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Billie Holiday - "Strange Fruit"

Lange soll Billie Holiday gezögert haben, das von Abel Meeropol komponierte und getextete Stück in ihr doch eher elegantes Jazz-Repertoire aufzunehmen. Zu düster, zu beklemmend für einen Unterhaltungsabend erschienen ihr das Thema. Dass sie die Nummer dennoch zum Besten gab, hängt sicherlich damit zusammen, dass sie als schwarze Frau zeitlebens selbst Erfahrungen mit Rassismus machen musste. Zwei Jahre zuvor starb ihr Vater an einer Lungenentzündung: In und um Dallas fand sich kein Krankenhaus, das bereit gewesen war, einen Afroamerikaner zu behandeln. In dem Hotel, in dem sie ihr letztes Engagement hatte, musste sie noch mit dem Lastenaufzug zu ihren Auftritten fahren, die Personenaufzüge durfte eine Schwarze nicht benutzen.

Irgendwann ist das Maß wohl einfach voll: Billie Holiday konfrontierte das (vorwiegend weiße) Publikum im New Yorker Jazzclub Café Society 1939 erstmals gnadenlos mit den hässlichen Bildern von Lynchmorden an Schwarzen, nicht als linke Kampfansage oder pathetisches Rührstück inszeniert, wie der Song durchaus schon bekannt war, sondern ganz schlicht - und damit noch grausamer. Fortan beschloss sie mit dieser Nummer stets ihre Konzerte. In ihren Erinnerungen schrieb sie: "Dieses Lied schaffte es, die Leute, die in Ordnung sind, von den Kretins und Idioten zu trennen."

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