Wokeness-Zug überrollt The Cardigans (2)
Es war eine Art Info-Post mit implementiertem Weckruf an das internationale Veranstalterwesen: Ruft uns einfach an und wir kommen! Unter dem Posting erhielt Svenningson größtenteils Applaus für die Einsichten in den Ablauf seiner Branche. Auf erneutes Nachfragen der Sorte "Please come to Dublin" ernteten Fans den Satz "I guess you should read the post again". Dann häuften sich allerdings mit dem Sarkasmus des Verfassers überforderte Leser*innen und fragten genervt, wieso Svenningson die Fans mit Interna langweile, wo doch alle nur den Wunsch äußerten, dass seine Band mal in der jeweiligen Heimatstadt spielen würde. Die Strenge mancher Formulierungen wiederum konnte der Bassist dann nicht mehr so recht nachvollziehen und als dann noch Rassismusvorwürfe aufkamen, schließlich heiße man als mexikanischer Staatsbürger nicht automatisch José, reichte es scheinbar auch Svenningsons Band. Kleinlaut entschuldigte sich der Basser bei allen, die sein Posting falsch verstanden hätten, selbstverständlich sei José aus Mexiko nur ein Beispiel zur Verdeutlichung des Bookingproblems gewesen, er hätte auch Jean-Marie aus Frankreich oder Paul aus Deutschland nehmen können. Doch für die Adressaten des Vorwurfs machte diese Erklärung die Sache nur noch schlimmer, und kurz darauf wurden die entsprechenden Postings gelöscht. Svenningson konnte sich allerdings den frustrierten Nachsatz nicht verkneifen: "Ab jetzt nur noch standardisierte Postings."
Der militante Flügel der Wokeness-Bewegung hatte also mal wieder ein Opfer gefunden, dabei wollte der Bassist nur erklären, warum seine Cardigans etwa in Deutschland seit fast zwei Jahrzehnten kein "Love Me Love Me" mehr trällern. Die Pointe in dieser Geschichte ist, dass die Band letzte Woche tatsächlich zwei Konzerte ankündigte: In Bulgarien sowie in Mexiko. Seitdem haben sich in der Kommentarspalte Running Gags wie "Well done, José" oder "I wish José lived here in Chile" verselbständigt und auch Svenningson darf wieder ans Ruder. Einen Dubai-Wunsch konterte er mit dem Satz, er würde nur ungern in einem Land auftreten, in dem Homosexualität unter Strafe steht.
Auf ein neues Cardigans-Album sollte man sich dagegen nicht freuen (was sehr wahrscheinlich auch ein Hauptgrund für die Nicht-Berücksichtigung der Band bei Promotern ist): Schließlich ist Songwriter Peter Svensson auf eigenen Wunsch nicht mehr Teil der Band, und obwohl Sängerin Nina Persson das Aushängeschild der Gruppe ist, wäre ein neues Album somit ein großes Wagnis. Auch hierauf kam Svenningson in einem Kommentar zu sprechen: "Es lag und es liegt immer noch in unserem Ermessen, ob wir eine Platte ohne Peter aufnehmen wollen. Wir sind sehr vorsichtig, was unser Erbe betrifft und die Vorstellung, mit unterklassigem Material zurück zu kommen, ist beängstigend. Es ist eine schwierige Frage, über die wir schon sehr lange sprechen."
5 Kommentare mit 10 Antworten
Wollte schon witzeln, daß man Bassisten besser nicht Aufgaben überlässt, die ein Mindestmaß an Verantwortung beinhalten. Er hats aber sehr sympathisch gemacht. Schade, daß die Trolle so erfolgreich darin waren, ihn zu triezen.
Und da soll sich noch jemand wundern, warum Leute, die sowieso schon schräg drauf sind, zu der Überzeugung gelangen, dass "man ja nichts mehr sagen" dürfe. Wenn schon die Benutzung eines Allerweltsnamens wie José ein Problem ist und dafür taugt, in die Kack-Ecke gestellt zu werden, dann gute Nacht, Marie! - Darf man eigentlich noch Marie sagen oder ist das irgendwie tendenziös? Falls ja, wünsche ich allen anderen (z.B. Emma, Berta und Klothilde) auch eine gute Nacht, um niemanden zu diskriminieren.
Wir müssen sprachlich alle ein bisschen auf den Sicherungskasten achten; nicht, dass da aus lauter Wokeness was durchbrennt.
Ich bitte um eine Einschätzung, wann sind manche "Bubbles" von Leuten so kleinkariert, uncool und einfach unglaublich scheiße geworden?
Ich mein es gab ja schon immer Arschlöcher...
aber manchmal kommt man sich vor, als würde man sich in einem nie-endenden Albtraum befinden und nicht mehr aufwachen können.
Natürlich ist es auch teilweise ein Prozess der sich über Jahre hinzieht und steigert und manchmal abebbt, aber mal ne Frage: " Gibt es für euch Lautuser einen Punkt, an dem das ganze Halali einen konkreten Anfang genommen hat? "
Du bist nicht auf dem Land aufgewachsen, oder?
Alles was sich, durch das Internet, geändert hat, ist die Geschwindigkeit und die Zahl derer, die darauf einsteigen.
Viele Internetmenschen sind ja der Meinung, die Gewissheit sich aktuell zusammen mit mir im dunkelsten aller möglichen Zeitstränge zu befinden habe sich ihnen erstmals mit den Ereignissen des 28. Mais 2016 in Cincinnati, Ohio offenbart. Um die Zeit herum hatte ich persönlich zwar schon so ne unkonkrete Vorahnung, unbeabsichtigt hier bei euch im dunkelsten aller Zeitstränge gelandet zu sein, dort bin ich aber unzweifelhaft bereits am 07. Oktober 2015 angekommen und selbst vollends davon überzeugt, dass es wirklich der dunkelste aller möglichen und vorstellbaren Zeitstränge ist, war ich dann erst irgendwann während der Erfindung und Einführung des Alternativfaktenuniversums sowie der allgemeinen Gleichstellung und Gewichtung von belegbaren Wissenschaftserkenntnissen und individuellen Befindlichkeiten ca. 2016/2017.
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@Pseudologe Danke für deine Ausführung...
Was war am 07.10.2015?
@Theory9 Das Internet funktioniert dahingehend per se als Katalysator... das ist klar.
Lass es mich konkretisieren: "Ab welchem Wokeness-Faktor/Shitstorm etc. pp. habe Leute angefangen, eben diese Verhaltensweisen sich anzueignen, gewisse Thematiken und Kleinigkeiten so 'wichtig zu nehmen' als ginge es um Leben und Tod und dabei Ihre eigene Persönlichkeit vergessen und/oder vergessen, wie man überhaupt eine eigene Persönlichkeit ausbildet, die nicht alles auf die Goldwaage legen tut, so dass nahezu jeder Lebensbereich auf die eigene totalitäre Bubble geeicht werden soll..."
Das sind so Rechthaber und Kritikpunktesammler...einfach widerlich
Meine Lebensgefährtin hat den Strafplaneten verlassen um die Galaxie zu retten während ich hier noch einige Zeit abzusitzen hatte und habe.
Du hast das Problem verstanden.
@Kakapo
Das dürfte kurz nachdem sich die Menschheit von Afrika aus auf den Weg machte den Planeten zu besiedeln gewesen sein. Es ist halt früher nur nicht so aufgefallen, aber Hexenwahn, Christenverfolgung, die Kommunistenhatz der McCarthy-Ära etc. entsprangen doch dem gleichen Prinzip.
Joa, aber erst durch die Industrialisierung und Post-Einstein-Physik habt ihr die Möglichkeiten zur Hand bekommen um trotz höherer absoluter Zahl an gleichzeitig lebenden Menschen respektive Idioten alle diese und die gesamte lebensbedingende Umwelt gleich mit zu vernichten und zwar in expotentiell höherer Geschwindigkeit als zu Out Of Africa- oder Hexenverfolgungszeiten.
Das finde ich das GENIALE im letzten Kapitel eurer Besiedelungsgeschichte auf diesem Planeten!
Solange 2 Kakapo's überleben ist das egal
Drück euch aufrichtig die Daumen, aber drauf wetten wollen würd ich schon ein paar Jahrzehnte nicht mehr, immerhin war Hoffnung als zuckerhaltigste der menschengemachten Illusionen nicht unwesentlich daran beteiligt, Spezies und Planet an den Punkt zu bringen an dem sie sich aktuell befinden.
So funktioniert Booking doch gar nicht. Wenn man in einem bestimmten Land spielen will, bucht man die Location bzw macht mit der Location einen Vertrag und ab gehts. So funktioniert Touring.
Wenn man natürlich nur auf Anfragen reagiert, bei denen man keine Venuekosten tragen muss, kann es natürlich passieren, dass man lange Jahre nicht in D oder Mexiko spielt.
Quasi alles liegt in der Hand der Bands, wenn man es nicht aus den Händen gibt.
Strange.
In der Entscheidung, das als "den militanten Flügel der Wokeness-Bewegung" zu kennzeichnen, macht sich laut.de gemein mit Organen wie der WELT, die ein diffuses Feindbild heraufbeschwören, indem sie alles zwischen Greta Thunberg und der Nation of Islam über einen Kamm scheren. Kulturbolschewismus-Theorie 2.0, Hauptkonsequenz ist wachsende Homofeindlichkeit und Transfeindlichkeit in der Gesellschaft.
Von laut.de bin ich doch mehr Qualität gewohnt. Hoffentlich zu Recht.