Preis für Popkultur: Kennen Sie Bosse?
Kommen wir zur Entscheidungsfindung dieses angeblichen Indie-Preises: Was genau Kunst ist, bestimmt eine vom Berliner Verein zur Förderung der Popkultur installierte Jury aus 350 Mitgliedern. Die kommen natürlich aus der Musikindustrie und dem erweiterten Umfeld, also Künstler, Labelbetreiber, Promo-Agenturen, Fotografen, Grafiker und natürlich Journalisten. Ich wurde übrigens nicht gefragt, hätte aber wie jeder andere auch 60 Euro Jahresbeitrag zahlen müssen, um in diesen Verein einzutreten, wie man so liest. Nominiert werden kann dann jeder, dessen Lebensmittelpunkt sich in Deutschland befindet (also praktischerweise schon mal nicht Frei.Wild).
Aber mal im Ernst: Wenn dieser Preis, der kein Indie-Preis sein will, aber eben doch eine Art Antithese zum Echo, am Ende doch sehr viele Echo-kompatible Gewinner produziert, was sagt das dann über die 350 Branchenkenner aus, die diese Jury bilden? Dass nicht mal die Bescheidwisser die überforderte Allgemeinheit über interessante Eigengewächse informieren können? Dass 2016 die geilste Musik eben doch von Bosse und Moderat kommt? Oder sollten am Ende bitte doch möglichst viele Medien auch über den Preis berichten, wofür große Namen halt von Vorteil sind.
Museale Instanzen wie Kraftwerk zum Beispiel, inwzischen sicher mehr Auszeichnungen zuhause als Plattenveröffentlichungen, deren Chef Ralf Hütter aber leider nie bei Awardshows dieser Art auftaucht. Daher musste ein internationaler Star wie Daniel Miller (Mute-Chef, Depeche Mode-Entdecker) als Laudatoren rangekarrt werden.
Hätte aber auch anders laufen können, wie man den Nominiertenlisten entnehmen kann. Da standen mit Von Wegen Lisbeth, K.I.Z. und Get Well Soon schon noch andere ehrbare Namen mit drauf. Und schon allein des Informationsauftrags wegen hätte ich es anstelle von Böhmermann der Autorin Stefanie Sargnagel gegönnt, mit ihrer großartigen Wanda-Reviewreportage zu "Bussi".
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