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Datum: 11. Mai 2003
Location: Via dei Fori
Rom
Alle Termine ohne Gewähr

Review

laut.de-Kritik

500.000 sangen vor dem Kolosseum ...

Review von Giuliano Benassi

"Paul McCartney gibt am 11. Mai ein kostenloses Konzert vor dem Kolosseum in Rom. Die Behörden rechnen mit 200.000 Zuschauern", war im April im Internet zu lesen. Paul McCartney? Freier Eintritt? In Rom? Drei vorzügliche Gründe, um ein verlängertes Wochenende in der herrlich frühsommerlichen italienischen Hauptstadt zu verbringen.

Das Ereignis war unüblich gut organisiert und bestand sogar aus zwei Auftritten, denn am Abend davor hatte McCartney als erster und wohl letzter neuzeitlicher Gast innerhalb des Kolosseums gespielt. Vor 300 Zuschauern, die ihre Eintrittskarten bei Startpreisen von 500 bzw. 1000 Euro über ebay ersteigern mussten. Der Erlös floss immerhin in die Kassen zweier Hilfsorganisationen.

Um sieben erreichte die LAUT-Gesandtschaft die abgesperrte Via die Fori. Vor uns die Bühne und das römische Anfitheater, rechts die Fori Romani, hinter uns Piazza Venezia mit dem gewaltigen Friedensaltar. Die vordersten Reihen waren schon am Vorabend von beschlafsackten Jugendlichen beschlagnahmt worden, wir mussten uns in etwa 150 Meter Entfernung fast drei Stunden bis zum Konzertanfang gedulden. Zwölf Riesenbildschirme und mehrere Boxentürme trugen Bilder und Klänge bis in die letzten Reihen, die fast einen Kilometer weiter hinten lagen.

Römisches Kopfsteinpflaster ist hart, stellten wir nach und nach fest. Die Schlange vor der Pizzeria war unmenschlich, glücklicherweise schob sich ab und zu ein Bierverkäufer durch die Menge, während in der Luft der süßliche Geruch des Marokkaners schwebte. Die amerikanische Familie hinter uns vermummte sich deshalb wie eine Terroristenbande, ansonsten war die Stimmung ausgesprochen gelassen.

Nach dem merkwürdigen Auftritt eines chinesischen Zirkus (?) war es endlich dunkel genug und es ging los. Paul McCartney erschien in Jeans, rotem Sweatshirt und himmelblauem Maokittel, das Markenzeichen Hofner-Bass hing über der Hüfte. Erstauntes Raunen vermischte sich mit Gejubel, denn entgegen seiner Ankündigung, dass er nur Balladen spielen würde damit der Papst schlafen könne, begann das Konzert mit "You Say Goodbye, I Say Hello". An Bettruhe war nicht zu denken, fetzig folgten "Jet", "All My Loving" und "Getting Better". Es zeichnete sich ab, dass er die Reihenfolge seines neuesten Livealbums "Back In The World" einhalten würde.

Bald verschwand demnach die Band und McCartney stand alleine auf der Bühne, zupfte ein dahin schmelzendes "Blackbird", mahnte mit "We Can Work It Out", haute in die Tasten seiner Orgel bei "Fool On The Hill", spielte für John, George, Heather und natürlich Linda. Selbst für Ringo gab es ein chorales "Yellow Submarine". Der ehemalige Beatle spickte italienisch von einem Zettel, gab sich locker und brachte das Publikum zum Lachen.

War der Papst zwischendrin eingeschlummert, wachte er spätestens bei "Band On The Run" und "Back In The USSR" wieder auf. Feuerwerke donnerten bei "Live And Let Die", waren aber keine ernst zu nehmende Konkurrenz für das Kolosseum, das mal rot, mal pink oder in Regenbogenfarben erstrahlte und eine surreale Kulisse bot.

Der letzte Teil war eingeläutet und das Publikum wurde selbst zum Feuermacher. Artig sangen nach offiziellen Angaben 500.000 Anwesende "Na na na nananana, Hey Jude", wir erfreuten uns an einer englischen Version von Domenico Modugnos "Nel Blu Dipinto Di Blu", tanzten ausgelassen bei "Lady Madonna" und sangen den Tränen nahe "Yesterday".

Sichtlich gerührt verabschiedeten sich McCartney und seine Band nach fast drei Stunden mit "Sgt. Peppers" und dem Finale aus "Abbey Road". "And in the end, the love you take is equal to the love you make", gab es als Gutenachtgedanken auf den Weg nach Hause. Bei der hübschen Römerin, die noch Stunden später fröhlich Beatles-Lieder singend auf einer Vespa durch die Gassen der Altstadt brauste, war sie zweifellos angekommen.

Artistinfo

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