laut.de-Biographie
Joachim Deutschland
Joachim Deutschland ... So kann man nicht heißen, so kann man nicht sein! Oder doch? Das Erste, was der Republik von Herrn Deutschland in Erinnerung bleibt, ist der sagenhaft dumme Text seiner ersten Single "Marie": "Schlampe, Drecksau, ich hoffe es geht dir schlecht!". Wenn er meint, sich so an seiner Ex-Freundin rächen zu müssen ... Das meine er doch gar nicht so, er werde immer missverstanden, rechtfertig Deutschland sich.
Aufgewachsen ist Deutschland als Christoph Johannes Joachim Faber. Sein Vater ist Trompeter der NDR Big Band, seine Mutter Jazz-Sängerin, als ihr Sohn 1980 in Stuttgart auf die Welt kommt. Zehn Jahre später zieht die Familie nach Rhen in Schleswig Holstein, kurz darauf weiter nach Hamburg. Eine ganz normale Jugend eben, ein wenig oft umgezogen vielleicht.
In Hamburg spielt Christoph Faber aka Joachim Deutschland im örtlichen Basketballverein, und das nicht gerade übel. Earvin "Magic" Johnson, der den Jungen 1995 in Monaco bei einem Chaka Khan-Konzert kennen lernt, empfiehlt Christoph weiter an eine High School-Mannschaft in San Diego. Also auf in die USA. Von der High School geht's aufs College und damit in eine Basketball-Mannschaft nach LA.
Basketball ist dem Herrn aber irgendwann nicht mehr genug. Er will höher hinaus. Also meldet er sich 2000 beim Militär - um Fallschirm zu springen. Doch auch dort folgt die Ernüchterung: nicht nur das amerikanische Bildungssystem ist beschissen, auch das Militär in den USA erscheint ihm schnell dumm und rassistisch.
So entdeckt Christoph die Gitarre für sich, verlässt 2001 das Militär und seine Wahlheimat USA. Zurück in Deutschland gründet er seine erste Band Echt Scheiße. Der Name spricht für sich. Weil scheiße sein ziemlich uncool ist, benennt sich die Combo schnell um. Aus Christoph wird Joachim Deutschland.
Sein Basser heißt angeblich Eddie Spießer. Nachdem der erste Drummer nicht so regelmäßig spielen wollte, wie die beiden anderen, sitzt kurze Zeit später ein Herr Manfred Orgien am Prügelpult. Der Name der Joachim Deutschland-Band ist geboren: Die Spießer-Orgien.
Sie haben Großes vor. Unter dem Motto "Deutschland für Deutschland" steuern sie auf den Grand Prix-Vorentscheid zu. Doch sie werden disqualifiziert. Nicht am für den Auftritt geplanten Song "Marie" stören sich die Juroren - ein auf Deutschlands Homepage veröffentlichter Song namens "Die Stoibers" sorgt für Aufruhr: Darin würden "die Ehefrau und die Töchter des bayerischen Ministerpräsidenten mit sexuellen Anzüglichkeiten beleidigt", kritisiert der NDR und schmeißt Deutschland raus. Also veröffentlicht die Band ihr erstes Album "Musik Wegen Frauen" und nennt ihre Mucke "Schwarz-Punk". Man könnte auch Pöbel-Rock dazu sagen.
Im Februar 2004 holt sein offenbar überstürzter Abgang beim US-Militär Joachim Deutschland noch einmal ein. Beim Versuch, in die USA einzureisen, wird er schon am Flughafen verhaftet und nach zwei Tagen Einzelhaft zu seiner alten Fallschirmjäger-Einheit nach North Carolina gebracht. Dort erwartet ihn eine "nicht ehrenhafte" Entlassung, die angeblich fünf Wochen dauert und hauptsächlich aus Latrinenputzen besteht.
Während des Militärarrests schreibt Deutschland, wenn man seiner Darstellung Glauben schenken darf, den Song "Schaf" für das Album "Rock Sei Dank", das im Februar 2005 erscheint. Man kann aber nicht feststellen, dass die existenzielle Hafterfahrung den Sänger irgendwie geläutert hätte. Tatsächlich textet Deutschland vielleicht nicht mehr ganz so platt und provokant wie früher. Von der dichterischen Legasthenie, die die FAZ am neueren Deutschpop diagnostiziert, bleibt aber auch er befallen, seine sprachlichen Bilder kommen oft ähnlich verquer daher wie die eigene Beschreibung des Albumsounds: der nämlich sei "Rock, auf den Punkt, lecker dreckig, nach Reinheitsgebot gebaut". Außer dem renommierten Jazzer Johannes Faber stehen ihm auf "Rock Sei Dank" Sascha Laumann am Bass und Dominik Scholz an den Drums zur Seite.
Schlagzeilen macht in der Folge jedoch weniger die Musik, sondern ein verwirrter Auftritt: Der Musiker tritt 2009 in Berlin nackt auf die Straße, pöbelt Passanten an und spricht eine Bombendrohung aus. Er muss sich danach in psychiatrische Behandlung begeben. Diagnose, sagt Deutschland im Rückblick: Psychosen. Diese hätten ihn schon seit 2005 verfolgt.
Auf seinem im April 2013 erscheinenden Drittwerk "Der Neue Deutschland" gibt der Rasta-Träger zu verstehen, dass er wieder Tritt gefasst hat im Leben. Mittlerweile ist er verheiratet und vierfacher Vater: "Mir geht's super, ich bin wieder voll da", beteuert Deutschland.
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