Es bedurfte ganzer siebzehn Tage des New Yorker Februars 1976, um Musikgeschichte zu schreiben. Während ABBA gerade mit "Fernando" die Welt eroberten, Kiss mit "Destroyer" in die Stadion-Liga aufstiegen, und im fernen Dublin eine Horde Vierzehnjähriger die Band Feedback gründete, die später in U2 …
ich hatte das vergnügen, the ramones mehrere male live zu sehen- das war auf jeden fall punk, gar kein zweifel. jetzt fehlt als meilenstein nur noch "never mind the bollocks", die für den punk als bewegung eigentlich wichtiger war.
"Nevercallingtheramones" dürfte eh jeden bekannt sein. Reviews zu Iggy And The Stooges (wahlweise ohne Iggy oder ohne The Stooges), Suicide, Siouxsie And The Banshees oder den Misfits würde ich spannend finden.
Punk im ursprünglichen Sinne war keine Genrebezeichnung sondern eine Szene, und das lange vor den Sex Pistols. Im CBGB's waren sie alle Punk: die Ramones, Blondie, Suicide, Patti Smith, Television, Talking Heads und viele mehr. Und das schon ab 1974 und trotz vollkommen unterschiedlicher musikalischer Visionen der Beteiligten. Der Name kam vom "Punk"-Magazine, dem Fanzine von John Holmstrom und Legs McNeil, das die New Yorker Szene dokumentierte. Dass Punk dann zum Genre-Begriff wurde, kam erst später, als die Ramones am 4. Juli 1976 ein Konzert im Londoner Roundhouse spielen, das unzählige englische Bands inspirierte. Die nannten ihre Musik dann Punk - schließlich waren die Vorbilder aus New York ja eine "Punk"-Band. So gesehen fand die Geburt des Punk als Genre an diesem Tag statt und ja, nach dieser Definition ist "Ramones" die Blaupause des Punk schlechthin. Stooges? Brillante Band, ohne die es keinen Punk gegeben hätte, mit 4-Minuten-Songs und Psychedelic-Einflüssen aber trotz der aggressiven Komponente ungeeignet für die Bezeichnung, die aggressiven Gitarren sind Punk-typisch, die Songs nicht ("Fun House" ist trotzdem eine der besten Rock'n'Roll-Scheiben aller Zeiten und ein Muss für die Meilenstein-Reihe). Was gerne übersehen wird, ist, dass Punk auch die Rückkehr zum Pop-Songwriting der 60er war, weg von Überlängen und Alben als Gesamtkunstwerken; nicht umsonst erlebte die 7"-Single unter Punk ihre Wiedergeburt, nachdem sie seit den Konzeptalben der 60er immer mehr an Bedeutung verloren hatte. In Punk steckt nunmal genau so viel von "She Loves You" drin wie von "Search and Destroy". Und die Pistols waren ein lahmer Abklatsch von so ziemlich jeder Band, in der Johnny Thunders bis dato gespielt hatte: New York Dolls, Heartbreakers (wer die Sex Pistols in gut hören will, höre deren "LAMF"-Album). Und auch die Pistols hätte es ohne die New Yorker Szene nicht gegeben: Malcolm McLaren war lange Zeit in NY (wo er u.a. die Karriere der New York Dolls als deren letzter Manager in den Sand gesetzt hat). Als er sah, was dort zu brodeln begann, flog er zurück nach London, um eine englische Version davon zusammenzubasteln: die Sex Pistols waren geboren. Und mit ihnen die m.E. uninteressantese Band, die die erste (bzw. eigentlich ja schon zweite) Punk-Welle zu bieten hatte. Deren wichtige Stellung für den britischen Punk ich auch gar nicht in Frage stellen möchte. Aber aus obengenanntem Grund öden sie mich mit Ausnahme zwei, drei gelungener Singles eher an. (Die New York Dolls waren übrigens eine Glamrock-Band und haben sowohl die Ramones als auch die Pistols entscheidend beeinflusst. Punk als Gegenpol zu Glamrock zu bezeichnen, wie in der Review geschehen, finde ich darum ziemlich gewagt.) Von daher: Kudos an Laut für die Wahl des richtigen Punk-Meilensteins.
P.S.: Sorry für die Überlänge des Posts. Es sprudelte aus mir raus wie Barré-Akkorde aus Johnny Ramones Mosrite.
@JanLustiger (« Und die Pistols waren ein lahmer Abklatsch von so ziemlich jeder Band, in der Johnny Thunders bis dato gespielt hatte: New York Dolls, Heartbreakers (wer die Sex Pistols in gut hören will, höre deren "LAMF"-Album) »):
auch wieder so handzahm und harmlos... "i wanna be loved", "i love you" würg! da hör ich doch lieber die pistols "in schlecht"
@ JanLustiger: Da hast du vollkommen recht. Für meinen Teil hör ich aber lieber doch The Stooges oder Suicide. Aber ich bin mit klassischen Punk auch nicht sozialisiert, sondern eher mit den dunkleren Sachen. Übrigens würde ich auch den deutschen Einfluss nicht unterschätzen. Die Scherben waren musikalisch ja noch eher Krautrock, inhaltlich aber durchaus Punk und die Motorik von Neu! (oder auch frühen Kraftwerk) griffen später vor allem der Post Punk und NoWave wieder auf.
@all wer über so was eine ernsthafte Diskussion anfängt hat wohl im Thema nix verloren. Die Jungs waren Live absolut der Oberhammer, es gibt in meinem Bekanntenkreis glaube ich nur wenige ohne Ramonesscheiben. Sie waren zur richtigen Zeit am richtigen Ort und ich habe sie zum richtigen Zeitpunkt kennengelernt.
@ Lustiger: Klar, zuerst ist immer eine Sache da, und die entsprechende Klassifizierung erfolgt immer erst später, wenn eine Handvoll Sachen mit ähnlichen Eigenschaften da sind. Das ist nur logisch.
Deine Info find ich gut. Bloß, dass die Ramones, Stooges und Dolls Punk sind, ist nicht gerade in Stein gemeißelt. Obwohl das ein Standpunkt ist, den man durchaus vertreten kann - und das machst du eigentlich sehr überzeugend.
Wenn ich die Ramones und Stooges schubladisieren müsste, würde ich wohl "Prä-Punk" oder sowas sagen.
Die Crux bei Genres hab ich ja genannt. Genres sind auch nicht unbedingt fix, die Definitionen verändern sich auch ein bisschen mit der Zeit. Eigentlich nicht überraschend, dass es deswegen auch verschiedene Standpunkte gibt.
jeder von uns hat doch jeden tag eine neue idee fuer einen meilenstein. gibt leider zu viel gute musik.^^ lohnt sich i-wie nicht mehr sich immer aufzuregen.
Hehe... Die sind halt inzwischen auch eine von den Bands, die seit Jahren mehr Tshirts als Platten verkaufen und zwar vornehmlich an Stylepüppchen und Hipster, die ihre Platten nie gehört haben
Schön. Sehr, sehr schön. Wenn die Herren Professoren jetzt noch die Punkrockklugscheißerei aufhören würden, wärs noch schöner. Der Joey wenn das hören tät, er würde im Grab rotieren wie ein Händl beim Wienerwald...
Es bedurfte ganzer siebzehn Tage des New Yorker Februars 1976, um Musikgeschichte zu schreiben. Während ABBA gerade mit "Fernando" die Welt eroberten, Kiss mit "Destroyer" in die Stadion-Liga aufstiegen, und im fernen Dublin eine Horde Vierzehnjähriger die Band Feedback gründete, die später in U2 …
ich hatte das vergnügen, the ramones mehrere male live zu sehen- das war auf jeden fall punk, gar kein zweifel.
jetzt fehlt als meilenstein nur noch "never mind the bollocks", die für den punk als bewegung eigentlich wichtiger war.
"Nevercallingtheramones" dürfte eh jeden bekannt sein. Reviews zu Iggy And The Stooges (wahlweise ohne Iggy oder ohne The Stooges), Suicide, Siouxsie And The Banshees oder den Misfits würde ich spannend finden.
Punk im ursprünglichen Sinne war keine Genrebezeichnung sondern eine Szene, und das lange vor den Sex Pistols. Im CBGB's waren sie alle Punk: die Ramones, Blondie, Suicide, Patti Smith, Television, Talking Heads und viele mehr. Und das schon ab 1974 und trotz vollkommen unterschiedlicher musikalischer Visionen der Beteiligten. Der Name kam vom "Punk"-Magazine, dem Fanzine von John Holmstrom und Legs McNeil, das die New Yorker Szene dokumentierte.
Dass Punk dann zum Genre-Begriff wurde, kam erst später, als die Ramones am 4. Juli 1976 ein Konzert im Londoner Roundhouse spielen, das unzählige englische Bands inspirierte. Die nannten ihre Musik dann Punk - schließlich waren die Vorbilder aus New York ja eine "Punk"-Band. So gesehen fand die Geburt des Punk als Genre an diesem Tag statt und ja, nach dieser Definition ist "Ramones" die Blaupause des Punk schlechthin. Stooges? Brillante Band, ohne die es keinen Punk gegeben hätte, mit 4-Minuten-Songs und Psychedelic-Einflüssen aber trotz der aggressiven Komponente ungeeignet für die Bezeichnung, die aggressiven Gitarren sind Punk-typisch, die Songs nicht ("Fun House" ist trotzdem eine der besten Rock'n'Roll-Scheiben aller Zeiten und ein Muss für die Meilenstein-Reihe).
Was gerne übersehen wird, ist, dass Punk auch die Rückkehr zum Pop-Songwriting der 60er war, weg von Überlängen und Alben als Gesamtkunstwerken; nicht umsonst erlebte die 7"-Single unter Punk ihre Wiedergeburt, nachdem sie seit den Konzeptalben der 60er immer mehr an Bedeutung verloren hatte. In Punk steckt nunmal genau so viel von "She Loves You" drin wie von "Search and Destroy".
Und die Pistols waren ein lahmer Abklatsch von so ziemlich jeder Band, in der Johnny Thunders bis dato gespielt hatte: New York Dolls, Heartbreakers (wer die Sex Pistols in gut hören will, höre deren "LAMF"-Album). Und auch die Pistols hätte es ohne die New Yorker Szene nicht gegeben: Malcolm McLaren war lange Zeit in NY (wo er u.a. die Karriere der New York Dolls als deren letzter Manager in den Sand gesetzt hat). Als er sah, was dort zu brodeln begann, flog er zurück nach London, um eine englische Version davon zusammenzubasteln: die Sex Pistols waren geboren. Und mit ihnen die m.E. uninteressantese Band, die die erste (bzw. eigentlich ja schon zweite) Punk-Welle zu bieten hatte. Deren wichtige Stellung für den britischen Punk ich auch gar nicht in Frage stellen möchte. Aber aus obengenanntem Grund öden sie mich mit Ausnahme zwei, drei gelungener Singles eher an. (Die New York Dolls waren übrigens eine Glamrock-Band und haben sowohl die Ramones als auch die Pistols entscheidend beeinflusst. Punk als Gegenpol zu Glamrock zu bezeichnen, wie in der Review geschehen, finde ich darum ziemlich gewagt.)
Von daher: Kudos an Laut für die Wahl des richtigen Punk-Meilensteins.
P.S.: Sorry für die Überlänge des Posts. Es sprudelte aus mir raus wie Barré-Akkorde aus Johnny Ramones Mosrite.
@JanLustiger (« Und die Pistols waren ein lahmer Abklatsch von so ziemlich jeder Band, in der Johnny Thunders bis dato gespielt hatte: New York Dolls, Heartbreakers (wer die Sex Pistols in gut hören will, höre deren "LAMF"-Album) »):
auch wieder so handzahm und harmlos...
"i wanna be loved", "i love you" würg!
da hör ich doch lieber die pistols "in schlecht"
@ JanLustiger: Da hast du vollkommen recht. Für meinen Teil hör ich aber lieber doch The Stooges oder Suicide. Aber ich bin mit klassischen Punk auch nicht sozialisiert, sondern eher mit den dunkleren Sachen. Übrigens würde ich auch den deutschen Einfluss nicht unterschätzen. Die Scherben waren musikalisch ja noch eher Krautrock, inhaltlich aber durchaus Punk und die Motorik von Neu! (oder auch frühen Kraftwerk) griffen später vor allem der Post Punk und NoWave wieder auf.
@all
wer über so was eine ernsthafte Diskussion anfängt hat wohl im Thema nix verloren.
Die Jungs waren Live absolut der Oberhammer, es gibt in meinem Bekanntenkreis glaube ich nur wenige ohne Ramonesscheiben.
Sie waren zur richtigen Zeit am richtigen Ort und ich habe sie zum richtigen Zeitpunkt kennengelernt.
von mir persönlich 5/5
@ Lustiger:
Klar, zuerst ist immer eine Sache da, und die entsprechende Klassifizierung erfolgt immer erst später, wenn eine Handvoll Sachen mit ähnlichen Eigenschaften da sind. Das ist nur logisch.
Deine Info find ich gut. Bloß, dass die Ramones, Stooges und Dolls Punk sind, ist nicht gerade in Stein gemeißelt. Obwohl das ein Standpunkt ist, den man durchaus vertreten kann - und das machst du eigentlich sehr überzeugend.
Wenn ich die Ramones und Stooges schubladisieren müsste, würde ich wohl "Prä-Punk" oder sowas sagen.
Die Crux bei Genres hab ich ja genannt. Genres sind auch nicht unbedingt fix, die Definitionen verändern sich auch ein bisschen mit der Zeit. Eigentlich nicht überraschend, dass es deswegen auch verschiedene Standpunkte gibt.
jeder von uns hat doch jeden tag eine neue idee fuer einen meilenstein. gibt leider zu viel gute musik.^^ lohnt sich i-wie nicht mehr sich immer aufzuregen.
Ich hab die Meilensteinigkeit übrigens auch nicht angezweifelt. Ich hör die Ramones selber manchmal gern.
Allerdings tut's bei mir ramonestechnisch ein Sampler "Ramones Mania". Gab's mal voll günstig beim Saturn für zwoneunnunneunzich. Reicht.
Hehe... Die sind halt inzwischen auch eine von den Bands, die seit Jahren mehr Tshirts als Platten verkaufen und zwar vornehmlich an Stylepüppchen und Hipster, die ihre Platten nie gehört haben
@saoulburn
das mit den tshirts ist mir auch schon einmal aufgefallen
Ich rechne ja noch fest mit Meilensteinen von NIN, Ministry und TON. Sonst muss ich leider 2012 auf den großen, roten Knopf drücken.
Schön. Sehr, sehr schön. Wenn die Herren Professoren jetzt noch die Punkrockklugscheißerei aufhören würden, wärs noch schöner. Der Joey wenn das hören tät, er würde im Grab rotieren wie ein Händl beim Wienerwald...