18. Juni 2008
Preppy Schwiegersöhne in Rock
Interview geführt von Matthias MantheRostam Batmanglij und Chris Baio sind 50 Prozent des meistgefeierten Indieacts der ersten Jahreshälfte. Vor der malerischen Kulisse des Zürichsees kommentieren sie ihr Image als 'preppy boys'.Stereotype greifen bei der Worldbeat-Indiepop-Sensation des Jahres völlig ins Leere. Vampire Weekend sind College-Abgänger - verkopft ist ihr sagenhaftes Debüt deswegen noch lange nicht. Rockistische Klischees könnten ihnen ebenfalls kaum fremder sein. Statt Bier und Groupies stehen backstage Körbe voller Fallobst.
Entsprechend geben sich Keyboarder Rostam Batmanglij und Bassist Chris Baio auch im Interview vollkommen unprätentiös. Dankbar, zum ersten Mal am heutigen Tag ins Sonnenlicht zu dürfen, folgen die zwei Liebeswürdigkeiten uns zum Gespräch ans Ufer des Zürichsees.
Vampire Weekend über... Inspiration
Rostam: Wir sind definitiv von afrikanischer Musik inspiriert. Das Studium in New York hat uns ebenfalls immens beeinflusst. Wir vier sind alle dort gelandet, um aufs College gingen, als wir um die achtzehn waren. Wir haben es nach und nach zu unserem neuen Zuhause gemacht. Unter anderem dadurch, dass wir in den vier Jahren Studium unzählige Konzerte besuchten. Ich denke, ohne New York wäre unsere Musik völlig unmöglich entstanden.
Bevor Martha Stewart es in eine Appartment-Anlage verwandelt hat, gab es in der Lower East Side eine Venue namens Tonic. Dort habe ich einige unglaubliche Konzerte gesehen. Zum Beispiel die Dirty Projectors, heute Freunde von uns [Sänger Ezra Koenig und Rostam Batmanglij waren zwischenzeitlich Teil der Band, Anm. d. Red.]. Wahnsinnig inspirierend. In jener Nacht verließ ich die Venue und wusste, was ich mit dem Rest meines Lebens anfangen möchte.
Eine weitere Inspirationsquelle speziell für Ezra war ein Seminar zum Thema "Cryptive Draft Imagination". Es handelte vom Postkolonialismus. Selber haben wir erst mit dem Herumreisen angefangen, seit es mit der Band richtig losging.
Chris: Bis dahin war ich noch nicht einmal auf einem Festival gewesen...
Vampire Weekend über... ihr SelbstverständnisRostam: Wenn wir auf der Bühne stehen, können wir gar nicht anders, als uns wie eine Rockband zu fühlen. Gerade in dieser Art von Clubs, wo du ganz automatisch nach Rock klingst. Wir stehen allerdings auch sehr darauf, in alten Theatern wie dem Le Cigar in Paris zu spielen, die sich von dieser Formatierung absetzen.
Eigentlich fühle ich mich dem Indie-Underground nicht sonderlich verbunden. Mich fasziniert mehr, was Außenstehende aus unserer Musik ziehen können. Wenn du aber ganz grundsätzlich zwischen zwei Ansätzen unterscheiden willst, dann sind wir 'independent rock'. Schon weil wir eine lange Zeit alles selber gemacht haben, was mit der Band zu tun hat.
Darüber hinaus spielen wir Musik, die auch unsere Eltern aufrichtig mögen. That's kinda weird. Wir sprechen offensichtlich sowohl ein junges als auch ein gesetzteres Publikum an.
Chris: Wie Ezra vor ein paar Tagen in einem Artikel über uns las: Unsere Musik ist 'inclusive'. Das war vielleicht nicht unser unmittelbares Ziel, aber es ist eine coole Interpretation.
Rostam: Ich mag unseren LoFi-Sound. Meiner Meinung nach klingen die meisten Sachen, die heut im Radio laufen, viel zu clean und durchproduziert. Da tun mir die Ohren weh. In unseren Songs steckt übrigens auch jede Menge Jazz. Aber gut versteckt.
Chris: Secret Jazz (lacht).
Vampire Weekend über... SubversionRostam: In den Songs stecken jede Menge Kontraste. Für Vampire Weekend existiert allerdings kein festes Konzept oder dergleichen. Uns geht es vor allem um das Erforschen. Ich hoffe allerdings, dass in unserer Musik viele subversive Elemente enthalten sind. Ich wehre mich lediglich dagegen, auf eine konkrete Sichtweise reduziert zu werden.
Jede Art von Musik ist bereits ein politisches Statement. Allein durch das Festlegen auf eine grobe musikalische Richtung schließt du unweigerlich eine Unmenge an alternativen Möglichkeiten aus.
Chris: Deshalb sind wir auch absolut nicht daran interessiert, mit dem zweiten Album das erste zu imitieren. Es wird definitiv anders klingen, aber trotzdem mit dem Debüt vernetzt sein.
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