Details

Mit:
Datum: 28. Februar 2004
Location: Palladium
Schanzenstraße 40
51063 Köln
Website: Offizielle Homepage des Veranstaltungsorts
Alle Termine ohne Gewähr

Review

laut.de-Kritik

Eigentlich fehlten nur die Hängematten.

Review von Gurly Schmidt

Massenwanderung zum ausverkauften Palladium, Großangriff auf den Kiosk, das Köllsche Bier auffe Faust - was für eine wundervolle Konzertkultur. Dicht gedrängt wartend wollen alle nur eines: Air. Grün ist es am Anfang, als Trommelklänge intro-visieren und nur die Silhouette des Drummers zu sehen ist. Und dann stehen sie alle da, der ehemalige Physikstudent Nicolas Godin mit seiner Gitarre und der einstige Architekturstudent Jean Benoit Dunckel, zwischen einem großangelegten Schutzwall aus Tasteninstrumenten und irgendwo hinten noch einer mit noch mehr Keyboards.

Insgesamt lediglich vier Menschen. Aber wo sind die mindestens drei Sängerinnen, zwei Percussionisten, der Basser und der zweite und dritte Gitarrist? Was diese vier Menschen veranstalten ist an Gänsehaut nicht zu überbieten. Die weichen bekannten Klänge der mitunter sanft umarrangierten Songs schmeicheln sich unter die Haut und umgarnen die Ohren, die großartige Lichtschau verzaubert die Augen und lenkt die Aufmerksamkeit weg vom Spotlight-Personenkult hin zum Ganzen des Arrangements. Kein Crowdsurfing, keine Kopfverletzungen und die Ordner in den gelben T-Shirts vor der Bühne wirken nicht nur gewohnt lächerlich, sondern langweilen sich diesmal zu Tode.

Die Halle hätte bestuhlt sein sollen oder besser mit Hängematten ausgestattet, denn insgesamt ist alles sehr ruhig, wohlig entspannt und gerade deshalb atemlos begeisternd. Viel erzählt er nicht, der stattliche Franzose, der ein wenig den Frontmann mimen muss, aber er bedankt sich nach jedem Lied höflich und ist einfach umwerfend mit seinem Akzent. "Now we hev tu sing like wuman" kichert er in die Menge, als er "Cherry Blossom Girl" ansagt und die Frage der nicht vorhandenen Backgroundsängerinnen ist damit auch geklärt: Air braucht keine. Monsieur Dunckel haucht in einer sagenhaften Kopfstimme den Frauengesang ins Mikrophon, dass die Frage ungeklärt bleibt, weshalb auf der Platte überhaupt eine echte Frau bemüht werden musste.

Und als Nicolas Godin "Alpha Beta Gaga" tadellos daherpfeift, ist die Verblüffung so perfekt, dass man einfach hingehen möchte, sie umarmen und sagen "Oui, je t'aime aussi". Es sei noch hinzugefügt, dass Air nicht nur in der Lage sind, eine klassische Rock-Location mit ruhigen Klängen komplett zu verzaubern, sondern auch durchaus selbst rocken können, denn für diesen Drummer müssen sie ihre Seelen verkauft haben, so göttlich, präzise und virtuos hat er die Musik entweder getragen oder angepeitscht. Ein wundervolles Konzert mit schönen Überraschungen und einer hochsympatischen Band.

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Artistinfo

LAUT.DE-PORTRÄT Air

Nicolas Godin und Jean Benoit Dunckel sind Träumer. Sie müssen es sein, denn könnten sie sonst solche Musik machen? Kaum vorstellbar, dass sie sich …