17. Juni 2002

"Diese Demo-Aufnahmen werden kaum im Radio laufen"

Interview geführt von

Rockstars bei sich zu Hause anzurufen ist nicht gerade ein Garant für ein gutes Interview. Auch Pixies-Gitarrist Joey Santiago (der auch noch im nachfolgenden Black Francis Solo-Projekts Frank Black & The Catholics die Klampfe bediente) hätte sich wohl lieber in seinen Fernsehsessel gehauen, anstatt sich mit jemandem aus Deutschland zu unterhalten. So war er eher kurz angebunden und LAUT für jeden ganzen Satz, der von L.A. aus die Ohrmuschel erreichte, dankbar.

Der Grund für dieses Interview ist die Veröffentlichung einer Pixies-CD mit alten Demoversionen. Ich bin mir sicher, dass du diese Frage heute schon einige Male gehört hast, aber wem nutzt diese Veröffentlichung eigentlich?

Ich beantworte diese Frage immer gleich und hoffe mal, dass ich das richtig tue: ich glaube es war die Idee unseres Managers, das Zeug zu veröffentlichen. Ich bin bestimmt nicht eines Morgens mit dem Gedanken aufgewacht, nun diese Demos zu veröffentlichen. Es ist eben eine Sache für die Hardcore-Fans. Die Sachen werden wohl kaum im Radio gespielt werden.

Naja, aber unter den Hardcore-Fans sind die Aufnahmen schon als "The Purple Tape" im Umlauf.

Stimmt wohl, aber wenn sie das "Purple Tape" haben dann sind sie Diebe (lacht). Aber ich habe das Tape selbst nicht mal mehr. Ich hatte es mal, aber irgendwann war es dann ziemlich abgenutzt.

Hörst du dir oft die alten Sachen an, wenn es so abgespielt war?

Geht so, ich brauchte das damals um dazu zu proben.

Wenn du heute diese Aufnahmen hörst, wie fühlst du dich dann?

Alt. Ich war damals 21 und es macht eine Menge Spaß, die Sachen zu hören. Ich denke dann an unseren damalige Stimmung ... wie Charles (Thompson, aka Frank Black oder Black Francis, Anm. d. Red.) singt und wie wir es wirklich genossen haben, diese Musik zu machen. Das war eines der letzten Dinge, die wir genossen haben... (lacht)

Die Hauptaugenmerk der Öffentlichkeit lag immer auf Frank Black und Kim Deal, aber eigentlich hast du mit Frank die Pixies gegründet. Bist du enttäuscht, dass dein Name nicht so bekannt ist?

Ich denke er ist bekannt genug. Aber nein, das stört mich überhaupt nicht.

Die Beziehung zwischen Black und Deal war immer etwas schwierig. Wie wichtig war dein und David Loverings (Pixies Drummer) Anteil um die Band für eine solch lange Zeit am Leben zu halten?

Nicht sehr wichtig. Wir liebten es einfach, Musik zu spielen und endlich aus unseren Wohnungen zu kommen um die Welt zu bereisen. Das war alles eine Sache zwischen Kim und Charles. Ich habe mich aus ihren Problemen rausgehalten. Natürlich war es mir nicht egal, ich war ja mitbetroffen. Es war einfach traurig, dass sie andauernd Streit hatten. Wir hatten großen Erfolg und da gab es eben zwei unglückliche Leute, die nicht schätzten, wo sie angekommen waren. Naja, du weißt was ich meine: du spielst vor einer Menge Leuten, dein Album wird von den Kritikern umjubelt und zwei sind nicht glücklich. Da ist doch etwas falsch. Man dachte sich dann schon: Hey, wir haben eine gute Sache am laufen, warum seid ihr bitte unglücklich?

Frank Black hat den Pixies-Split in einem Radiointerview verkündet, ohne den restlichen Bandmitgliedern vorher etwas davon zu sagen. Hast du das Interview damals live am Radio gehört?

Nein, das war ein Interview im englischen Radio und ich war zu diesem Zeitpunkt in Rhode Island. Aber er hat mich danach angerufen und allen anderen ein Fax geschickt.

Warst du sauer auf ihn?

Glaub es oder glaub es nicht: ich war wirklich sehr erleichtert. Es herrschte immer ein bisschen eine schlechte Stimmung in der Band und nach jeder Tour hast du dich gefragt, ob es das jetzt gewesen war. Als schließlich das Unausweichliche passierte, war das ungefähr so: Ok, time to move on.

Die Pixies waren in England immer um einiges populärer als in den Staaten. Die neuen amerikanischen Rockbands wie die Strokes oder die Whites Stripes haben das gleiche Problem. Woran könnte das deiner Meinung nach liegen?

In England hat man eben viel mehr Magazine, die auch nicht wie bei uns monatlich erscheinen. Zum Beispiel erscheint der NME als ein großes und respektiertes Magazin wöchentlich, so hat man einfach mehr Raum, um eine größere Anzahl Bands abzudecken. Aber das ist nur eine Seite der Sache ... Die Strokes und die White Stripes schaffen es hier auch langsam ins Radio. Läuft solche Musik auch bei euch im Radio?

In Deutschland kaum. Hier gibt es nur eine Handvoll Radiostationen, die sich um diese Musik kümmern.

Ah, ok.

Nach den Pixies hast du eine Band namens The Martinis gegründet, deren bisher einziger Song auf dem "Empire Records"-Soundtrack erschienen ist. Gibt es die Band überhaupt noch?

Ja, die existiert noch, aber das ist ein langsamer und schmerzvoller Prozess, um die Dinge in die richtigen Wege zu leiten. Wir werden jetzt im Juli unser Album mixen lassen, aber das ist alles, was ich weiß.

Dann wird es wohl nächstes Jahr veröffentlicht?

Ja, höchstwahrscheinlich. Wir haben in Salt Lake City ein kleines Label gefunden, das uns gesignt hat.

Ich bin gespannt.

Das Interview führte Philipp Schiedel

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