laut.de-Kritik

Das verrückte Genie, der Dub-Erfinder und Riddim-Schamane ist zurück!

Review von

Die CD beginnt und die Vögel zwitschern. Wie passend. Mit Zwitschern kennt sich Lee Perry schließlich aus. In seiner Hochphase dürfte er mehr Kräuter gedampft haben als jedes afrikanische Stammesoberhaupt und seine farbigen Pillen- und Pulver-Reservate sollen auch unerschöpflich gewesen sein. Mit diesem Abendbrot im Schädel ist er dann 1982 einmal halbnackt mit einer Machete in der Hand durch ein US-Städtchen gejoggt. Perry, der Verrückte.

Und in Sachen Musik: Perry, das verrückte Genie. Der Mann mit den dicksten Reggae-Tunes, der Dub-Erfinder, der Riddim-Schamane. Eben ein jamaikanischer E.T. Noch bevor man angesichts seiner früheren Heldentaten auf die Knie fällt, besorgt das der Feel Good-Groove von "10 Commandments" so eindrücklich wie ein tiefer Zug an Perrys Homegrown Gras. The Upsetter is back, ladies and gents!

Den Kopfnicker-Dancehall Reggae dominiert lieblicher Frauengesang mit unschwer zu deutenden Inhalten: "One love, one destiny: LSD - we love you Mister Perry". Der Geehrte selbst begnügt sich derweil, wie auch auf den restlichen 70 Minuten seines jüngsten Auftritts, damit, wirre Sprachfetzen durchs Mikro zu brabbeln, die mittels der Erfindung Hallgerät leger über den Tunes schweben.

Kennt man ihn, liebt man ihn. So ist "Message From The Black Ark Studios" einfach ein mordscooler Geister-Reggae geworden. Als hätten Perry tatsächlich die Dämonen heimgesucht, die ihn einst dazu veranlassten, im Drogenrausch sein eigenes Studio abzufackeln. "Holyness, Righteousness, Light" und "Jamaican E.T." dubrocken mit fetten Drums. Jeden Moment rechnet man damit, dass Stereo MCs-Rapper Rob in Perrys Flow-Marathon mit einsteigt. Wobei dem Song nichts an Qualität abzusprechen ist.

Denn genau darum geht es hier: wie viele Bands der Madman Perry in 35 Jahren Musikzirkus beeinflusst hat, ist beinahe jedem Track anzuhören. In "HipHop Reggae" und "Jah Rastafari, Jungle Safari" begeistern die Bassläufe, Gitarren quietschen dezent im gelungenen Funk-Experiment "Clear The Way" mit der vielsagenden Zeile "God bless Curtis Mayfield". Umgesetzt wird dessen Soul-Verständnis dagegen im eher flachen "Love Sunshine, Blue Sky", das mit traditionellen Soul Sisters Vocals aufwartet.

Kauft man dieses Perry-Werk, erlebt man eine in die Jahre gekommene, aber gut geölte Rhythmus-Maschine. Darüber thront Perrys Mitteilungsbedürfnis, das nach wie vor einem Endlos-Mantra mit Leierkastencharakter gleicht. Heute ist Perry stolze 65 Jahre alt und residiert in Zürich, angeblich "um die Banken der Welt kontrollieren zu können". Solange er nebenbei Zeit findet, weiterhin groovy Platten zu veröffentlichen, sollten wir unserem Lieblings-E.T. diesen Zeitvertreib gönnen.

Trackliste

  1. 1. 10 Commandments
  2. 2. I'll Take You There
  3. 3. Message From The Black Ark Studios
  4. 4. Holyness, Righteousness, Light
  5. 5. Babylon Fall
  6. 6. Mr Dino Koosh Rock
  7. 7. Hip Hop Reggae
  8. 8. Evil Brain Rejector
  9. 9. Jah Rastafari, Jungle Safari
  10. 10. Love Sunshine, Blue Sky
  11. 11. Clear The Way
  12. 12. Congratulations
  13. 13. Shocks Of Mighty
  14. 14. Jamaican E.T.
  15. 15. Telepathic Jah A Rize

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