Provokation mit Niveau
Album und Tour voraus ging eine beispiellose Kampagne, inklusive Videopremiere auf dem Berliner Alexanderplatz zu "Radio", Streichholz-Truck in ganz Deutschland und gewohnt provokativen Grenzüberschreitungen. Der denkwürdigste Coup gelang Rammstein gleich zu Beginn des Laufs mit dem gut dreißigsekündigen Teaser zur ersten Single "Deutschland". Darin waren die Bandmitglieder als KZ-Häftlinge mit Judenstern am Galgen zu sehen.
Ohne den Kontext des zugehörigen Musikvideos zu kennen stürzten sich diverse große Zeitungen auf den Teaser und warfen der Band vor, den Holocaust zu verharmlosen und für Werbezwecke zu missbrauchen. Unter anderem erklärte die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch erklärte gegenüber Bild: "Wie Rammstein hier das Leid und die Ermordung von Millionen zu Entertainment-Zwecken missbraucht, ist frivol und abstoßend."
Als das "Deutschland"-Video schließlich komplett online stand (und innerhalb der ersten Woche 25 Millionen Klicks absahnte), blieben die Meinungen zwar gespalten, die Tendenz ging aber zum Positiven. Rammstein hatten mit ihrer filmisch opulent in Szene gesetzten Rückschau auf die Schandmäler deutscher Geschichte das wahrscheinlich reichweitenstärkste und cleverste Statement gegen rechte Tendenzen und fehlgeleiteten Nationalstolz des Jahres gesetzt. Mit dem Musikvideo zu "Ausländer" legten sie wenige Monate später nicht minder kontrovers und eindrücklich nach.
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