Seite 8 von 23

Maynard James Keenan "A Perfect Union Of Contrary Things"

Worum geht's?

"A Perfect Union Of Contrary Things" beschreibt Maynard James Keenans Lebensweg von seiner Kindheit im Mittleren Westen über seine Zeit in der Armee und in der Kunsthochschule bis es schließlich Anfang der 90er mit dem Beginn der Story von Tool richtig spannend wird. So sähe eine herkömmliche Starautobiografie aus, aber weil Keenan ein wunderbarer Erzähler ist, fesseln einen auch die Kapitel, in denen er noch nicht im Rampenlicht stand. Vor allem weil seine Biografie nicht ohne Kuriositäten auskommt. Selbst für die eingefleischtesten Fans dürfte neu sein, dass Tierliebhaber Keenan in einer Zoohandlung in Boston nicht nur arbeitete, sondern dort auch ein neues Verkaufskonzept etablierte.

Obendrein erfährt man, wie Keenan als traumatisierter Elfjähriger lernen musste, mit dem frühen Tod seiner Mutter umzugehen und was er daraus für sich und seine Zukunft (die ihn u.a. zum Militär führte) ableitete. Es ist die Geschichte eines Outsiders, der mit wachem Verstand durch die Welt gegangen ist und sich früh und beeindruckend präzise für einen Lebensweg entschieden hat, der ihn schlussendlich zum Ziel führte: In die Welt der Kunst. Es lohnt sich daher, am Ball zu bleiben, auch wenn der Sänger am Anfang extrem weit ausholt und erst mal zig seiner Vorfahren vorstellt, die um das Jahr 1900 aus Italien eingewandert sind.

Wer hat's geschrieben?

Sarah Jensen, die Schwester eines Freundes, den Maynard noch aus der High School kennt. Der Sänger wollte ausdrücklich keine Autobiografie in der ersten Person verfassen, sondern eine Geschichte mit Rahmenhandlung, "in die du eintauchen musst, mit Einschüben von mir in meinen Worten, wenn gewisse Gegebenheiten oder Anekdoten danach verlangen." Das ist wunderbar gelungen. Dass Tool für Keenan nur einen von zahlreichen Lebensabschnitten darstellt, erkennt man schon an der Auswahl der Fotos: Keenan als Baby, Keenan als jugendlicher Wettkampfläufer, Keenan mit Sturmgewehr und, natürlich, Keenan mit Mädchen.

Wer soll's lesen?

Tool-Fanatiker, die sowieso seit Jahren nichts zu tun haben, außer sich mit A Perfect Circle zu trösten. Somit ist es auch nicht weiter schlimm, dass die sehr fordernde Sprachwelt des Sängers den Leser nach jedem dritten Satz zu einer kleinen Denkpause verpflichtet. Alles andere wäre bei einem Songwriter von Keenans Couleur aber auch enttäuschend gewesen.

Das beste Zitat:

Eines Nachmittags im Herbst kam Maynard nach Hause und hörte auf dem Anrufbeantworter mal wieder eine Nachricht einer redseligen Clubbesitzerin ab, die ihnen mal wieder einen unbezahlten Gig andrehen wollte. Tool sollten als dritte von sechs Bands spielen, schwärmte sie, Danny dürfe das Drumkit des Clubs benutzen, Getränke gingen aufs Haus und die Publicity für die Band sei unermesslich. 'Ich rief zurück und sagte: Hier ist der Deal, wir spielen als vorletztes und auf unserem eigenen Drumkit. Und du zahlst uns 100 Dollar Gage. Sie kreischte: Wer glaubt ihr dass ihr seid? Ich sagte: Ich bin der Typ, den du in Kürze zurückrufen wirst, wenn du gemerkt hast, wie sehr du uns brauchst.'

A Perfect Union Of Contrary Things*, Sarah Jensen, Hal Leonard, 274 Seiten, englisch, 15,90 Euro.

Wertung: 5/5. Text von Michael Schuh

Wenn du über diesen Link etwas bei amazon.de bestellst, unterstützt du laut.de mit ein paar Cent. Dankeschön!

Seite 8 von 23

Weiterlesen

Noch keine Kommentare