Johannes Jimeno: Kanye West - "Devil In A New Dress"
"Devil In A New Dress" ist Luxus in Moll. Der Beat klingt nach teurem Stoff, der langsam verrutscht. Samplebasiert, aber so samtig, dass man fast vergisst, wie roh das Fundament ist. Mike Dean legt Gitarren über einen Soul-Loop, der aus einer anderen Zeit zu stammen scheint, und das Ergebnis ist pure Atmosphäre. Es ist dieser Moment, in dem Kanye die Nostalgie neu verpackt, mit weniger Rückblick und mehr Reinszenierung.
Kanye rappt hier wie ein Erzähler, der sich selbst zu gut kennt. Zwischen Arroganz und Einsicht, zwischen Mode und Moral. Seine Zeilen wirken fast beiläufig, aber jeder Punch sitzt präzise wie eine Handbewegung in einem Spiegelbild. Dann bricht das Gitarrensolo herein, langgezogen, warm, fast theatralisch. Mike Dean lässt die Saiten klingen, als würde er kurz alle Worte auslöschen, bevor die zweite Hälfte beginnt. Der Song atmet für einen Moment und evoziert eine Brücke zwischen Eitelkeit und Erlösung.
Dann kommt Rick Ross mit seiner endlosen Gravitas. Sein Verse ist kein schnödes Feature, sondern eine Klimax: schwer, selbstzufrieden, fast sakral. Während Kanye reflektiert, feiert Ross. Zwei Perspektiven auf denselben Rausch. Dieses Spannungsfeld macht den Beat so genial: Samt und Sünde, Studio und Straße, Vintage und Vision. "Devil In A New Dress" ist pures Kino und jeder Takt riecht nach Rauch, Leder und Hybris.
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