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Picknick mit Bären

Ob es an Zavet lag? Keine Ahnung, jedenfalls meinte der YouTube-Algorithmus, mir hernach das hier vorschlagen zu müssen:

... und hinterher direkt noch einen älteren Song von ihr, diesen:

Linda Kraenkova ist das, oder schlicht Kraenkova, in Magdeburg geborene Hamburgerin mit Elternteilen aus Syrien und Belarus, und ich bin vollkommen ratlos, was davon zu halten ist. Einerseits ist das schlicht crazy gut gerappt, und die ständigen Wechsel von Deutsch nach Russisch, manchmal auch auf Englisch, und zurück sind zum Niederknien smooth.*

Andererseits hat es schon einen komischen Vibe, in Zeiten, in denen Russland Nachbarstaaten mit Krieg überzieht und sich der Rückendeckung von Belarus gewiss sein darf, ein Loblied auf sein slavisches Blut zu singen.

Wieder andererseits: Vielleicht tut Kraenkova das ja gar nicht, eine Textanalyse trau' ich mir echt nicht zu, nach einem halben Jahr Schulrussisch (danach ist der Lehrer gestorben, und das wars dann), das zudem schon über ein halbes Leben zurück liegt.

Einerseits posiert Kraenkova da im "Zarista"-Video mit einem verdammten Bären: arschcool.

Andererseits hab' ich TikTok-Schnipsel gesehen, die sie beim Handshake mit Sahra Wagenknecht zeigen: Okay, da bevorzuge ich doch entschieden den Bären.

Wobei: Als Kraenkova vor ein paar Jahren für die Linke für die Hamburger Bürgerschaft kandidiert und sich da entschieden gegen Waffenexporte ausgesprochen hatte, lagen die Dinge ja auch noch ein bisschen anders. Keine Ahnung, ob sie immer noch glaubt, dass Diplomatie ein gangbarer Weg zum Frieden ist, wenn eine Armee dein Land überrennt. Seh' ich zwar nicht, deswegen bleibt Frieden aber natürlich trotzdem ein erstrebenswertes Ziel.

Hm, so oder so: Ganz eindeutig hab' ich da bisher irgendwas verpasst. Mit dieser zweifellos irgendwie spannenden Frau werd' ich mich noch ein bisschen eingehender befassen. Demnächst mehr in diesem Theater.
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* Ursprünglich hatte ich an dieser Stelle eine schludrige Formulierung bezüglich Russisch und "Weißrussisch" im Text stehen, die mir zurecht eine Belehrung eingebrockt hat. Ein sachkundiger Leser wies mich auf dreierlei hin, das er daran kritisierenswert fand. Weil ich es sehr erhellend fand, teile ich gerne mit euch, was er schrieb, nämlich Folgendes:

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  • Es heißt Belarussisch, nicht Weißrussisch.

'Weißrussland' ist eine veraltete und politisch aufgeladene Fremdbezeichnung. Der respektvolle und sachlich korrekte Name lautet Belarus, entsprechend ist die Sprache Belarussisch. Die Bezeichnung 'Weißrussisch' spiegelt das russische Narrativ wider, das Belarus als 'kleinen Bruder' oder historischen Teil Russlands sieht - was besonders in der aktuellen geopolitischen Lage kritisch ist.

  • Belarussisch ist eine eigenständige Sprache.

Linguistisch steht Belarussisch näher am Ukrainischen und Polnischen als am Russischen. Es ist keine Variante oder Abwandlung des Russischen, sondern hat eine eigene Geschichte, Grammatik und Literatur.

  • Die Sprache ist politisch - und wird unterdrückt.

Menschen, die heute in Belarus öffentlich Belarussisch sprechen, setzen sich potenziell Repressionen aus. Die Sprache ist ein Symbol für Unabhängigkeit und Widerstand gegen das autoritäre Regime. Daher wirkt die flapsige Formulierung im Artikel leider verharmlosend – oder sogar ins Lächerliche gezogen.

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Uff, ja. Danke dafür. Manchmal schieße ich mir mit Schnodderigkeit eben in die eigenen Füße. Ich bitte alle Belarussisch sprechenden Menschen um Vergebung für meine Ignoranz. Ganz sicher wollte ich niemanden verletzen oder runtermachen. (Jedenfalls nicht an dieser Stelle.)

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