices") wie Limp Bizkit?
Tré: Limp Bizkit haben das wieder aufgehoben, was Body Count liegen ließen. Jemand musste es tun.
Mike: Ich weiß nicht so recht. Ich mag Gitarren, Drums und Bass. Andere Dinge sind... Niemand kann mich zwingen, ihre Platte zu kaufen. Ich muss sie mögen. Oder ich muss sie irgendwie respektieren. Oder ich muss etwas davon haben. Also kaufe ich, was ich mag oder ich stehle, was ich mag. Ich muss rausfinden wie, aber wenn ich nicht genug Geld habe, um sie zu kaufen, warum nicht. Wenn ich mir einen Computer leisten kann... fuck it all, geht und kauft die Platte!
Ein Freund von mir sagte mir, dass "Time of your life" auf seiner Beerdigung gespielt werden soll, weil der Song ihm etwas bedeutet. Was sagt ihr dazu?
Mike: Würde es dir etwas ausmachen, wenn ich den Typen umbringe?
Tré: Ruhe in Frieden, mein Sohn!
Mike: Es ist echt verrückt. Wir haben einen Song gemacht namens "J.A.R.", den ich für einen Freund von uns geschrieben habe, der sich umgebracht hat. Er war einer von Billys und meinen besten Freunden. Vor Jahren brachte er mich dazu, ihm zu versprechen, fuckin' Freeberg bei seiner Beerdigung zu spielen. Und an diesem Abend musste ich ihn spielen. Ich hab mich gefragt: Warum hast du mich dazu gebracht, diesen Scheiß-Song bei dieser Beerdigung zu spielen? Ich persönlich mag es nicht, meinen Tod vorauszusagen, weißt du.
Gutes letztes Wort. Vielen Dank für das Interview!
2 Kommentare mit 5 Antworten
Das waren noch Zeiten!
Das waren echt noch anddere Zeiten! Die Zeiten haben sich verändert
Isso. Und weil du das mit der Zeit und der Veränderung so schön erkannt und messerscharf auf den Punkt gebracht hast, hat man dir auf Wikipedia sogar einen kleinen Absatz gewidmet:
In seinen Jugenderinnerungen eines alten Arztes nimmt er Bezug auf den „Heidelberger Binsenbub“. Dieser schnitt und verkaufte die für das Reinigen von Pfeifenrohren benötigten Binsen und galt den Studenten als Urbild geistiger Behinderung. Sie nannten Wahrheiten, die sogar der Binsenbub verstand, „Binsenwahrheiten“.
Da bin ich doch lieber Anhänger des Beelzebubs ihr Binsenbuben.
Du bist vor allem eines: ein lappenhafter Trottel
ich glaube hier ist jemand in der Zeit stehen geblieben. Lappen sagt seit Julien abgestürzt ist keiner mehr