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Sofia Portanet

Auch 2021 wird es eventuell noch keine Konzerte geben - hast du noch Durchhaltewillen oder denkst du schon über einen Berufswechsel nach?

Sofia Portanet: Ich mache ja schon länger Musik und es gab Jahre vor der Pandemie, die für mich schwerer waren als jetzt. Für mich war 2020 trotz Pandemie-Start (karrieremäßig) ein gutes Jahr. Ich habe gerade erst mein Debütalbum veröffentlicht - es fühlt sich für mich an wie der Anfang. Außerdem durfte und darf ich trotz Pandemie einige Konzerte spielen - zwar den neuen Regelungen angepasst, aber immerhin. Ich denke also nicht darüber nach, jetzt meinen Beruf zu wechseln. Mein Durchhaltewillen wird vielleicht gerade etwas getestet, aber er ist auf jeden Fall da! Einfach ist es nicht, denn der Beruf ist ohnehin hart und durch die Auflagen umso mehr. Manchmal denk ich schon: "Hätte ich bloß nicht diesen Drang, Musik zu machen, dann wäre im Leben vieles bequemer." Aber es gibt etwas, was mich dabei hält, so ein tiefes, nicht wirklich zu erklärendes Gefühl. Ich denke jeder andere Künstler wird wissen, was ich meine.

CTS Eventim brachte jüngst ins Spiel, den Konzertbesuch an eine Impfung zu knüpfen. Der Ethikrat erteilte jeglichen Privilegien für Geimpfte eine Absage. Wie stehst du dieser Thematik gegenüber?

Es ist ein sehr heikles Thema. Ich verstehe, dass nach Wegen gesucht wird, Konzerte wieder möglich zu machen, denn das wünschen wir uns ja alle. Dabei sind Hygiene-Konzepte und bestimmte Regelungen natürlich auch wichtig. Aber es gibt einen großen Unterschied zwischen Regelungen, die sozusagen 'außen' stattfinden und Regelungen, die den Körper der Menschen betreffen.

Verschwörungstheorien haben Konjunktur. Obwohl Umfragen zufolge eine Mehrheit der Bevölkerung die Maßnahmen der Politik stützt, bröckelt die Zustimmung zu Maskenpflicht, Impfnotwendigkeit und harten Lockdownregeln. Gehen auch in deinem Freundeskreis die Meinungen auseinander?

Ja, die Meinungen in meinem Freundeskreis gehen auseinander. Es halten sich zwar alle an die Lockdownregeln, aber manche kritisieren und hinterfragen sie mehr als andere. Ich habe gemerkt, dass die Einstellung auch oft (nicht unbedingt immer) damit zusammenhängt, wie hart die jeweiligen Personen von den Maßnahmen betroffen und in ihrer Existenz gefährdet sind. Künstler, die seit März 2020 Berufsverbot haben oder Personen, die durch die Auflagen ihre Unternehmen/Lokale schließen mussten (teilweise eben leider auch definitiv), hinterfragen und kritisieren in meinem Umfeld die Auflagen mehr, als diejenigen, die eine feste Anstellung haben und trotz Corona-Krise ein geregeltes Einkommen haben. Auch was den Impfstoff betrifft sind die Meinungen in meinem Umfeld sehr unterschiedlich.

Welche Lehren ziehst du für dich aus dieser historischen Zäsur? Hast du dich als Person verändert?

Man weiß es zwar irgendwie, aber ich habe definitiv stark spüren können, dass wir Menschen mehr sind als die Summe Einzelner, dass wir Teil sind von etwas Größerem und alle auf dieser Welt verbunden sind. Auch das Planen hat plötzlich eine ganz andere Bedeutung bekommen. Es hat schon fast etwas Absurdes. Dazu fällt mir dieses Gedicht von Brecht ein:

"Ja, mach nur einen Plan!
Sei nur ein großes Licht!
Und mach dann noch 'nen zweiten Plan
Gehn tun sie beide nicht.
Denn für dieses Leben
Ist der Mensch nicht schlecht genug.
Doch sein höhres Streben
Ist ein schöner Zug"

Die Wahl-Berlinerin Sofia Portanet veröffentlichte letztes Jahr ihr Debütalbum "Freier Geist". Heute Abend spielt sie ein Konzert in Bremen, für das man hier Tickets kaufen kann. 2022 geht sie auf Tournee.

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