Erik Kriek - "In the Pines: 5 Murderballads"
Bis ins 20. Jahrhundert hinein spielten Lieder über Mord und Totschlag eine wichtige soziale Rolle. Einerseits, um Kinder bei Laune zu halten (siehe Gebrüder Grimm. Offenbar waren die Racker, oder eher ihre Eltern, früher weniger zart besaitet als heute), andererseits auch die Erwachsenen. Wie sonst die langen Winterabende überstehen in Zeiten, in denen es noch kein Netflix oder überhaupt Fernseher gab?
Diese Tradition greift "In The Pines" mit fünf graphisch aufgearbeiteten "Murder Ballads" auf. Der Titel leitet sich aus einem Stück aus Lead Bellys Repertoire ab und bleibt interessanterweise außen vor. Mit dem Titel "Where Did You Sleep Last Night" schloss es Nirvanas "Unplugged"-Auftritt ab.
Oft hatten Mörderballaden eine erzieherische Funktion. Flittchen flirtet mit dem falschen Mann und wird dafür mit einem gewaltsamen Tod bestraft. Bösewicht vergreift sich an lieber Frau und muss dafür schmerzhaft büßen. Zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort zu sein, das ist natürlich auch ungünstig. So muss in "Long Black Veil" ein Mann an den Galgen, weil er eines Mordes beschuldigt wird. Er hat ein perfektes Alibi, will aber nicht preisgeben, dass er zum Zeitpunkt der Tat mit der Frau seines besten Freundes im Bett lag. Ein Klassiker aus dem Repertoire Johnny Cashs. Ebenfalls bekannt ist Nick Caves "Where The Wild Roses Grow", der sich in seinem bekanntesten Stück von Kylie Minogue begleiten ließ. Hinzu kommen das Traditional "Pretty Polly", Steve Earles "Taneytown" und Gillian Welchs "Caleb Meyer".
Der Niederländer Erik Kriek nutzt die Texte als Ausgangspunkt für eigene Geschichten. Dabei setzt er effektvoll schwarze Tusche, weiße Flächen und eine für jede Geschichte neue einzelne Farbe ein. Spannend, wenn auch nicht ganz jugendfrei. Wer die Lieder nicht kennt, darf sich zudem an der Begleit-CD freuen, die die erzählten Ballads und den Titeltrack in der Interpretation der niederländischen Bluegrass Boogiemen enthält.
Erik Kriek, "In The Pines". Avant-Verlag, 128 Seiten, 24,95 Euro. Wertung: 4/5.
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