19. Februar 2016

"Das Gefühl nach einer Show ist unbeschreiblich"

Interview geführt von

Zwei Jahre nach ihrer letzten Studioveröffentlichung melden sich Wolfmother mit einem neuen Album zurück. "Victorious" präsentiert eine Band, die gekonnt zwischen kratzigen Garage-Sounds und opulentem Mainstage-Bombast pendelt.

Wolfmother sind immer für eine Überraschung gut. Man weiß eigentlich nie was einen erwartet, wenn sich mal wieder Gerüchte über neue Machenschaften der Mannen um Andrew Stockdale verbreiten. So musste man beispielsweise zu Beginn der Karriere der Rock'n'Roll-Aussies viel Geduld aufbringen. Ganze zwei Alben ("Wolfmother", "Cosmic Egg") in dreizehn Jahren versetzten Fans der Band zwischenzeitlich schon mal in einen längeren Tiefschlaf.

Dann schüttelt Stockdale aber plötzlich mal ganz so nebenbei zwei Alben innerhalb eines Jahres aus dem Ärmel ("Keep Moving", "New Crown"). Knapp zwei Jahre später steht nun ein weiteres Studiowerk der Band ins Haus. Nach dem eher im Vorbeigehen produzierten "New Crown" präsentiert sich "Victorious" nun wieder als monströs vermarktete High End-Produktion. Es soll also wieder zurück auf die ganz großen Bühnen gehen. Oder nicht, Herr Stockdale? Wir trafen den Frontmann und Bandgründer in Berlin zum Gespräch und fragten nach.

Andrew, du stehst nicht so auf Konstanz und Kontinuität, oder?

Andrew Stockdale: Das kommt immer ganz drauf an. Was meinst du?

Nun, deine musikalischen Aktivitäten sind nie vorhersehbar. Mal lässt du es mit Wolfmother jahrelang gemütlich angehen. Dann schickst du plötzlich zwei Alben innerhalb von zwei Jahren ins Rennen. Und zwischendurch bringst du auch noch ein Soloalbum an den Start.

So gesehen hast du natürlich Recht. Ich bin eher ein Musiker, der aus dem Bauch heraus entscheidet. Ich folge da keinem Plan. Ich meine, in diesem Business kann man eigentlich auch gar nicht planen. Als wir angefangen haben, wollten wir lediglich ein paar gute Songs schreiben und eine Handvoll Leute damit glücklich machen. Das ist jetzt knapp 15 Jahre her. Und während dieser Zeit ist viel passiert.

Wir waren ganz oben. Es gab aber auch Zeiten, in denen sich kaum jemand für die Band interessiert hat. Da spielen Dinge eine Rolle, die man weder planen noch beeinflussen kann. Und wenn du dann irgendwo mit einem Konzept sitzt und merkst, dass alles um dich herum von Dingen gesteuert wird, auf die du nur begrenzt Zugriff hast, dann schmeißt du das Konzept lieber schnell in den Müll (lacht). Man muss einfach tun, was man tun muss. Und genauso verfahre ich auch. Ich lass mich von meinem Instinkt und meinem Bauchgefühl leiten. Manchmal passiert da eine lange Zeit gar nichts. Und manchmal sprudelt es förmlich über.

Momentan scheinst du dich in einer Sprudelphase zu befinden.

(Lacht) Ja, da ist was dran. In den vergangenen Jahren haben sich bei mir viele musikalische Ideen angesammelt.

Eine dieser Ideen war mal wieder ein Back-to-the-roots-Album aufzunehmen?

Exakt.

"Ich hatte einfach mal wieder Lust auf eigene Faust zu arbeiten"

Wie kam es dazu?

Dieser Idee lag ein längerer Prozess zu Grunde. Ich hatte einfach mal wieder Lust, auf eigene Faust zu arbeiten. Ich wollte all die Ideen, die ich hatte, erst einmal selbst verarbeiten. Da war so ein Drang in mir. Das ist schwer zu beschreiben. Ich fühlte mich irgendwie erinnert an die Zeit, als es mit der Band losging. Damals lief das ähnlich ab. Ich habe ein loses Paket gebastelt. Und gemeinsam mit der Band habe ich es dann später festgeschnürt. Ich wollte es diesmal wieder so machen. Also habe ich mich zurückgezogen und einfach losgelegt. Irgendwann hatte ich neben vielen anderen Demos den Song "Gypsy Caravan" fertig aufgenommen. Das war dann der Moment, in dem mir klar wurde, dass es an der Zeit war, die Band mit einzubinden. Und dann haben wir diesem Song und den Rest des bereits aufgenommenen Materials den letzten Schliff verpasst.

Neben Altbekannten hast du auch ein paar neue Gesichter mit an Bord geholt. Beispielsweise saßen die Herren Josh Freese (Nine Inch Nails, Bruce Springsteen, A Perfect Circle) und Joey Waronker (Air, Beck, REM) hinter den Drums. Wie kam es dazu?

Joey hatte ich schon länger auf dem Schirm. Ich stehe total auf seine Art zu spielen. Er hat diesen besonderen Groove. Das hat mich schon immer fasziniert. Ich wollte ihn unbedingt dabei haben. Wir haben ihn dann einfach angerufen und gefragt. Am nächsten Tag saß er bereits hinter dem Schlagzeug. Das passte einfach. Und zu Josh muss ich nicht viel sagen. Josh ist ein Könner. Mit ihm hatte ich ja bereits in der Vergangenheit das Vergnügen.

Slash ...

Genau. Wir spielten damals gemeinsam den Song "By The Sword" ein. Das lief großartig. Es gab also keinerlei Berührungsängste. Ich wusste genau was mich erwartet. Und das passte wunderbar.

Ein weiterer Neuzugang hört auf den Namen Brendan O'Brien. Der hat nicht nur hinterm Mischpult gesessen sondern auch hin und wieder in die Tasten gehauen, richtig?

Ja, Brendan hat einige Keyboard- und Synthesizer-Passagen dazu gesteuert. Er hat einfach ein unglaubliches Gehör. Er findet stets die passende Nische für Arrangements und Sounds, die man selber gar nicht vor Augen hat. Brendan war sehr wichtig für die sogenannten "Momente" des Albums.

Hast du ihn deswegen angeheuert? Ich meine, das letzte Wolfmother-Album hast du ja selbst produziert.

Ja, das war einer der Hauptgründe. Ich wollte jemanden dabei haben, der sich mit der Materie auskennt, der Erfahrung hat und sich nicht erst einarbeiten muss. Brendan war die perfekte Wahl. Dazu kam noch, dass ich mich diesmal mehr auf das Musizieren konzentrieren wollte. So eine Albumproduktion hält einen nämlich ganz schön auf Trab. So konnte ich mich ganz entspannt zurücklehnen. Ich wusste, dass Brendan einen tollen Job macht. Die Arbeit an "New Crown" hat mir viele graue Haare beschert. Das war ein ganz schöner Kraftakt.

"Man ist voller Adrenalin"

Ein paar graue Haare fallen bei dir aber doch kaum auf.

Ja, das stimmt auch wieder (lacht). Aber ich wollte vermeiden, dass noch mehr dazu kommen.

Wer hat auf dem Album noch alles einen tollen Job erledigt?

Neben Brendan, Josh, Joey und mir war noch Ian Peres mit am Start. Ian hat den Bass eingespielt. Mehr Leute waren, glaube ich, nicht involviert (lacht).

Musikalisch präsentiert ihr euch wie eine Garage-Band, die mit einem wuchtigen Sound im Rücken in Richtung große Arenen schielt. War das auch dein Ziel?

Absolut. Ich wollte ein Album fertigstellen, das live sowohl in kleinen Clubs als auch auf großen Festivalbühnen funktioniert. Das war das einzige Konzept, dass ich in der Tasche hatte.

Würdest du bestimmte Songs als Albumeckpfeiler bezeichnen?

Nein. Du?

Nein. Ich habe keinen einzigen "Single-Kandidaten" ausmachen können.

Ist das jetzt ein Kompliment? (lacht)

Auf jeden Fall. Ich stehe mehr auf Alben, die eine komplette musikalische Geschichte erzählen und nicht abhängig sind von pointierten Highlights. Allerdings habe ich das Gefühl, dass euch gegen Ende des Albums ein bisschen die Ideen ausgehen.

Das sehe ich natürlich anders. Aber das ist völlig ok. Du solltest vielleicht noch ein paar Mal reinhören (lacht).

Mach ich. Ich freu mich auch schon auf die nächste Tour. Die kommt doch, oder?

Definitiv. Wir werden im Februar erst einmal durch die Staaten touren. Danach kommen wir aber sicherlich auch noch Europa.

Bist du eigentlich gerne auf Tour?

Es gibt nichts Schöneres als den Moment, wenn man nach einer großartigen Show im Backstagebereich wieder runterfährt. Das ist unbeschreiblich. Man ist noch voller Adrenalin. Und vor dem geistigen Auge ziehen noch einmal die Bilder von tanzenden und sich gut fühlenden Menschen vorüber. Das kann man mit nichts auf der Welt vergleichen. Ich bin aber auch gerne im Studio. Ich arbeite gerne mit anderen Menschen zusammen und lass mich dabei inspirieren. Es ist einfach das Gesamtpaket. Und da ist natürlich auch noch die Familie. Die ist auch immens wichtig. Man versucht einfach alles unter einen Hut zu bringen. Das ist der Job. Und ich will keinen anderen Job machen. Ich bin glücklich, so wie es ist.

Auf dass es so bleibt.

Yeah, auf dass es so bleibt.

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