Mai: Storys
Yo Mama Fromm: Die Frage dieses Monats dürften vermutlich die Kollegen von rap.de formuliert und auch gleich mit "Ja!" beantwortet haben: Braucht Deutschrap ein #metoo? Wir wissen: Das ewige Sexismusthema hängt euch zum Hals raus. Uns auch, das könnt ihr uns glauben. Aber so lange die Zustände sind, wie sie nun mal sind, werden wir dieses Thema wieder und wieder auf dem Tisch haben. Ich bin zwar überzeugt davon, dass es im hiesigen Hip Hop auch nicht wesentlich schlimmer zugeht als anderswo, Stichwort "Spiegel der Gesellschaft". Das entlässt uns, die wir - ob uns das gefällt oder nicht - in irgendeiner Form Teile der Szene sind, ja aber nicht aus der Verantwortung. Deswegen: Ja, ich find' nötig und auch gut und richtig, wenn wir vor der eigenen Tür kehren, und ich begrüße ausdrücklich (hallo!), dass sich diesbezüglich 2019 zunehmend ein Bewusstsein für eine existierende gesellschaftliche Schieflage entwickelt hat. Wäre schön, wenn das irgendwann auch da ankommen könnte, wo der Umsatz wohnt. So lange Majorschuppen wie Warner überhaupt kein Problem damit haben, mit misogynem Mist Geld zu machen, können wir intern vermutlich viel debattieren. Ändern dürfte sich wenig.
Dieser Yannik™: Es ist halt diese Mischung aus "Haben wir immer schon so gemacht" und "Alle anderen sind auch doof". Ich denke, es liegt an dieser seltsamen Nostalgie-Korrektur, wegen der jetzt ganz viel, was früher komplett normal erschien, auf einmal nicht mehr cool ist. Mir gehts persönlich mit dem Retrogott so, den ich eigentlich heiß und innig liebe. Aber als ich neulich mit einer queeren Freundin gechillt habe und beschloss, ihr ein bisschen Huss & Hodn um die Ohren zu hauen, war ich ein wenig entsetzt davon, dass ungefähr jede dritte Line sehr plump auf die Schwulen draufgehauen hat. Klar, Kontext, dies, das und es hatte ein ganz anderes Ziel, als homophob zu sein. Ich würde Kurt auch nie vorwerfen, deswegen jetzt ein schlechter Mensch zu sein.
Aber ich denke, jeder, der schon einmal in dieser schrägen Situation war, dass er Hip Hop von damals 2019 mit Freunden teilen wollte, wird gemerkt haben, wie normal eine Menge Blödsinn in der Szene damals war. Dass es ganz casual Lines übers Frauenschlagen geben kann, Rapper grabschen und weiß der Teufel was noch passiert, sollte dann niemanden überraschen. Aber es kann sich ja auch eine Änderung der Kultur vollziehen, ohne rückwirkend eine ganze Szene in Sippenhaft zu nehmen. Sondern man kann die absurde Misogynie, die man einfach für dem Rap zugehörig gehalten hat, als überholte Jugendsünde ansehen und damit umgehen wie mit der Tatsache, dass bis vor fünf Jahren Weiße in Rapsongs auf großen Skalen ohne jeden Skrupel das N-Wort gesagt haben. Das wäre dann Fortschritt.
2 Kommentare
Zu anstrengend viel dazu zu schreiben...aber wer den Retrogott nicht rafft, der sollte es einfach direkt lassen. Und mit "es" ist hier alles gemeint. Also man kann ja viel Homophobie und Frauenhass anprangern, aber wenn man beim Retrogott ankommt, dann sollte man sich fragem, ob die eigene scheinheilige Awareness nicht etwas am Ziel vorbei schießt.
Zumal selbiger sich von seinem Frühwerk mittlerweile so oft distanziert hat, dass ich mich schon frage, ob überhaupt irgendeine Recherche zu den Themen seitens der Kolumnisten stattfindet. Da wird über das "Deutsch-Rap-Me-Too" berichtet und der einzige Name, der zitiert wird, ist der Retrogott. Keine Pointe.