laut.de-Kritik
Die Zombies betreten, bekriechen und besabbern die Bühne und zelebrieren ein durchgeknalltes Spektakel!
Review von Joachim GaugerMudvayne, Amen, Static-X, Slipknot - mehr Krach auf einmal geht nicht!
So wurde Zürich zum x-ten Mal das Ziel unserer Träume: der kleine, aber äußerst feine Musik-Club "Abart" lud ins doch etwas größere Volkshaus, um dort gemeinsam mit knapp 1700 anderen Neugierigen dieses NuMetal-Festival der besonderen Art zu genießen. Dass in Zürich dann aber doch wieder alles etwas anders war wie vermutet, schmälerte die Freude nur am Anfang, dort aber heftig!
Mudvayne, vor Wochen noch im Abart angekündigt und dann am selben Tag wegen Stimmproblemen abgesagt, trat als Opener in Erscheinung, was uns leider nicht im Vorfeld bekannt war. Eine Sonderheit vielleicht jeder Großstadt, insbesondere aber Zürichs, offenbarte sich uns nämlich erneut: die nicht vorhandenen Parkplätze! So fuhr man mehrmals die bekannte Langstraße rauf und runter, winkte den dort stehenden Damen mehrmals zu und hatte mehrmals das Gefühl, gerade in dem Augenblick etwas besonderes zu verpassen! Mudvayne spielte nämlich schon, und als am Eingang die Kamera dann endlich wieder vom netten Security-Personal herausgegeben wurde, erklang tatsächlich schon das letzte Lied - sauber abgemischt und viel Vorfreude auf das nächste Album erheischend. Damnit!!!!
Amen konnten hingegen auch mit einer längeren Show nicht überzeugen, zu einheitsbrei-mäßig quoll ihr Sound aus den Boxen. Vielleicht auch deshalb kamen altbekannte Rockstar-Allüren zum tragen und der Amen-Sänger wirbelte diverse Drum-Utensilien auf der Bühne herum. Vielleicht war ihm langweilig, so wie den Fans, die nun leider weit über eine 3/4-Stunde auf Static-X warten mussten. Bald ließ das Volkshaus seinen Unmut hören, Pfiffe gelten durch den Saal, dabei konnte die Band nun wirklich nichts dafür! Der Drummer saß schon längst hinter seinen Set verschanzt, dem Sänger wurde langsam am Bühnenrand die Frisur zu schwer, aber noch immer schien ein einzelner kleiner Schrank mit all seinen Kabeln der Stage-Crew unerwartete Sorgen zu bereiten. Schade, denn das darauffolgende Set war durchaus hörbar, mehr sogar noch: es war klasse! Man kann sich den erneut aufkommenden Ärger der Fans gut vorstellen, als die Band nach vier Liedern schon gezwungen war, das letzte Lied anzukündigen. Es kamen dann zwar noch ein paar mehr, aber Slipknot wartete und man wollte nunmal die ganz Großen nicht warten lassen. Durfte man wahrscheinlich auch nicht, denn was nach Static-X kam, ließ alles bisher Erlebte klein und unwesentlich erscheinen.
Die Zombies, pardon, Slipknot betraten, bekrochen und besabberten die Bühne! Mit den Klängen des Intro wabberte der Nebel durch die Halle, mehrere bizarre Gestalten durchbrachen die Leere der Bühne und authentischer als in jedem Romero-Zombie-Streifen der 70er-Jahre fühlte man sich in eine apokalyptische postatomare Welt versetzt. Plötzlich tippte mir jemand auf die Schulter, gottseidank nur einer der Security-Menschen in der Photo-Pit: "Du, geh' mal auf die Seite, der Sänger kommt gleich durch das Publikum auf die Bühne!" Wie, was, echt!? Und da war er auch schon, die Nummer 8. Slipknot hat ja seine Mitglieder von 0-8 durchnummiert, und "The Sickness", der Sänger Corey Taylor, schmückt sich mit der 8. Was dann folgte war ein Sturm an Wahnsinn und unglaublicher Show. Selten habe ich ein so durchgeknalltes Spektakel erlebt, und mindestens genauso selten hatte ich das Gefühl, an einem Konzert teilgenommen zu haben, von dem eine Live-Aufnahme gerechtfertigt gewesen wäre!
Slipknot hatten an diesem Abend das Publikum völlig in ihrer Hand, wobei die Schweizer auch alles taten, um diesen Gig wohl auch für die Band zu einem unvergesslichen Abend werden zu lassen: zwei Fans waren von den Klängen dermaßen hingerissen, dass sie von der Galerie herab aus knapp vier Metern Höhe das Stagediving (Galeriediving?) wagten. Also ich wäre zur Seite gesprungen, wäre ich in dem Moment dort unten gestanden.... Beeindruckend auch der Moment, als die Masse von der Band aufgefordert wurde, sich hinzusetzen/-knien. Über 90% der Crowd folgte diesem (fast schon) Befehl und explodierten dann förmlich, als mit schneller werdendem Lied auch die Aufforderung zum Aufspringen kam: "Get up you motherfuckers! Get up NOW!!!!"
Zürich tat dies, er hätte nicht besser sein können der Abend! Natürlich bekam man auch einige Stücke der im Sommer erscheinenden neuen Platte zu hören. Ob da jetzt die großen Hits dabei waren oder gar Neuerungen, konnte ich nicht so genau erkennen. Aber wie sagte es Nr. 8 an dem Abend nicht selber: "Slipknot won't change or go soft for fucking anybody!" Genau, Slipknot waren auch bei diesem Konzert 100% Prozent Slipknot, wobei ich für die gute Spiellaune der Band und das geniale Publikum nochmals Sonderprozentpunkte geben würde. Live sind Slipknot eine wirkliche Größe, sie gefallen mir sogar dort auf der Bühne musikalisch noch besser als auf CD, wo sie oft etwas matschig wirken.
Nach ziemlich genau einer Stunde war die extrem schweißtreibende Session vorbei, die Fans strömten an mir vorbei, während ich auf meine Kollegen wartete. Ich sah eigentlich fast nur glückliche Gesichter, viele bekiffte Grimassen, aber auch ein paar angstverzerrte Fratzen. Nein, nicht Slipknot schlappte da in voller Montur an mir vorbei, sondern es waren ein paar aus der jüngeren Anhängerschaft, die sich wohl über die Maßen hinaus von den Masken und der Show der neun Amerikaner beeindruckt zeigten. Ich selber war auch höchst zufrieden, hier gewesen zu sein; nur hoffe ich auf möglichst keine Alpträume diese Nacht....