Platz 12: "Gemischte Gefühle", 1983
"Oh, ich kauf' mir was / Kaufen macht so viel Spaß / Ich könnte ständig kaufen gehen." Ja, das habe ich mir dann auch gedacht, als ich mir zwecks "Recherche" zu dieser Liste dann auch endlich mal Herbies erste drei Studioergüsse ins Regal gestellt habe. Was da schon länger schlummerte: "Gemischte Gefühle", Album Nummer vier, das 1983 erscheint.
Am Anfang desselben steht auch der erste echte Monsterhit Grönemeyers – und der heißt natürlich nicht "Kaufen", sondern "Musik, Nur Wenn Sie Laut Ist". Dessen spätere Einbindung auf dem Qualitätssampler "Fetenhits – Die Deutsche" spricht Bände: Er hatte es irgendwie geschafft. Es gibt Menschen, die Grönemeyer nicht mögen, doch nur ausgesprochene wenige davon hegen keine heimliche Schwäche für diese inklusive Disconummer. Oder wie es meine Begleitung auf der "Schiffsverkehr"-Tour 2011 formulierte: "Ach, der Song ist ja von ihm? Mega, jetzt hat sich das Geld schon gelohnt."
Ob sich das Geld für "Gemischte Gefühle" auch nur für die Frau mit dem Kitzeln im Bauch lohnt? Jein. Hätte es "Bochum" nie gegeben, hätte "Kaufen" (übrigens mit Grönemeyers Frau Anna im Backing-Chor) sicher auch das Potenzial zur Wessihymne gehabt, und auch ein im Grunde etwas zielloser 08/15-Rocker wie "Kadett" (das bürgerliche Pendant zur "Opel-Gang") findet bestimmt heute noch Abnehmer. Die spannenden Momente verstecken sich jedoch in den "gewagteren" Texten: Im bedrohlich-ruhigen "Onur" thematisiert Grönemeyer Fremdenfeindlichkeit gegenüber "Gast"-Arbeitern und besingt in "Etwas Warmes" den Alltag der damaligen Schwulenszene.
Spätestens mit "Moccaaugen" jedoch löst sich Grönemeyer endgültig aus der heilen Welt des Schlagers. ("Zum letzten Mal fühl' ich es kommen / Fühl' wie's mir in die Hose geht / Hab auch das Leben mir genommen / So weiß ich doch, dass er noch steht"). Bemerkenswert: Im Hintergrund fahren langsam die Synthesizer hoch, auch die hallige 80er-Snare ist da – es klingt, als würde sich ein ganz bestimmtes Durchbruchsalbum nähern. Wie blöde für Intercord, dass sie Grönemeyers Vertrag nach diesem vierten musikalischen Anlauf (Platz 43 in den Charts, aber nur 180 Gäste in der Hamburger Markthalle) sang- und klanglos auflösen.
Doch zumindest spendieren sie dem Album noch einen zum Heulen kultigen Klappentext: "Grönemeyer, dieser Borgward-Caruso, der aus der Liedermacher-Garage zu kommen scheint, juckelt durchs Ruhrgebiet, als sei es die amerikanische Westcoast und nicht Deutschlands Taubenzüchter-Domäne. Er mag die Sturheit dieses Landstrichs, aber er schert sich einen Dreck um das provinzielle Kohlen-Colorit."
Einen Dreck! Und das, obwohl laut Edo Zanki schon "Gemischte Gefühle" den Titel "Bochum" hätte tragen sollen. Zwei Jahre später sollte Grönemeyer deutlich widersprechen.
Unsterblich:
"Musik, Nur Wenn Sie Laut Ist"
Sonstige Anspieltipps:
"Kaufen", "Moccaaugen", "Onur"
Kaufen?
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