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Rage-Special, Pt. 3

2. Yeat - "Lyfe"

Folgendes: Ich weiß nicht, ob Yeat unbedingt der beste Artist auf dieser Liste ist. Aber er ist mit weitem Abstand die beste popkulturelle Figur. Er hat den Look, er hat dieses Ding, dass er laut jedem seiner Öffentlichkeitsauftritte ein wahrlich im Kopf gähnend leerer Dummbatz ist, der in seinen Songs all seine hedonistischen Tagträume auslebt. Aber er ist einfach ein guter Single-Artist, und das fehlt dem Rage-Genre gerade schmerzlich.

Es hat nämlich einen Grund, dass Yeat alle zwei Wochen mit irgendetwas viral geht und kommerziell zwei Ligen über allen anderen Hanseln hier steht. Er ist unberechenbar und macht eben nicht die ganze Zeit den gleichen Song. Seine stimmliche Vielfalt, seine nie ganz zu erwartenden Flows, seine absurde Persönlichkeit haben Nummern wie "Rich Minion" und "Talk" zu zertifizierten Hits gemacht. Das Potential, zwischendurch über Hits zu stolpern, macht "Lyfe" kurzweilig und unterhaltsam, einfach, indem es mehr markante Momente als die meisten anderen dieser Tapes liefert. Es ist Playlist-tauglicher als diese sonst eher für sich stehenden Rage-Monolithen, und die Songs stimmen für die kurze Laufzeit auch einfach. Da kann man nicht gegen diskutieren.

Rating: 4/5

1. Lancey Foux - "Life In Hell"

Wir bleiben am Leben und enden mit dem Projekt, das mir musikalisch am meisten Hoffnung gegeben hat: Die in Kollaboration unter anderem mit Kaytranada entstandene Platte "Life In Hell" enthält musikalisch wahrscheinlich am meisten Wagemut von allen Rage-Alben, die im Windschatten von "Whole Lotta Red" entstanden sind. Der Brite weitet seine Einflüsse deutlich aus, lässt manchmal nicht nur Figuren wie Frank Ocean oder Joji, sondern regelrecht die androgyne Pop-Experimentierfreude von Arca oder James Blake durchschimmern.

Heraus kommt ein Projekt, das sich fest in den Untergrund einsortieren lässt. Die Musik wechselt immer wieder die Songstruktur, es entstehen genuin inspirierende Momente des Experimentierens, zum Beispiel der aszendierende "Lies Will Set You Free", der mit seinen 4:50 Minuten im TikTok-Zeitalter-Musik quasi eine progressive Rock-Oper sein könnte. Der Closer "Wake Up / I'm Alive" geht sogar über die fünf Minuten hinaus.

Es gibt so viele Momente, die beweisen, dass Lancey die fundamentalen Ideen der Rage-Bewegung sehr gut versteht, aber eine etwas breitere Palette mitbringt als die meisten Opium-Goons. So hat er eine klangliche Landschaft geschaffen, die wirklich eine eigene Richtung einschlägt. Das Album hat Schwächen und Längen, ja, aber die Kreativität und der Mut erzeugen höhere Hochs, als der Rest auf dieser Liste abgeliefert hat.

Rating: 4,5/5

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