laut.de-Biographie
Ikkimel
Wahrscheinlich haben die meisten beim Release von "Keta & Krawall" gedacht: "Wow, das macht absolut Sinn". Es gibt 2023 kaum einen Artist, der den Zeitgeist so im Guten wie im Schlechten zusammenfasst wie Ikkimel. Eine Berlinerin mit gewollt schockierendem Image, die über Technobeats rappt und in ihren Oden an Sex und Ketamin nicht sehr subtile Gesellschaftskritik anbringt.
Ja, es macht Sinn, weil in den Jahren nach der Corona-Pandemie genug introspektive und langsame Musik über uns ergangen ist und die Szene nach Charakteren wie Ikkimel geradezu gelechzt hat. Dabei ist "Keta & Krawall" gar nicht der Einstand, los ging es früher schon mit einem kleinen Album namens "Aszendent Bitch", auf dem Tracks wie "Zu Raus" angedeutet haben, in welche Richtung das alles gehen wird.
Man muss ihr aber von Anfang an Respekt geben: Sie hat sich im Voraus eine Förderung der Initiative Musik geholt und ist damit absolut hartgegangen – Soundbild und Produktion stimmen von Anfang an. Das denken übrigens nicht nur Fans, das denkt auch die Industrie: Four Music wittert einen großen Fang und nimmt die Berlinerin unter Vertrag.
Daraufhin setzt sie sich intensiv mit dem Produzenten Barré zusammen und plant ihre große Entrance in die WWE-Bühne des Deutschrapzirkus. Und "Keta & Krawall" ist einer dieser großen Auftritte. Man kann diesem Song nicht aus dem Weg gehen – und er geht aus dem Untergrund empor direkt in die Charts.
Bald darauf legt sie 2024 eine EP namens "Hat Sie Nicht Gesagt" nach, in der sie ein bisschen differenziert: Okay, es ist immer noch relativ dumme Musik. Aber es ist schlaue, dumme Musik, wie sie sich in ihren Post-Die Atzen-Hymnen über Mackerkultur lustig macht. Da sind schon immer wieder lustige Beobachtungen und Wortspiele hinter dem ersten Layer Stumpfsinn verbarrikadiert, wenn man sich erst einmal darauf einlässt.
Ein bisschen erinnert sie da an einen Stadt- und Zeitgenossen: Ski Aggu fährt zeitlich parallel einen sehr ähnlichen Film wie Ikkimel, und auch inhaltlich passt es mit den beiden wirklich gut zusammen. Dementsprechend hat es wohl genauso niemanden überrascht, dass zwangsweise irgendwann die Kollabo gekommen ist: "Deutschland" zeigt die beiden als ebenbürtige Partner – und landet einen Platz in den Top 20.
Später im Jahr trifft Ikkimel im Tennismatch auf Moneyboy und kündigt kurz vor Weihnachten noch ihr Album "Fotzen" für Mitte Februar 2025 an. Bei der ersten Single "Mütter" arbeitet sie wie bei "Erste Sahne" wieder mit Pintendari zusammen.
Am Ende des Tages steht Ikkimel in der langen Tradition der Schock-Rapper. Sie weiß, sie hat zu einem gewissen Grat ein Gimmick und sie weiß auch, dass sie sich wahrscheinlich nur schrittweise davon emanzipieren kann, auch wenn sie natürlich so viel Mileage daraus schöpfen wird, wie es geht. Die Frage ist nun: Was passiert mit einer Ikkimel in fünf Jahren? Gar in zehn? Es könnte genauso ein kleiner Trend gewesen sein, wie man erwarten könnte, dass diese Frau noch mehr Überraschungen bereithalten wird.
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