5. September 2018
"Brexit schneidet durch alle Bereiche "
Interview geführt von Manuel BergerNeun Alben veröffentlichte Mike Rosenberg a.k.a. Passenger seit Beginn seiner Solokarriere 2009 – und das trotz mehrmonatiger Musikpause im vergangenen Jahr. Frisch erholt sprach er mit uns über sein neuestes Werk "Runaway".
Wenige Meter entfernt steht eine Currywurstbude, dahinter wandeln Menschen mit Einkaufstüten, der Fernsehturm ragt in die Luft, in einem Baum hängt ein mutiger Fotograf und darunter, auf einer niedrigen Bühne steht ein kleiner, bärtiger Mann mit Gitarre und trällert Welthits. Solche Szenen sind im Herzen Berlins nicht unbedingt selten, doch in der Regel erklingen die Welthits dann nur als Coverversion. Passenger machte es sich in den letzten Jahren jedoch zur Gewohnheit, zwischen Hallentourneen mit mehreren Tausend Besuchern spontane Straßengigs einzuschieben. Umso besser, wenn sich solche mit einer Pressetour verbinden lassen. Tags darauf sitzt Mike Rosenberg deshalb hundert Meter weiter in einem Hotel und beantwortet Fragen zum neuen Album "Runaway".
Gerade gestern hast du einen spontan angekündigten Straßengig am Alexanderplatz in Berlin gespielt. Im Vergleich zu deinen Tagen als Straßenmusiker hat sich natürlich einiges geändert, allein schon, dass du auf einer Bühne mit Speakern und Mics und Team im Rücken spielst. Fühlt sich das überhaupt noch an, wie ein Straßengig?
Mike Rosenberg: Definitiv hat sich einiges verändert seit den guten alten Tagen, als du einfach mit einem Amp und einigen CDs zum Verkauf ankamst. Aber der Spirit ist schon noch da. Wir hatten gestern keine Erlaubnis und sprachen eine Stunde vor geplantem Beginn noch mit der Polizei, haha. In diesem Sinne hat sich also nicht viel verändert. Es sind nur mehr Leute. Deswegen brauchst du größeren Sound und all das. Im Herzen ist es noch das gleiche.
Hältst du selbst für Straßenmusiker auf deinem Weg an und kaufst ab und an ihre CDs?
Ja, absolut. Wenn jemand gut ist, halte ich an und kaufe vielleicht auch eine CD. Vor ein paar Wochen erst war ich mit meiner Schwester in Florenz und schmiss ein bisschen Geld in den Hut eines Buskers. Dann fing er an, "Let Her Go" zu spielen. Er hat mich erkannt. (lacht) Ich unterhielt mich ein wenig mit ihm, hab mir dann selbst die Gitarre geschnappt und einen Song gespielt. Das war cool. Ich liebe Busking und unterstütze es gern. Ich sehe eine Menge junger Kids und ich hoffe, sie wissen, dass sie das vielleicht einmal in etwas Anderes verwandeln können. Aber es ist schwerer heutzutage als zu meiner Zeit. Alles ist strenger geregelt. Vor ein paar Jahren konntest du am Alexanderplatz einfach auftauchen und solange es nicht zu schwierig oder zu lärmig war, hatten die Cops damit kein Problem.
Kannst du Empfehlungen aussprechen?
Jed Appleton – ein Australier, er ist wirklich gut. Ich kenne einige tolle australische und englische Busker. Spontan fallen mir noch Alan McKim und Dan Docherty ein.
Während "Let Her Go" entstand gestern wieder einen regelrechten Smartphone-Dschungel im Publikum. Du äußerst dich in einigen deiner Songs kritisch zum "Social Media Zeitalter". Wie fühlst du dich dabei, wenn dann die Leute bei deinen Konzerten dann trotzdem in Massen ihre Handys zücken?
Ach, das ist schon okay. Was ich mit diesen Songs ausdrücken möchte ist: "Macht euer Foto, macht von mir aus ein Video, aber bitte lebt nicht euer Leben durchs Telefon". Mir machts das nichts aus. Es ist nunmal "Let Her Go", beim Busking, ein besonderer Moment, ich checks schon, dass die Leute das festhalten möchten.
Ein Song mit Social Media-Teil ist "Scare Away The Dark". Gestern hast du den entsprechenden Part aber verändert, um stattdessen eine politische Message unterzubringen. Du sprichst nicht oft politische Themen in deiner Musik an. Warum jetzt?
Mein Land durchlebt gerade eine schwierige Zeit. Brexit schneidet sich durch alle Bereiche. Ich verspürte einfach den Drang, darüber zu singen. Um aber wirklich ein politischer Songwriter zu sein, musst du Recherche betreiben und sehr genau wissen, worüber du sprichst. Ich habe eher eine Jedermann-Meinung. Aber "Scare Away The Dark" ist allerdings ein guter Song, um diese auszudrücken. Ich erfinde das Rad nicht neu. Ich denke nicht, was noch niemand vorher gedacht hat. Was du hörst, ist einfach nur Frustration, die viele Menschen in England momentan empfinden. Es fühlt sich einfach unfair an.
Auf ein politisches Passenger-Album brauchen wir also nicht warten.
Absolut nicht. Das wird glaube ich nicht passieren. (lacht)
Das grobe Thema deines neuen Albums "Runaway" ist Amerika. Auch dort geht es zurzeit einigermaßen turbulent zu. Entstand das Album – bewusst oder unterbewusst – als Reaktion darauf? Wolltest du als Kontrast zur politischen Lage die guten Seiten Amerikas beleuchten?
(Lacht trocken) Ja. Aber das ist das Ding: Amerika ist für mich ein Land der Extreme – und war es schon immer. Einige Dinge handhaben sie dort sehr, sehr gut – andere sehr, sehr schlecht. Mein Vater kommt aus den Staaten. Mein ganzes Leben lang war ich immer wieder dort und tourte dort natürlich auch viel. Ich liebe Amerika. Es gibt so viele großartige Dinge dort und fantastische Leute. Ich merkte irgendwann, dass viele der neuen Songs sowohl musikalisch als auch inhaltlich sich viel damit beschäftigten. Nachdem ich das im Kopf hatte, entstand daraus die Idee eines Roadtrips. Ich wollte dem Album einen roten Faden verleihen.
Beim Schreiben mit anderen musst du ständig Kompromisse eingehen"
Vergangenes Jahr hast du überraschend angekündigt, auf unbestimmte Zeit eine Pause von der Musik einlegen zu wollen. Hat das geklappt? Es ist gerade mal ein Jahr vergangen und du hast schon das nächste Album am Start.
Haha, ich weiß. Naja, für mich war es ein langes Jahr. "Runaway" ist glaube ich bereits mein zehntes Album in elf Jahren – also quasi ein Album pro Jahr, unerbittlich. Ich setzte letztes Jahr sechs, sieben Monate aus, bevor ich die nächste Platte in Angriff nahm.
Du hast also das gesamte Album strikt nach Ende dieser Pause geschrieben?
Manche der Songs, ja. Andere spukten schon eine Weile umher. Im Januar nahmen wir das Material auf. Ich lernte eine Menge über mich selbst, während ich versuchte, zu pausieren.
Was hast du in dieser Zeit getrieben?
Ich reiste viel, verbrachte Zeit mit meinen Leuten, meiner Familie, meiner Freundin und meinen Katzen. Das war super. Aber dann hatte ich diese Songs und wollte sie aufnehmen. Und mit neuen Aufnahmen will ich natürlich auch ein Album machen und auf Tour gehen. Ich schätze, ich habe etwas von einem verrückten Workaholic.
Wann wurde dir klar, dass Amerika das Hauptthema werden würde?
Ich hatte wie gesagt schon alle Songs und drei, vier drehten sich sehr spezifisch um amerikanische Elemente – nicht nur inhaltlich, sondern auch in musikalischer Hinsicht. Ende letzten Jahres fiel mir das so auf. Als ich dann Anfang diesen Jahres mit der Band ins Studio ging, hatte ich bereits eine recht klare Vorstellung davon, wie ich es weiter umsetzen möchte. Ich sagte: "Hebt die Americana-Einflüsse hervor, haltet euch nicht mit Banjo, Mandoline und Lapsteel zurück – genau das ist der Sound, den wir brauchen." Ich hatte vorher noch nie eine klare musikalische Richtung für ein Album. Wir nahmen die Songs einfach immer auf, wie sie sich richtig anfühlten. Aber es war schön, sich diesmal auf eine Herangehensweise festzulegen.
Fanden die Aufnahmen auch in den USA statt?
Nein, in Australien und England. Die Streicher nahmen wir in den Abbey Road Studios auf, das war verdammt cool. Der Rest entstand bei Linear Recordings in Sydney.
Im Song "Eagle Bear Buffalo" geht es eher um Natur als um Menschen und ihre Geschichten, was eher ungewöhnlich für deine Texte ist, aber schon auf "Young As The Morning, Old As The Sea" startete. Warum bewegst du dich in den letzten Jahren mehr in diese Richtung?
Ich glaube, ich stehe mehr und mehr darauf, "zu verschwinden" – weg von den Menschen zu gehen. Ich liebe Menschen und ich liebe es, ihre Geschichten zu erzählen und das wird wohl immer ein Teil meines Schreibens sein. Aber abseits des Tourens, wenn ich nicht Passenger bin, verbringe ich mehr und mehr Zeit in der Natur. Ich liebe das.
Du versuchst, den Städten zu entkommen?
Ja. Ich verbringe sonst mein ganzes Leben in Städten. Mit dem Touren und allem...
Die Karriere ist quasi abhängig von Städten.
Richtig. Deswegen fahre ich im Urlaub zum Beispiel nach Kanada oder irgendwo anders hin, wo man etwas Abstand gewinnen, gewissermaßen flüchten kann. Und alles, was ich in meinem Leben mache, durchläuft einen Filter und endet irgendwie in einem Song, glaube ich. Jetzt, da die Natur einen größeren Platz in meinem Lebens einnimmt, nimmt sie auch einen größeren Platz in den Songs ein.
Mit der Naturthematik geht auch ein "größerer" Sound einher.
Das stimmt.
Je weniger Geschichten du erzählst, desto opulenter werden also die Songs?
Ja. Das ist ein interessanter Punkt. Ich glaube mein Schreiben ist insgesamt breiter geworden. Neulich habe ich mir mal wieder mein altes Zeug angehört. Es klingt so spezifisch, kompliziert, etwas weird – auf gute Weise hoffentlich. Inzwischen sind da größere Ideen und alles ist vereinfacht. Das lernt man wahrscheinlich mit dem Alter. Du musst nicht jedem beweisen, was für ein toller Lyriker du doch bist, indem du in einen Satz so viele Wörter wie möglich packst.
Es ist eher umgekehrt.
Genau. Wie beim Kochen: Wenn du gute Zutaten hast, ists einfach. Das lernt man mit den Jahren und wachsender Erfahrung. Du wirst selbstbewusster. So wird der Sound größer, mutiger, weniger verschlungen.
Deine Wurzeln liegen eigentlich in einem größeren Sound. Passenger begann immerhin als Band und entwickelte sich erst nach einigen Jahren zu deinem Soloprojekt. Vermisst du manchmal eine stabile Musikergruppe um dich herum?
Ja schon. Letztes Jahr war ich mit einer Band unterwegs. Das war super, ich habe es geliebt.
Aber im Songwriting bist du weiterhin auf dich allein gestellt.
Stimmt, daran nahm die Band nicht teil. Und ich liebe es, allein zu schreiben. Mit mehr als ein zwei Leuten konnte ich noch nie schreiben. Sowas verlangt nach sehr viel Vertrauen, das erst aufgebaut werden muss. Wenn du mit anderen zusammen schreibt, besonders Menschen, die du magst, musst du ständig Kompromisse eingehen. Du sagst dann: "Oh, das ist eine nette Idee." Insgeheim weißt du, sie ist entweder Scheiße oder einfach nicht die Idee, die du gern umsetzen würdest. Du brauchst beim Songwriting eine Vision. Du brauchst deine Idee. Ich kenne einige, die brillant als Co-Writing-Team funktionieren und gegenseitig das beste aus sich herauskitzeln. Aber für mich ist es das beste, auf mich selbst gestellt in die Welt hinauszuziehen.
Vor einigen Jahren hast du trotzdem mit "Flight Of The Crow" ein Album voller Kollaborationen aufgenommen und in jüngerer Vergangenheit ein Duett mit Birdy. Könntest du dir vorstellen, in der Zukunft wieder mehr mit anderen Musikern zu kollaborieren?
Definitiv! Der Song mit Birdy war übrigens schon quasi fertig geschrieben, bevor sie hinzukam. Und genauso verhielt es sich mit dem Großteil des Materials von "Flight Of The Crow". Aber: Mit anderen Künstlern zusammenzuarbeiten, liebe ich. Beim gemeinsamen Songwriting sieht das allerdings anders aus. Ich sage nicht, dass es nicht passieren wird, aber dafür bräuchte man mehr Zeit. Oft sitzt man nur für einen Tag zusammen. Wenn man nach einer Tasse Kaffee im Studio aufgebaut hat, hat man kaum noch Zeit, zusammen zu schreiben.
Änderst du deine Herangehensweise ans Songwriting, wenn du weißt, im Stück, an dem du arbeitest, soll auch Platz für jemand anderen sein?
Nein. Bei der Birdy-Kollaboration dachte ich mir zum Beispiel erst im Nachhinein: "Oh, das wäre toll als Duett." Ihre Stimme war dann einfach die erste, an die ich dabei gedacht habe. Es ist nicht so, dass ich mich hingesetzt und beschlossen habe, jetzt ein Duett zu schreiben.
"Ich weiß, dass meine Stimme komisch ist"
Du singst auf "Runaway" ein Lied namens "Why Can't I Change". Was würdest du ändern, wenn du könntest?
Dass ich immer noch Zigaretten rauche. Es geht oft monatelang gut, aber sobald ich dann zum Beispiel von einer Tour nach Hause komme oder einen Urlaub beginne, werde ich wieder rückfällig. Nach fünf Tagen denke ich mir dann wieder: "Fuck this, komm runter davon" und höre wieder auf. Aber so geht es immer und immer und immer wieder. Das würde ich definitiv ändern. Das ist glaube ich ein gutes Beispiel dafür, was ich mit dem Song sagen möchte. Jeder hat so etwas, bei dem er sich fragt: "Warum, warum tue ich das immer wieder?" Es ist irgendwo tief drin, psychologisch verankert und du kommst ständig darauf zurück. Die Ursache kann vielfältig sein – eine Beziehung, der gleiche alte Job ... was auch immer. Es zwingt dich dazu. Es ist sicher, du kennst es. Es fühlt sich nicht richtig an, aber komfortabel.
Dein Markenzeichen ist sicherlich deine Stimme. Sie ist recht speziell und verleiht deinen Songs Wiedererkennungswert. Gleichzeitig limitiert sie dich aber wahrscheinlich auch auf einen bestimmten Bereich. Wünschst du dir manchmal, auch das ändern zu können?
Als ich jünger war und bevor ich ein bisschen erfolgreicher wurde, war die Stimme ein echtes Problem. Jeder kommentierte sie, empfand sie als weird und wusste nicht, was er damit anfangen sollte. Einige Leute lieben sie, einige nicht...
Was vielleicht gar nicht schlecht ist.
Das ist das Ding, auf lange Sicht. Wenn die Leute die Stimme hören, wissen sie: Das ist Passenger. Ob sie es mögen oder nicht, ist etwas anderes – aber sie wissen, es ist Passenger. In der heutigen Musiklandschaft brauchst du etwas um hervorzustechen, deinen Unique Selling Point. Ich begrüße meine Stimme also. Ich hatte nie Gesangsunterricht, sie kommt einfach so aus mir raus. Ich weiß, sie ist komisch. Ich höre sie manchmal und denke mir selbst: "What the fuck?" Aber sie ist was sie ist und inzwischen bin ich irgendwie stolz darauf.
In deinem vorherigen Interview mit unserer Seite kam die Sprache auf Ed Sheeran, einen guten Freund von dir. Damals meintest du: "Ed ist ein Megastar. 1,8 Millionen Twitter-Follower." Heute hat er knapp 20 Millionen...
Oh Mann, es erfüllt mich mit totaler Freude, zu sehen, wie gut es bei ihm läuft. Jedes Mal, wenn ich denke: "Okay, jetzt hat er die Decke erreicht, höher gehts nicht mehr", steigt er noch ein Level auf. In letzter Zeit treffe ich ihn recht oft, das ist echt schön. Er hat einen echten Schatz gefunden, sie sind verlobt und wird bald heiraten. Ihm geht es wirklich gut, er ist fokussiert, ruhig, er spielt toll, er klingt großartig. Es ist toll, ihn in diesem Zustand zu sehen, während er außerdem der größte Popstar der Welt ist. Das ist schon verblüffend.
Er wiederum könnte sich wohl nicht einfach auf den Alexanderplatz stellen und losspielen. Würdest du diese Freiheit eintauschen zugunsten der größeren Reichweite und der Fähigkeit, mehr Leute mit deiner Musik zu erreichen – wie er sie hat? Oder bist du froh, dass es so ist wie es ist?
Ich bin echt froh, ein sehr normales Leben führen zu können. Ich kann frei durch Berlin latschen. Vielleicht sagt ein-, zweimal am Tag jemand was, aber ist es bestimmt nicht abgefahren. Damit bin ich ganz zufrieden. Natürlich bin ich ambitioniert, sonst wäre ich nicht da, wo ich heute stehe. Und du kannst immer noch mehr Leute erreichen, noch einen großen Song schreiben und noch eine Venuekategorie höher spielen. Aber ich glaube, auf dem Level, auf dem Ed momentan operiert, würde ich nicht besonders gut klarkommen. Ich hätte wahrscheinlich ziemlich mit dem einhergehenden Druck zu kämpfen. Damit, Nach für Nacht Stadien zu bespielen und dass wirklich alles, was du machst, unter dem Mikroskop seziert wird, würde an mir zehren.
Spielt es deiner Meinung nach eine Rolle, auf welcher Bühne man Musik präsentiert? Beeinflusst es die Musik, ob man nun auf einer kleinen Straßenbühne spielt oder im Stadion?
Nimm Coldplay: Sie hatten etwas und dann wurden sie so groß, dass sie ihren Sound irgendwie ändern mussten – oder jedenfalls dachten sie, sie müssten ihn ändern. Ich glaube, es kann einen Einfluss haben und diktieren, was du machst. Das finde ich nicht gut. Ich spreche jetzt nicht von Coldplay, aber ich finde, das sollte nicht der Grund sein, deinen Sound zu ändern. Genau deswegen unternehme ich diese Busking-Trips. Die Abwechslung reizt mich. An einem Tag spielst du vor 500, 600 Leuten am Alexanderplatz, am nächsten vor 20.000 auf einem Festival. Klar veränderst du die Show ein wenig, aber ich denke, die Musik spricht für sich selbst, unabhängig von der Umgebung.
Vor einer Weile meintest du, Songwriter werden besser je älter sie werden. Du bist jetzt 34 – spürst du die Weisheit schon in dir aufsteigen?
(Lacht) Gewissermaßen. Ich schreibe weniger als früher heutzutage, bilde mir aber in, die Qualität sei höher. Vor zehn Jahren nutzte ich von zwanzig geschriebenen Songs vielleicht fünf. Wenn ich heute einen Song zu Ende schreibe, landet er in der Regel auch auf einer Platte. Diese Art Weisheit kommt definitiv. Und ich bin inzwischen ein paar Mal um die Welt gereist, kenne mich selbst besser, bin erfahrener, fühle mich wohler in der eigenen Haut – auch das hilft, einen runden Song zu schreiben.
Spuken dir noch Geschichten im Hinterkopf herum, die du bisher noch nicht in einen Song gefasst hast, es aber gerne tun würdest?
Die Story-Songs wie "Travelling Alone", "Bullets", "Riding To New York", über all die Leute, die ich getroffen habe, passieren einfach, wenn sie passieren. Du weißt nie, wann du solche Leute triffst. Und dann triffst du sie und plötzlich sprudelt es aus dir heraus. Es gibt immer Geschichten. Es gibt 7 Milliarden Geschichten auf Erden! Sie gehen nie aus.
Welche, über die du geschrieben hast, liegt dir besonders am Herzen?
"Riding To New York" war wirklich ein ergreifender Moment. Das sticht für mich definitiv heraus.
Und auf dem aktuellen Album?
Wahrscheinlich "Ghost Town" oder "To Be Free". Sie kommen dem am nächsten. Sie sind nicht so narrativ wie die anderen, die ich genannt habe, sie erzählen nicht strikt eine Geschichte. Aber zumindest "Ghost Town" ist wohl definitiv aus demselben Holz geschnitzt. Da ist wieder die Idee, in jemandes Kopf zu dringen und die Welt aus ihrer Perspektive zu sehen.
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