laut.de-Kritik
Auch mit neuem Sänger sind Alice In Chains in alter, bestechender Form.
Review von Michael EdeleAlice In Chains sind wieder da, und zwar mit neuem Sänger und einem neuen Album im Gepäck. Keine Frage, dass man da als Redakteur und Fan gern mal nach Köln brettert, um sich selber ein Bild von den Qualitäten der Herren aus Seattle und ihrem neuen Fronter William DuVall zu manchen.
Wie es scheint, läuft die Essigfabrik der Live Music Hall so langsam aber sicher den Rang ab, denn mehr und mehr Bands buchen anscheinend lieber die Location im Industriegebiet. Auch Alice In Chains geben hier ihr deutsches Clubdebüt zum bald erscheinenden Album "Black Gives Way To Blue" und verkaufen den Laden ratzekahl aus. Um so bemerkenswerter, da nirgends in der Stadt Werbung für die Show gemacht wurde. Allerdings schwant einem schon Böses, wenn man die Essigfabrik bereits zu früher Stunde betritt. Noch ist vom Publikum kaum einer zu sehen, doch die Luft in dem Club ist schon deutlich wärmer als draußen, und da sind es auch an die 30 Grad!
Nach und nach füllt sich die Essigfabrik bis auf den letzten Platz, und selbst im Fotograben kommt schon Sauna-Atmosphäre auf, bevor das Quartett überhaupt auf der Bühne steht. Und dann geht es los. Keine Vorband, Alice In Chains sind direkt auf der Bühne und steigen mit "Rain When I Die" ein.
Was sich auf der CD andeutet, bewahrheitet sich live eindrucksvoll: William hat in etwa dieselbe Stimmfarbe und eine ähnliche Intonation wie sein Vorgänger Layne Staley und harmoniert stimmlich hervorragend mit Gitarrist Jerry Cantrell. Der ist vom Gesicht her zwar sichtlich gealtert, spielt seine Sachen aber nach wie vor mit unvergleichlichem Feeling und seinem ganz eigenen Stil.
Während Basser Mike Inez meist nur selig lächelt, ist vor allem William der Aktivposten. Wenn er nicht ebenfalls zur Gitarre greift, ist der Mann ständig in Bewegung und sucht die Nähe zum Publikum. Zwar fehlt dem Frontmann ein wenig die Rotzigkeit des verstorbenen Staleys in der Stimme, doch das macht er durch seinen Enthusiasmus jederzeit wieder wett.
Mit Songs wie "Angry Chair", "Them Bones" oder "We Die Young" kann man eh nichts falsch machen. Und wenn man einen Drummer wie Sean Kinney in der Hinterhand hat, kann eh nichts schief gehen. Der Kerl gehört definitiv zu den unterbewertetsten Arbeitern seiner Zunft! Die Temperaturen steigen von Song zu Song an, doch als nach "Would" erst einmal Schluss ist, rastet das Publikum förmlich aus und verlangt lautstark nach Zugaben.
Die gibt es in Form der Single "Check My Brain" und der beiden Hitsingles "Dirt" und "Rooster". Danach ist endgültig Schicht im Schacht - draußen wartet der Sauerstoff.