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Stevie Wonder - "Stevie At The Beach"

Es lässt sich nicht schönreden: Dieses Album ist ein ziemlich tiefer Griff ins Klo. Wir wollten es trotzdem nicht außen vorlassen, weil sich an diesem Zeitdokument, obwohl es musikalisch nicht überzeugt, dennoch allerlei ablesen lässt. Allem voran die Ratlosigkeit, die bei Tamla/Motown geherrscht haben muss, als sich einfach keine passende Schublade für ihren Wunderknaben finden ließ. Was haben sie nicht alles versucht! Als Jazzpianist haben sie Little Stevie Wonder hingestellt, haben ihn Ray Charles-Songs singen lassen ... und nu?

Man hat das Label-Meeting förmlich vor Augen: Geflasht vom Erfolg von Beach Boys und Konsorten, muss irgendwer mit dieser strunzdummen Idee angekommen sein: "Dieses Surfer-Ding ist doch gerade riesengroß. Lassen wir Little Stevie einfach das mal versuchen. Wir setzen ihn ans Meer und nennen das Ganze ... 'Surfin' Stevie'?" "Neeeiiin, viel zu komplex für das Strandvolk. 'Stevie On The Beach', das ist unmissverständlich. Und für alle, die schon so lange in der Sonne gesessen haben, dass sie es trotzdem nicht kapieren, schreiben wir noch einmal extra drauf, was drin ist. 'Stevie Wonder sings und plays his harmonica.' IN BLOCKBUCHSTABEN, damit es auch der letzte Wellenreiterdulli kapiert."

Nun, Stevie Wonder singt da wirklich, und er spielt seine Harmonica sogar höchst exzessiv. Das Konzept ging trotzdem nicht auf. Die Surfer-Community fiel auf die plumpe Anbiederei an den Trend nicht herein, noch nicht einmal eingefleischte Fans finden an diesem Album viel, das sich zu verteidigen lohnte. Das schaffte ja noch nicht einmal der Meister selbst: Stevie Wonder spricht nicht so wahnsinnig gerne darüber, diese Phase seiner Karriere bezeichnet er als "peinlich" und insbesondere "Harmonica Man" würde er am liebsten aus seiner Diskografie kratzen.

Wir feiern "Stevie At The Beach" trotzdem, zeigt das Album doch, dass selbst Weltkarrieren zuweilen nur mühsam in Schwung gekommen sind. Außerdem haben wir hier den Vinyl gewordenen Beweis: Ein misslungenes Projekt kann dich nicht aufhalten, wenn du es wirklich draufhast. Ist das nicht tröstlich? ... und jetzt: Gehen Sie weiter. Hier gibt es wirklich nichts zu sehen.

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Stevie Wonder - "Stevie At The Beach"*

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