laut.de-Kritik
Die kanadischen YouTube-Könige präsentieren eigenes Liedgut.
Review von Kai ButterweckDezember 2012: die fünf Bandmitglieder von Walk Off The Earth sitzen am heimischen Laptop und stellen das selbstgedrehte Video ihrer Gotye-Coverversion "Somebody That I Used To Know" bei YouTube ein. Keine vier Stunden später kapituliert der Videokanal, weil man nicht mehr mit dem Ausweisen der Klicks hinterherkommt. Nach drei Monaten durchbricht das Video die 125-Millionen-Marke. Der Grund für die Massenhysterie: die Band performt den Song im Kollektiv auf einer einzigen Akustikgitarre.
Nun wollen die Kanadier mit ihrem Majordebüt "R.E.V.O." den Beweis erbringen, dass man noch weitaus mehr drauf hat, als sich gemeinsam hinter eine Gitarre zu zwängen um Songs anderer Leute innovativ neu zu interpretieren. Dafür klebt sich der Ahornblatt-Fünfer den angesagten Folkpop-Button an die Stirn und präsentiert sich als spielfreudige Good-mood-Combo irgendwo zwischen Mumford & Sons und Dear Henry Bliss.
Facettenreich und mit viel Spielwitz gesegnet hüpfen die fünf Musiker von einem Wohlfühl-Genre ins nächste. Epik-Pop ("Red Hands"), Hands-in-the-air-Folk ("Gang Of Rhythm", "Speeches") und Sunshine-Reggae ("These Times", "No Ulterior Motives"): das Quintett scheint den nächsten Sommer kaum erwarten zu können. Noch ein paar kratzige Hip Hop-Vibes obendrauf ("Sometimes") und fertig ist die perfekte Hintergrundbeschallung für laue Juli-Abende.
Oberflächlich passt alles. Jedoch merkt man dem Album immer wieder an, dass der ganze YouTube-Hype im Vorfeld scheinbar einigen Druck entstehen ließ. So flattern die imposanten Refrain-Chöre bisweilen etwas überzuckert in den Äther. Und auch die abwechselnden Vers-Passagen von Sängerin Sarah Blackwood und Multiinstrumentalist Gianni Luminati schielen mit wohldosierter Hart-weich-Balance mitunter etwas zu oft in Richtung Radio-Hitlisten.
Insgesamt gesehen dürften sich Freunde von luftig lockeren Sommer-Chill-Sounds aber durchaus am beschwingten Schaffen der Band erfreuen, auch wenn die eine oder andere Airplay-Handbremse dem Ganzen sicherlich zu etwas mehr Rückgrat verholfen hätte. Sei es drum: die Sommer der letzten Jahren haben sich schon mit weitaus gehaltloseren Soundtrack-Bewerbern auseinandersetzen müssen. Insofern: Shorts und Shirt schon mal zurechtlegen und dann beim ersten Anflug von mediterraner Heißluft raus ins Freie.
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