Platz 1
PJ Harvey - "Let England Shake"
Wärmende Bläser, sanfte Offbeats, eingängige Melodien, dem Ohr schmeichelnde Dur/Moll-Wechsel: kein anderes Album von PJ Harvey ist dem Hörer so leicht zugänglich wie "Let England Shake". Während PJs fragile Stimme früher stets bedrohlichen Angriffen schwerer Gitarrenriffs ausgesetzt war, tragen und verstärken Gesang und Instrumentierung sich nun gegenseitig und bilden ein harmonisches Ensemble.
Diese musikalische Wieder- bzw Neu-Geburt der PJ Harvey spiegelt einen auch inhaltlich radikalen Themenwechsel wider. In ihren Texten befasst sich die Britin erstmals nicht mehr mit der inneren Zerrissenheit des Menschen, seiner Geworfenheit ins Dasein und dem Leiden an Liebe und Eifersucht, sondern mit der Außenwelt.
Dabei findet sie eindrückliche Bilder für ihre vom Krieg (gegen den Terror) zerrissene und von Schulden niedergedrückte Heimat aus der Perspektive einer ins Sakrale entrückten Kunst. Welchem deutschen Musiker würde man eine derart schonungslose und doch poetische Abrechnung mit dem eigenen Land zutrauen? Leider keinem.
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