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Musik ist scheisse ohne dich.

Dass ich beim Wort "Café" gerade fast losheulen musste, dafür kann Silla wirklich nix. Schlimmer noch beim Wort "Mokka", und in der Kombination sind die Schleusen dann vollends geöffnet. Meine schweizerischen Freunde ahnen vielleicht, wieso: Vor ein paar Tagen starb, völlig unerwartet, der Mann, der Kopf und Herz und Leib und Seele des vielleicht schönsten Clubs der Welt gewesen ist: Beat 'Pädu' Anliker ist nicht mehr, erlegen in unverschämt zarten Alter von 59 Jahren einem Herzstillstand.

Seit drei Jahrzehnten führte er in Thun das Café Mokka, ein ungeheuer traumhafter Ort, dessen Großartigkeit niemand, der einmal dort gewesen ist, je wieder losgelassen hat - genauso wie niemand je den unfassbar großherzigen, unbequemen, irre anstrengenden, wahnsinnigen Kerl vergessen könnte, der dahinter ... stand, muss ich jetzt schreiben. Möh.

Ich bin verdammt oft dort gewesen, schon viel zu lange nicht mehr - und jetzt wird es nie wieder sein, wie es war. Erinnerungs-Highlight, eins von vielen: Gepäck im Zug liegengelassen, deswegen fünf Stunden später als angekündigt im Mokka angekommen, vom Hausherren an der Tür abgefangen und - "Du hast Hunger. Ich mach' dir was." - in den ersten Stock eskortiert worden. Widerrede? Eh keine Chance. Und dann sitzte mal eben am Tisch, backstage, und wirst bekocht - kurz vor Mitternacht, zusammen mit den Delinquent Habits.

Kommenden Dienstag wollte die Stadt, mit der er durch und durch verbunden war, MC Anliker mit dem Thunpreis ehren, "für meine stetige, unermüdliche Arbeit für das Wohle dieser Stadt", witzelte er gerade noch herum. "Sprich für 30 Jahre nicht Lockerlassen – und natürlich als Dank für 30 Jahre CAFE BAR MOKKA, dessen legendärer Ruf Thun, bei progressiven Menschen in der ganzen Schweiz, bekannt gemacht hat. Etwas, was vorher nur die Schweizer Armee fertig brachte, dies aber eher in negativem Sinn."

Die Preisverleihung findet trotzdem statt, nur handelt es sich jetzt um eine Trauerfeier.

Wer MC Anliker kannte, weint um einen der großen Wahnsinnigen mit einer Mission, von deren Sorte es viel zu wenige gibt und von der die Welt so dringend viele, viele mehr gebrauchen könnte. Wer ihn kannte, weiß, dass er über die Betroffenheit, die allüberall herrscht, schallend gelacht hätte. Aber, Pädu: Daran, dass wir jetzt traurig sind, kannst du nichts mehr ändern. Wie Greis schreibt: MUSIK IST SCHEISSE OHNE DICH.


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