laut.de-Kritik
Nach Pain und Theatre Of Tragedy rocken Tiamat so richtig los!
Review von Michael EdeleEröffnen durften den Reigen die Norweger von Sirenia. Konnte mich das Material auf CD schon nie überzeugen, so geht das live vollends in die Hose. Dass man Keyboards und Chöre vom Band laufen lässt, ist schon ok, aber auch den Bass? Vor allem wenn die Songs so schnarchsimpel sind, dass es eine Gitarre durchaus getan hätte? Auch über Sinn und Zweck des Lack- und Lederhühnchens lässt sich streiten. Gut, die Dame konnte sich bewegen und gut aussehen, aber Gesang hört sich anders an. Trotzdem bedankte sich das Publikum artig mit Applaus.
Über den ersten Ärger trösten Pain hinweg und zwar nicht nur akustisch, sondern auch optisch. Mainman Peter Tätgren hat sich mit zwei Mädels verstärkt, die sogar Bass und Gitarre halten dürfen. Über die Fähigkeiten, diese zu spielen, streiten sich die Geister. Ich persönlich würde behaupten, dass die Riffs, die die Mädels gegriffen haben, durchaus die richtigen waren, gut informierte Quellen sprachen jedoch auch hier von jeder Menge Playback. Auf Peters Gesang traf das definitiv nicht zu, denn das Augenringwunder lag doch ein paar mal neben der Spur. Der Qualität des Gigs tat das aber keinen großen Abbruch, und den zwei neuen Songs nach zu urteilen, darf man sich auf das demnächst erscheinende Album freuen. Die Fans zeigten sich wie der Rezensent, begeistert, auch wenn wohl so gut wie keiner der männlichen Sabbertüten die leichte Textveränderung beim Beatles Cover "Eleanor Rigby" verstanden haben dürfte ("I look at all the horny people").
Warum die Begeisterung auch über große Teile des Theatre Of Tragedy-Gigs anhielt, ist mir wirklich schleierhaft. Über den Livegehalt des Theatre Of Tragedy-Auftritts kann ich nicht viel sagen. Fakt ist jedoch, dass die Norweger sämtliche Instrumentalspuren ihrer Songs auch auf Band mit auf Tour haben. Auch die Bühnenaktion hält sich bei der Dame und den Herren doch sehr in Grenzen. Die Gesangsleistung von Nell war dafür im grünen Bereich, stimmlich schenkt sich die Dame mit ihrer Vorgängerin Liv Kristine nicht viel. Dass die Fans der ersten beiden Scheiben an diesem Abend nicht wirklich auch ihre Kosten kommen würden, war klar. Dass sich TOT aber quasi nur auf ihre letzten, sehr elektronischen Scheiben konzentrierten, war doch sehr bedauerlich. Die Zugaberufe hielten sich folglich auch in Grenzen.
Tiamat haben ohne Frage eine ganze Reihe guter Songs, aber als großen Frontmann hatte ich Johan Edlund eigentlich nicht in Erinnerung. Zum Entertainer vor dem Herrn wird sich der introvertierte Schwede wohl auch nicht mehr entwickeln, ein guter und überzeugender Fronthirsch ist aber allemal aus ihm geworden. Der sympathische Glatzkopf überzeugt live inzwischen durch eine recht lockere Kommunikation mit dem Publikum, und auch gesanglich zeigt er sich bei den meisten Stücken voll auf der Höhe. Allein die Sachen vom "Clouds"-Album wollen ihm nicht mehr so recht über die Stimmbänder. Die Zeiten der wirklich derben Growls sind einfach ein für allemal vorbei. Das Publikum nimmt die Songs, egal aus welcher Ära, dankbar auf und bejubelt den Mann und seine Sidekicks von vorne bis hinten. Als die Schweden nach dem überragenden Whatever That Hurts die Bühne leider viel zu früh verlassen, bleiben die Rufe nach einer Zugabe dummerweise unerhört.