Hip Hop hat jetzt Abitur? Ach, was.
Irgendwie kamen mir die knapp zehn Minuten in Cornells Bibliothek um Welten informativer vor als dieser taz-Artikel, in dem Nicklas Baschek sich mit der "Verbürgerlichung der Rap-Kultur" befasst. " Hip Hop ist seit Jahren fest in der Hand der bürgerlichen Mittelschicht." Um zu dieser bahnbrechenden Erkenntnis zu gelangen, genügen - wie eigentlich immer, wenn sich Mainstream-Medien mit Rap auseinander zu setzen vorgeben - wieder einmal die überstrapazierten Beispiele Cro, Casper, Prinz Pi und Marteria.
Daneben gibt es in der Wahrnehmung des Verfassers immerhin noch "die altbekannten Härtner wie Sido oder Kool Savas", die "ebenfalls längst die Leistungsideologie predigen", und - oho! "Ja, es gibt den Gangsta-Rap noch, natürlich. Haftbefehl zum Beispiel, den mit den Chabos, die wissen, wer der Babo ist. Oder Kollegah, der 'Steroidrapper'."
"Yeah, auch die Unterschichtsrapper machen jetzt Abitur. Es ist aber umgekehrt: Diejenigen, die Abi machen, machen jetzt eben auch Rap. Und erlangen im Schulterschluss mit uns Schreiberinnern nach und nach eine Deutungshoheit über ein Terrain, das mal als identitätsstiftendes Moment derjenigen gedacht war, die sich das Recht zur Schwäche, Innerlichkeit, 'Unmännlichkeit' nicht ohne Weiteres nehmen konnten." Äh ... bidde?
Mit Verlaub: Ich hab' diesen Artikel inzwischen tatsächlich mehrfach gelesen (Warum nur?) und trotzdem nicht den leisesten Hauch, was er mir zu sagen versucht. "Die Folge ist eindeutig." Echt? "Die Marginalisierten, die in den Geschichten und den Gesten größtmöglicher Souveränität mal eine Stimme erhalten haben, sie werden ein zweites Mal: marginalisiert."
Falls Baschek das tatsächlich als tragisch empfindet (ich bin mir, wie gesagt, noch immer nicht ganz sicher): Es marginalisiert und missachtet die ganze Kultur, ihre Künstler, ihre Anhänger und ihre Vielfalt, sie ein ums andere Mal an der Handvoll Interpreten erklären zu wollen, die einen solchen Mainstream-Erfolg eingefahren haben, dass selbst der desinteressierteste Kulturteil-Schreiber nicht mehr um sie herum kam. Lasst das doch bitte endlich.
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