Georgienkrieg: Boykottiert Estland den Grand Prix?
vom 25. August 2008
Da der nächste Eurovision Song Contest im Mai 2009 in Moskau ausgetragen wird, denkt man in Estland laut darüber nach, den Wettbewerb zu boykottieren. Grund dafür ist die russische Georgienpolitik, so der estländische Rundfunkchef Magnus Allikmaa.
1. Kanada und Mexico wollen gar keinen Schutzschild, und sie haben gute Beziehungen zu den USA. Ob man es wahrhaben will oder nicht: Mexico will kein millitärisches Bündnis mit Russland. Die Zahl der Länder die ein Bündnis mit Russland haben will ist seltsamerweise sehr begrenzt (während komischerweise viele Länder in die NATO wollen). Seltsam, oder?
2. Die Aufregung der russischen Führung wegen des Schutzschildes ist schwer zu verstehen. Wenn man die Erdkugel anschaut sollte klar sein, dass das Schutzschild nicht vor Raketenangriffen Russlands schützen könnte (die Flugbahn Russland-USA würde über den Nordpol gehen). Sie könnten nur (falls sie überhaupt funktionieren) Raketen aus dem Nahen/Mittleren Osten abfangen. Die Aufregung ist ein Vorwand für Aufrüstung und Empörung.
3. Ich gebe dir Recht dass die Georgische Politik abenteuerlich und unvernünftig war. Ich kann aber die Genugtuung über die aggressive und masslose Reaktion Russlands nicht verstehen (vor allem wenn es von den gleichen Leuten kommt die sich über alles was die USA betrifft masslos empören, und zwar unabhängig davon ob die USA verhandeln, nicht verhandeln, eingreifen, nicht eingreifen, mit oder ohne UNO-Mandat, mit oder ohne NATO, egal - die Amis sind immer Schuld, an allem - aber das nur nebenbei) »):
Zu 1. Wenn das kleine Wort wenn nicht wer Mir ist schon klar das Mexiko und Kanada gute Beziehung zu den USA pflegen.
Zu 2. Ich sehe es so: Die Amis machen mal wieder was, was gegen den Willen der russischen Regierung ist und nur ihnen selber nutzt. Das Welt ist ein Dorf und meinen Nachbarn verärgere ich mir nicht. Man sollte sich auch mal daran erinnern dass die Amis den Russen nach Zerfall des Sowjetreiches versicherten, sie werden keine ehemaligen Sowjetrepubliken in die NATO aufnehmen. Die Russen haben ein großes Sicherheitsbedürfnis das wahrscheinlich genauso groß ist wie bei den Amis und da akzeptiert man einfach kein Raketenschild direkt vor seiner Nase.
Zu 3. Ich hab gefragt warum Rußland hier so schlecht wegkommt! Ich hab nie gesagt dass ihre Aktionen die über Süd-Ossetien hinausgingen nicht zu verurteilen sind. Ich bin auch heute noch der Meinung die Russen kennen sich am Besten mit dem Kaukasus aus und halte die Aufnahme Georgiens, nicht nur wegen Rußlands Bedenken, sondern auch wegen der Lage Georgiens für bedenklich. Kennst du alle Konfliktherde zwischen Ingutschen, Osseten, Abchasier, Armenier, Georgier, Aserbaischaner und Tschetschen?
@maomoondog (« Mir fehlen hier völlig die nachvollziehbaren Anhaltspunkte des von dir beschriebenen Verbrechens an der russischen Migrantenkultur im Baltikum. »):
Wo habe ich denn etwas von "Verbrechen" geschrieben??? Ich habe eher den Eindruck eines moderaten, teils skandinavisch-sozialdemokratisch geprägten National-Konservativismus. Nur muss man sich immer vor Augen halten, dass es von diesem Leitkultur-Ideal nur ein kleiner Schritt zum Ethnopluralismus - dem "Konzept der Neuen Rechten, das für die kulturelle Homogenisierung von (Staats-)Gemeinschaften eintritt" - ist. So wundert es einen auch nicht, wenn ein Artikel in der "rechtsintellektuellen" (ich habe heute meinen freundlichen Tag ) Zeitung "Junge Freiheit" gerade das Baltikum als Paradebeispiel für diese Thesen herausgreift: @Dr. Carl Gustaf Ströhm (« Ein besonderes Beispiel sind die baltischen Nationen, die Esten, Letten und Litauer. Besonders für die Esten stellte das "russische Problem" eine schwere Belastung dar. Fast ein halbes Jahrhundert waren die Russen als Sowjetmenschen unter dem roten Stern und Hammer und Sichel die unbeschränkten Herren des Baltikums. Den baltischen Nationen wurde von außen eine "fremde" Leitkultur aufgepropft. ... Wenn man so will, insistierten die Esten – um bei diesem Beispiel zu bleiben, aber die Letten und Litauer unterscheiden sich davon nicht prinzipiell – auf ihrer "estnischen Leitkultur", die geprägt ist von mindestens 700jähriger Zugehörigkeit zum skandinavisch-norddeutsch-hanseatischen Kulturkreis. Jeder Stein, jedes Denkmal, jedes Dokument und Bauwerk, welches bezeugen konnte, daß Estland (respektive Lettland oder Litauen) nicht zum ostslawischen, russischen, orthodoxen Bereich – sondern zum Westen, zum "germanisch-römisch Rechtssystem" gehörte, wurde sorgsam gepflegt, ausgegraben, wiederhergestellt. Sogar die großen deutschen Soldatenfriedhöfe westlich der Grenzstadt Narva wurden wiederhergestellt (nachdem sie unter den Sowjets plattgewalzt worden waren), um diese "westliche" Verbindung Estlands zu unterstreichen. »):
Ich werde das Forum nicht mit der Web-Adresse dieses Schmierblatts besudeln, aber der Artikel ist natürlich in Gänze online nachlesbar. Doch sind bereits in diesem Auszug die nur notdürftig von ziviler Sprachrhetorik verhüllten völkischen Elementen leicht auszumachen.
Die entscheidende, unbeantwortete Frage für mich bleibt weiterhin, was für die nächste Generation an einem solchen Gesellschaftsbild attraktiv sein kann.
@Kukuruz: Eine interessante Sichtweise, aber eben die des JF-Autors und vielleicht auch etwas selektiv. Denn das Verhältnis der Esten speziell zum (nord-)deutschen Kulturkreis ist ein keineswegs so ungetrübtes und verklärtes, wie es die Wiedererrichtung eines Soldatenfriedhofs andeuten könnte. Bis auf den heutigen Tag feiert man beispielsweise den 3. Juli als Siegestag im Gedenken an den Erfolg über die deutschbaltische Landeswehr 1919 und Nationalmythen wie die des estnische Freiheitskämpfer Lembitu sehen die 'Deutschen' zuweilen als jahrhundertelange Unterdrücker.
Das hanseatische Erbe Estlands und spezielle Tallinns spielt darüberhinaus eine touristisch verwertbare Rolle, während sich mit sozialistischen Plattenbauten und anderen Relikten keine ausländischen Devisen anlocken lassen. Dagegen erstrahlt noch heute die russisch-orthodoxe Alexander-Newski-Kathedrale als eine der herausragendsten Sehenswürdigkeiten der Altstadt in altem Glanz und ist weit davon entfernt, wie noch in den 20ern angedacht, abgerissen zu werden. Man denkt in Estland also mitnichten nur in nationalistischen/anti-russischen Kategorien, wie es Dr. Carl Gustaf Ströhm gerne sieht!
Da der nächste Eurovision Song Contest im Mai 2009 in Moskau ausgetragen wird, denkt man in Estland laut darüber nach, den Wettbewerb zu boykottieren. Grund dafür ist die russische Georgienpolitik, so der estländische Rundfunkchef Magnus Allikmaa.
Auch die anderen baltischen Länder Lettland und …
@Itämeri (ohne account) («
sorry dass ich mich schon wieder melde.
Es gibt da doch ein paar Punkte zum klarstellen.
1. Kanada und Mexico wollen gar keinen Schutzschild, und sie haben gute Beziehungen zu den USA. Ob man es wahrhaben will oder nicht: Mexico will kein millitärisches Bündnis mit Russland. Die Zahl der Länder die ein Bündnis mit Russland haben will ist seltsamerweise sehr begrenzt (während komischerweise viele Länder in die NATO wollen). Seltsam, oder?
2. Die Aufregung der russischen Führung wegen des Schutzschildes ist schwer zu verstehen. Wenn man die Erdkugel anschaut sollte klar sein, dass das Schutzschild nicht vor Raketenangriffen Russlands schützen könnte (die Flugbahn Russland-USA würde über den Nordpol gehen). Sie könnten nur (falls sie überhaupt funktionieren) Raketen aus dem Nahen/Mittleren Osten abfangen. Die Aufregung ist ein Vorwand für Aufrüstung und Empörung.
3. Ich gebe dir Recht dass die Georgische Politik abenteuerlich und unvernünftig war. Ich kann aber die Genugtuung über die aggressive und masslose Reaktion Russlands nicht verstehen (vor allem wenn es von den gleichen Leuten kommt die sich über alles was die USA betrifft masslos empören, und zwar unabhängig davon ob die USA verhandeln, nicht verhandeln, eingreifen, nicht eingreifen, mit oder ohne UNO-Mandat, mit oder ohne NATO, egal - die Amis sind immer Schuld, an allem - aber das nur nebenbei) »):
Zu 1.
Wenn das kleine Wort wenn nicht wer
Mir ist schon klar das Mexiko und Kanada gute Beziehung zu den USA pflegen.
Zu 2.
Ich sehe es so: Die Amis machen mal wieder was, was gegen den Willen der russischen Regierung ist und nur ihnen selber nutzt.
Das Welt ist ein Dorf und meinen Nachbarn verärgere ich mir nicht.
Man sollte sich auch mal daran erinnern dass die Amis den Russen nach Zerfall des Sowjetreiches versicherten, sie werden keine ehemaligen Sowjetrepubliken in die NATO aufnehmen.
Die Russen haben ein großes Sicherheitsbedürfnis das wahrscheinlich genauso groß ist wie bei den Amis und da akzeptiert man einfach kein Raketenschild direkt vor seiner Nase.
Zu 3.
Ich hab gefragt warum Rußland hier so schlecht wegkommt!
Ich hab nie gesagt dass ihre Aktionen die über Süd-Ossetien hinausgingen nicht zu verurteilen sind.
Ich bin auch heute noch der Meinung die Russen kennen sich am Besten mit dem Kaukasus aus und halte die Aufnahme Georgiens, nicht nur wegen Rußlands Bedenken, sondern auch wegen der Lage Georgiens für bedenklich.
Kennst du alle Konfliktherde zwischen Ingutschen, Osseten, Abchasier, Armenier, Georgier, Aserbaischaner und Tschetschen?
@maomoondog («
Mir fehlen hier völlig die nachvollziehbaren Anhaltspunkte des von dir beschriebenen Verbrechens an der russischen Migrantenkultur im Baltikum. »):
Wo habe ich denn etwas von "Verbrechen" geschrieben??? Ich habe eher den Eindruck eines moderaten, teils skandinavisch-sozialdemokratisch geprägten National-Konservativismus. Nur muss man sich immer vor Augen halten, dass es von diesem Leitkultur-Ideal nur ein kleiner Schritt zum Ethnopluralismus - dem "Konzept der Neuen Rechten, das für die kulturelle Homogenisierung von (Staats-)Gemeinschaften eintritt" - ist. So wundert es einen auch nicht, wenn ein Artikel in der "rechtsintellektuellen" (ich habe heute meinen freundlichen Tag ) Zeitung "Junge Freiheit" gerade das Baltikum als Paradebeispiel für diese Thesen herausgreift:
@Dr. Carl Gustaf Ströhm («
Ein besonderes Beispiel sind die baltischen Nationen, die Esten, Letten und Litauer. Besonders für die Esten stellte das "russische Problem" eine schwere Belastung dar. Fast ein halbes Jahrhundert waren die Russen als Sowjetmenschen unter dem roten Stern und Hammer und Sichel die unbeschränkten Herren des Baltikums. Den baltischen Nationen wurde von außen eine "fremde" Leitkultur aufgepropft.
...
Wenn man so will, insistierten die Esten – um bei diesem Beispiel zu bleiben, aber die Letten und Litauer unterscheiden sich davon nicht prinzipiell – auf ihrer "estnischen Leitkultur", die geprägt ist von mindestens 700jähriger Zugehörigkeit zum skandinavisch-norddeutsch-hanseatischen Kulturkreis. Jeder Stein, jedes Denkmal, jedes Dokument und Bauwerk, welches bezeugen konnte, daß Estland (respektive Lettland oder Litauen) nicht zum ostslawischen, russischen, orthodoxen Bereich – sondern zum Westen, zum "germanisch-römisch Rechtssystem" gehörte, wurde sorgsam gepflegt, ausgegraben, wiederhergestellt. Sogar die großen deutschen Soldatenfriedhöfe westlich der Grenzstadt Narva wurden wiederhergestellt (nachdem sie unter den Sowjets plattgewalzt worden waren), um diese "westliche" Verbindung Estlands zu unterstreichen. »):
Ich werde das Forum nicht mit der Web-Adresse dieses Schmierblatts besudeln, aber der Artikel ist natürlich in Gänze online nachlesbar. Doch sind bereits in diesem Auszug die nur notdürftig von ziviler Sprachrhetorik verhüllten völkischen Elementen leicht auszumachen.
Die entscheidende, unbeantwortete Frage für mich bleibt weiterhin, was für die nächste Generation an einem solchen Gesellschaftsbild attraktiv sein kann.
achja die amis...
http://www.lowbird.com/data/images/2008/08…
und das dabei hören...
http://de.youtube.com/watch?v=KCXp_jmVwN0
@Kukuruz: Eine interessante Sichtweise, aber eben die des JF-Autors und vielleicht auch etwas selektiv. Denn das Verhältnis der Esten speziell zum (nord-)deutschen Kulturkreis ist ein keineswegs so ungetrübtes und verklärtes, wie es die Wiedererrichtung eines Soldatenfriedhofs andeuten könnte. Bis auf den heutigen Tag feiert man beispielsweise den 3. Juli als Siegestag im Gedenken an den Erfolg über die deutschbaltische Landeswehr 1919 und Nationalmythen wie die des estnische Freiheitskämpfer Lembitu sehen die 'Deutschen' zuweilen als jahrhundertelange Unterdrücker.
Das hanseatische Erbe Estlands und spezielle Tallinns spielt darüberhinaus eine touristisch verwertbare Rolle, während sich mit sozialistischen Plattenbauten und anderen Relikten keine ausländischen Devisen anlocken lassen. Dagegen erstrahlt noch heute die russisch-orthodoxe Alexander-Newski-Kathedrale als eine der herausragendsten Sehenswürdigkeiten der Altstadt in altem Glanz und ist weit davon entfernt, wie noch in den 20ern angedacht, abgerissen zu werden. Man denkt in Estland also mitnichten nur in nationalistischen/anti-russischen Kategorien, wie es Dr. Carl Gustaf Ströhm gerne sieht!